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Musik Visitenkarten

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1. Emil Abderhalden (1877-1950), Physiologe. E. Brief m. U., Berlin, 12. Februar [19]09, ½ Seite 4°. Doppelblatt. An einen Kollegen: „Das Ausbleiben jeder Antwort auf meine fdl. Anfrage nach dem Verbleib Ihres Manuskriptes für das Handbuch beunruhigt mich etwas. Ich wiederhole meine […] Bitte, mir mitzuteilen, bis wann ich Ihren Beitrag erhalte 150 Euro […]“

2. Hermann Josef Abs (1901–1994), deutscher Bankier und langjähriger Vorstandssprecher der Deutschen Bank AG. Albumblatt mit e. U. („H. J. Abs“) und alt montiertem Portrait (Zeitungsaus180 Euro schnitt). O. O. u. D. 1 S. Qu.-8°.

3. Justin Frh. von Adlerflycht (1761–1831), Jurist. E. Brief mit monogrammierter U. Frankfurt a. M., 28. Februar 1823. ¾ S. auf Doppelblatt. Gr.-8°. Mit e. Adresse (Faltbrief). – An Buchhändler Brönner: „Ew. Wohlgebohren hatte die Ehre, heute den ersten Band meines Privatrechts zu überschicken; ich vergaß aber, eine unbedeutende Abänderung auf dem Titel zu bemerken. Es ist nemlich im Abschreiben zwischen Privatrecht der freien Stadt Frankfurt u. [,]in systematischer Ordn.[’] ein Punkt, statt eines Kommas gesetzt worden, u. irrig also ‚In’ groß geschrieben. Sollte dieß verändert werden können [...] so würde es mir lieb seyn [...]“. – J. v. Adlerflycht war als Legationsrat in kurhessischen Diensten tätig und führte als Gesandter Kurhessen-Kassels am oberrheinischen Kreis wichtige Verhandlungen. „1806 verlor er bei der Besetzung des Reichs durch Frankreich nicht nur seine Stellung am kurfürstlichen Hof, sondern auch seinen persönlichen Besitz. Er wurde 1808 Mitglied des großherzoglichen Oberappellationsgerichts in Frankfurt, 1816 Senator und 1819 Schöffe“ (DBE). Sein erwähntes Buch „Das Privatrecht der freien Stadt Frankfurt“ erschien von 1824 an in vier Teilen; postum erschien 1832 noch ein fünfter. – Stärker gebräunt und etwas fleckig; mit kleinen Randläsuren. 350 Euro

4. Eugen d’Albert (1864-1932), Komponist u. Musiker. E. Brief m. U., Wien, 3. Mai 1913, 1 Seite 4°. Doppelblatt. Gedruckte Adresse. Mit e. Briefumschlag. An Paul Bekker, Musikkritiker der „Frankfurter Zeitung“, Konzerte der „Museumsgesellschaft“ betreffend: „[…] in der MuseumsAngelegenheit möchte ich Ihnen noch Einiges sagen, wozu in Bonn mir keine Zeit gelassen wurde. Erst vor wenigen Tagen hörte ich, daß die Concertdirection Sachs mit der Museums-Gesellschaft abgeschlossen habe. Ich habe das Nähere darüber noch nicht erfahren. Da ich meine Concerte für den nächsten Winter alle an diesen Agenten verkauft habe, wird dagegen nichts zu machen sein. Richtig ist es, daß die M. Gesellschaft meine Mitwirkung früher direct ablehnte, sodaß ich nicht mehr bei ihr auftreten wollte […]“ – Der Sohn eines Komponisten studierte seit 1874 in London, Wien und Weimar, u.a. bei Ernst Pauer und Franz Liszt, war 1895 vorübergehend Opernkapellmeister in Wei-

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mar und wurde dann einer der gefeiertsten Klaviervirtuosen seiner Zeit, der vor allem als Interpret der Werke Beethovens geschätzt wurde. Später widmete er sich überwiegend der Komposition und schuf einundzwanzig, zum Teil sehr erfolgreiche Opern (u.a. „Die Abreise“, 1898; „Tiefland“, 1903 „Flauto solo“, 1905; „Die toten Augen“, 1916) sowie Klavierkonzerte, eine Symphonie und Lieder. Er veröffentlichte auch Bearbeitungen von Johann Sebastian Bachs Orgelwerken und eine Ausgabe des Wohltemperierten Klavier (1906/07).

220 Euro 5. Willibald Alexis (1798-1871), Pseudonym für Wilhelm Häring. E. Manuskript m. U., Berlin, 29. November o. J., 2 ½ Seiten 4°. Eng beschrieben. Zeitungsartikel über „die jüngsten Entdeckungen in betreff der juristischen Examina“, in der er die Auswüchse des Repetitor-Wesens und deren Folgen behandelt. Durch Zufall – ein Repetitor hatte sein Honorar eingeklagt – war bekannt geworden, daß „eine große – eine sehr große Zahl Juristen in letzter Zeit“ ihre Examensarbeit nicht selbst angefertigt hatte: „[…] Es ist nun trostlos zu hören, daß unter den Angeschuldigten schon Beisitzer, Richter sind, Familienväter, welche sich im Amte u. bürgerlichen Leben als tüchtige, ausgezeichnete Männer bewährt haben, die nun wegen eines leichtsinnigen Akts aus früheren Jahren in ihrer Existenz bedroht sind […]“ – Alexis war selbst gelernter Jurist. 800 Euro

6. Edmund Allenby (1861-1936), engl. Feldmarschall. E. Brief m. U., „Allenby“, o. O. [London], 10. November [19]32, eine Seite 8°. An den Schriftsteller Norman Bentwich (1883-1971): „[…] I am sorry that I shall be out of England on the 13th + 14th December; so I am unable to have the honour + pleasure of accepting your kind invitation to be the guest of the Paladin Club then. I am gratified and honoured by the invitation to become a […] member of the Club; but my engagements are so numerous that I must gratefully decline […]“ 400 Euro

7. Peter Altenberg (1859-1919), österr. Dichter, eigentl. Richard Engländer. E. Albumblatt m. U., „Peter Altenberg“, o. O. u. D., 1 Seite. Quer-8°. Liniertes Transparentpapier. In Bleistift. „An die Mädchen! ‚Wer mich versteht, versteht sich selbst! Denn siehe, ich bin nur Euer tönend gewordenes Herz selber!‘ […]“

350 Euro 8. Peter Anders (1908-1954), Sänger. Porträtfotografie m. e. U. auf der Bildseite, o. O. u. D. [ca. 1950], 9 x 14 cm. Brustbild mit Hut im Halbprofil nach links. Unterschrift in weißer Tinte.

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9. Alfred Andersch (1914–1980), Schriftsteller. 3 ms. Briefe mit eigenh. U. sowie ein ms. Typoskript mit kleinen eh. Korrekturen. Berzona, 1977 und 1979. Zusammen (1½+¾+1½=) 3¾ Seiten auf 4 Bll. (Briefe) und 3 Seiten auf 3 Bll. (Ts.). 4° und 8° (Briefe) bzw. 4° (Ts.). Mit 3 (davon 1 eh. adr.) Kuverts. – Beiliegend 10 Photographien sowie ein ms. Brief von Anderschs Biographen Stephan Reinhardt. – Mit zahlreichen weiteren Beilagen (s. u.). – An den Feuilletonisten, Essayisten, Biographen und Schriftsteller Rolf Michaelis (geb. 1933) von der „Zeit“ betr. einer Rezension von Heinrich Böll in der „Zeit“ (I), des Abdrucks eines Briefs von Konstantin Simonow (I und II) bzw. über seine Absage der Besprechung des Kriegstagebuchs von Simonow, der für ihn „ein hochkomplizierter, raffinierter Mann des Widerstandes gegen Stalin“ sei (III). I: „Über dieses Zeichen von Ihnen, die Literaturbeilage, die Böll-Rezension, und wie sie aufgemacht war, habe ich mich sehr gefreut, wie Sie sich denken können. Bölls Replik war umso wichtiger, als die Leser natürlich mal wieder unisono gegen den Brief an Simonow votierten; allerdings hängt das damit zusammen, dass Leserbriefe nur immer von den Rechten geschrieben werden, die Linken sind sich zu fein dazu, mir haben einige zustimmend geschrieben, aber auf die Idee, dass Sie ihre Briefe, – in meinem Interesse –, besser an die ZEIT gerichtet hätten, sind sie nicht gekommen. Einen Brief möchte ich Ihnen zeigen, weil er wirklich Substanzielles enthält und für mich (und wahrscheinlich auch für Sie) die nun eingetretene Situation beeinflussen kann. Alexander Kaempfe ist, soweit ich weiss, heute wirklich einer der besten Kenner der modernen russischen Literatur, und vielleicht sollte man seine Gesichtspunkte bei der weiteren redaktionellen Behandlung der Angelegenheit berücksichtigen. Was er über Simonow schreibt, ist für mich natürlich niederschmetternd, dass ich seinen Beurteilungen nicht blind vertrauen kann, zeigt seine flapsige Bemerkung über den Böll-Artikel, aber ich fürchte, – und andererseits hoffe ich –, dass seine Einschätzung der russischen Situation doch richtig ist [...]“ (Br. v. 10. April 1977). – II: „[...] Ihrer Aufforderung entsprechend habe ich einen kurzen Text zur Einführung in den Simonow-Brief geschrieben [...]“ (Br. v. 5. Oktober 1977). A. d. erwähnten Typoskript: „[...] Die ‚Zeit’ war so freundlich, ihren Lesern eine gekürzte Fassung meines Briefs zu vermitteln [...] Von vornherein stand fest, dass die ‚Zeit’ auch die Antwort Simonows auf meinen Brief veröffentlichen würde. Diese Antwort stellte die Redaktion allerdings vor erhebliche journalistische Probleme, denn in ihr trat sogleich die berühmte ‚schirokaja natura’, die ‚breite Natur’ des russischen Charakters hervor – mit anderen Worten: sie war ungeheuer lang. Ein ‚Riemen’, wie man im journalistischen Jargon sagt, und Simonow war nicht gewillt, sich von dem Umfang seiner Ausführungen auch nur ein Wort abhandeln zu lassen. So kam denn dieses ungewöhnliche publizistische Unternehmen zustande: dem Westen wird eine sowjetische Stimme gänzlich unzensiert zu Gehör gebracht; ein russischer Schriftsteller darf sich ausreden ... [...]“. – III: „Ich würde es einfach nicht schaffen, dieses

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Kriegstagebuch von Simonow zu besprechen. So, wie ich gebaut bin, würde ich mich dazu in einen halben Meter Militärgeschichte hineinarbeiten wollen, dazu käme das Problem der Editionsgeschichte von Simonows Büchern in der Sowjetunion und in Deutschland, deren Zusammenhang mit den Tagebüchern geklärt werden müsste, und da gibt es so rätselhafte Dinge, wie die Neuedition von ‚Tage und Nächte’, versehen mit einem Wachzettel-Wort von Hermlin aus dem Jahre 1946, so dass man also nur annehmen kann, Kindler drucke die Version aus der Stalin-Zeit, was wiederum zu der Annahme führen kann, S. sei nichts weiter gewesen als ein Opportunist, der sich mit den verschiedenen Versionen seiner Bücher durch die verschiedenen Epochen der sowjetischen Nachkriegszeit durchgeschwindelt habe [...]“ (Br. v. 28. September 1979). – Andersch hatte im Oktober 1975 auf Einladung von Konstantin Simonow, dem Vorsitzenden des sowjetischen Schriftstellerverbandes, an einer internationalen Autorenkonferenz in Moskau teilgenommen; in seinem Offenen Brief an Simonow vom selben Jahr hatte er seine Rückkehr zu früher vertretenen sozialistischen Positionen angesprochen und sich zu einer politischen und literarischen Biographie bekannt; im Jahr darauf war ein thematisch vergleichbarer Artikel entstanden, in welchem Andersch den öffentlichen Auftrag eines Schriftstellers definiert. – Die Photographien zeigen Andersch im mittleren und reiferen Mannesalter. – Weiters beiliegend ms. Typoskriptdurchschläge (in Kopie) von „Erinnerte Gestalten“ (95 Bll., 4°), „Gegen den Dezembersturm“ (35 Bll., 4°), „Skizze zu einem jungen Mann“ (20 Bll., 4°; doppelt vorhanden), „Der Außenseiter im Mittelpunkt. Ein Hinweis auf Arno Schmidt“ (27 Bll., 4°), „Jahre in Zügen“ (20 Bll., 4°), „Der Terassen-Morgen [!] oder Variationen über eine zerbrochene Schallplatte“ (9 Bll., 4°; doppelt vorhanden), „Strahlende Melancholie. Stimmungen in Frankreich“ (7 Bll., 4°) und „Bücher schreiben und Filme machen – zwei Berufe in einem Boot“ (10 Bll., 4°) sowie 196 Bll. Photokopien von Briefen Anderschs (u. a. eines Briefes an den Bundeskanzler betr. eines „Gnaden-Akts für Peter Paul Zahl“) und anderer, Notizen (meist von Michaelis), Zeitungsartikeln, Fragmenten, Doubletten u. v. m. – Die Briefe 720 Euro jeweils auf Briefpapier mit gedr. Briefkopf.

10. Hans Christian Andersen (1805-1875), Dichter. E. Gedichtmanuskript (10 Zeilen), o. O. u. D., 1 Seite 8°. Bleistift. Leicht gebräunt; unterer Rand leicht unregelmäßig. Dänisch. Das Gedicht „Ode til Natten“ (Ode an die Nacht). 1800 Euro

11. Johann Anton André (1775-1842), Komponist und Musikverleger. E. Brief m. U. Offenbach. 7. April 1837. 1 Seite. 4°. Mit e. Adresse, Poststempel und papiergedecktem Siegel auf der Rückseite. Ausschnitt vom Öffnen des Siegels. Papier gebräunt, Tinte durchschlagend, alte Montagespur auf der Rückseite. An Julius Rietz in Düsseldorf. „…Dürfte ich Sie wohl bitten: die mir für das Ihnen im Juny vorigen Jahres überlassene Manuscript von Haydn gutkommenden 4 Fried d’or, nun … an Herrn Kammer Präsidenten Verkenius

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11. Johann Anton André

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in Cöln für mich einzusenden? – Ich habe Hr. Verkenius, von welchem ich gegenwärtige Zeilen für Sie beyschließe, hiervon in Kenntnis gesetzt, und ihn ersucht: mir diese 4 Fr. dor, nebst noch einigen an ihn zur Zahlung überweisen Fl. Posten, hierher zu übernehmen. Ich hoffe dass Sie sich sowohl befinden, wie ich dies von Herzen wünsche. Unser Freund Mendelssohn hat vor kurzem in Frankfurt geheiratet, u mit seiner jungen Frau eine Vergnügungsreise so wie ich glaube nach der Schweiz angetreten…“ – Johann Anton André übernahm 1799, nach dem Tod seines Vaters , des Verlaggründers Johann André, den Musikverlag. André war einer der vielen von Mendelssohn abgewiesenen Verleger (s. Mendelssohn Bartholdy: Briefe an Deutsche Verleger, hrsg. von R. Elvers, Band 1, S. 18f.). Felix Mendelssohn hatte am 28. März 1837 seine Verlobte Cécile Jeanrenaud geheiratet. Ihre Hochzeitsreise führte sie über Mainz rheinaufwärts bis nach Freiburg im Breisgau und ist im gemeinsamen Tagebuch festgehalten. Erich Heinrich Verkenius (1776-1841), Kgl. Preuss. Apellationsrat in Köln, war schon seit 1821 Mitglied des Kölner Komitees für die Niederrheinischen Musikfeste und mit Mendelssohn befreundet. Selten.

2500 Euro 12. Gabriele d’Annunzio (1863-1938), Schriftsteller. E. Brief m. U., Settignano , „Giovedi mattina“ [25. Februar 1902]. 1 Seite 4°. Gedruckter Briefkopf: „La Capponcina | Settignano di Desiderio | Firenze“. Mit Umschlag. An seinen Freund Giulio Piccini in Florenz mit einer Einladung. „Caro amico, | torno ora: sono le due: troppo tardi. | Venite a pranzo stasera se siete in villa, o a cola- zie ne stamani se tardate a scendere. | Parleremo | Ave. | Gabriel“. In seiner Villa Capponcina in Settignano bei Florenz lebte d’Annunzio seit 1897 wie ein Renaissance- fürst – bis zum finanziellen Zusammenbruch 1910. 550 Euro

13. Michelangelo Antonioni (1912–2007), Regisseur, Autor und Maler. E. Manuskript. O. O. u. D. 2 SS. auf 2 Bll. Folio. – Nachträglich bezeichnet „Da ‚Il colore della gelosia’ – film ancora da fare“ („Die Farbe der Eifersucht – Filmvorlage“). Beschrieben wird eine Szene auf einer Straße in Rom, in der ein Mann, Mitte 30, mit eingefallenem und angespanntem Gesicht mit dem Auto in der Dämmerung an einer Ampel hält. Um ihn herum nichts als gelbe Taxis. Er sieht sich die verschiedenen Fahrgäste an und macht die unterschiedlichsten Typen aus. Die Ampeln scheinen größer und roter als sonst zu sein. Alle schauen auf die Ampel. Der Mann scheint die rote Scheibe auf seine Weise zu sehen. Wer weit weg ist, sieht sie klein, wer nah ist, sieht sie groß. Die rote Scheibe des Mannes ist am größten und wird immer größer, bis sie wie eine Sonne aussieht, die hinter den gelben Taxis untergeht. Es wird schnell dunkel: „Un uomo a bordo della sua macchina ferma al semaforo. Trentacinque, trentasette anni. Baba rasata. Volto male al mattino, scavato, teso. […] Attorno alla macchina color antracite metallizzata ci sono soltanto taxi gialli. L’uomo si volta a guardare i passeggeri dei taxi […] semafori più grandi che

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13. Michelangelo Antonioni

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normale. Più rossi anche del normale. Tutti guardano il semaforo. L’uomo vede evidentemente il disco rosso a modo suo. Chi è lontano lo vede piccolo, chi è vicino lo vede grande. Il disco rosso dell’uomo […] è più grande di tutti e continua a ingrandirsi fino a sembrare un sole che tramota dietro ai cofani gialli dei taxi, striandoli di rosso. La sera sta calando rapidamente [...]“. – In 800 Euro Bleistift; etwas gebräunt und mit stärkeren Faltspuren.

14. Ernst Moritz Arndt (1769–1860), Schriftsteller. E. Schriftstück m. U., o. O. u. D., 1 Seite quer-8°. Unregelmäßig beschnitten; kleiner Zahlenstempel. Schätzung des Wertes einer alten Nürnberger Chronik: „[…] Diese Kronik hat gewiß gr[oßen] Werth für die Beschreibung einzelner Begebenheiten und als Schilderin und Darstellerin von Sitten Kunst Glauben und Leben und Streben des 15. J[ahr]hunderts […] Das Ältere ist gewöhnlich Früheren nur nachgeschrieben. | Indeßen 4 – 5 Thlr. kann der Liebhaber zah400 Euro len […]“

15. Svante Arrhenius (1859-1927), Physiker und Chemiker, Nobelpreisträger; lieferte die Dissoziationstheorie der Elektrolyte. E. Postkarte m. U. „Svante A.“, Stockholm, 1. Juli 1899, 1 Seite. Schwedisch. An Hans von Euler-Chelpin (1873-1964) „Broder Euler“ in „CharlottenburgBerlin“ mit Erwähnung der Fachkollegen Finkelstein und Pettersson.

300 Euro 16. Ludwig Bamberger (1823–1899), Politiker, Publizist und Gründungsmitglied der Deutschen Bank. E. Brief mit U. („L. Bamberger“). Hagenau, 8. September 1870. 1¾ SS. auf Doppelblatt. Gr.-8°. – Einer Bleistiftnotiz am unteren Rand der Recto-Seite von Bl. 1 zufolge an Staatsminister Julius Jolly (1823–1891): „Ich habe ihnen meinen bereits telegraphisch ausgesprochenen Dank für Ihren so überaus freundlichen + kostbaren Beistand auszusprechen. Herr Müller, der mit außerordentlicher Liebenswürdigkeit und frappanter Einsicht in die zur Sprache kommenden Verhältnisse mir große Dienste leistete, wird Ihnen darüber das Nähere zu berichten die Ehre haben. Ich benütze die Gelegenheit Ihnen im Vertrauen mitzutheilen, daß eine gestern vom Bundeskanzler eingetroffene chiffrirte Depesche mich im Punkte der jüngst besprochenen Zukunftsfragen einigermaßen beruhigt hat. Ich entnehme derselben entschieden die Ansicht, die Vergrößerung Deutschlands nicht zum besten der Kleinstaaten sondern in beliebiger Form zur Ausdehnung Preußischer Macht zu verstehen [...]“. – Die unbeschriebene Recto-Seite von Bl. 2 leicht fleckig. 400 Euro

17. Albert Bassermann (1867-1952), Schauspieler. Tlw. e. Manuskript m. U. auf dem Deckeltitel, o. O. [Berlin], 63 Seiten 8°. Halbleinenheft mit Deckeltitel. Textbuch mit Deckeltitel „Albert Bassermann | Lessing-Theater“ zu Moliers „Don Juan oder Der steinerne Gast“ mit umfang-

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reichen eigenhändigen Anstreichungen Bassermanns zu seiner Rolle als „Don Juan“ in Tinte und Kopierstift, sowie e. Anmerkungen in Tinte. – Von 1900-09 gehörte er unter Otto Brahm den Ensembles des Deutschen Theaters und des Lessingtheaters in Berlin an. Seit 1909 spielte Bassermann unter Max Reinhardt am Deutschen Theater und vollzog dabei den Wechsel von modernen zu den klassischen Rollen wie Mephisto und Nathan. Seit 1915 wieder am Lessing-Theater engagiert, gab Bassermann vor allem Gastspiele an anderen 500 Euro deutschen Bühnen und trat in Filmen wie ‚Alraune’ (1930) auf.

18. Ludwig Bäte (1892–1977), Schriftsteller. „Legende von den vier Frauen“. E. Manuskript mit Namenszug im Titel und mit U. O. O., 27. Februar 1941. 38½ SS. auf 20 num. Doppelblatt. Kl.-4°. – Am Umschlag eine e. Widmung für Dietrich Stübe [?], datiert Osnabrück, 4. März 1941. – Ein Buch mit diesem Titel erschien 1944 im Gerhard Stalling Verlag in Oldenburg. – Von den Nationalsozialisten mit Publikationsverbot belegt, war Bäte nach Kriegsende Kulturdezernent und Stadtarchivar in Osnabrück, zu dessen Geschichte er mehrere Arbeiten publizierte. 1953 war er neben Josef Winckler an der Neugründung der 1933 von der Reichsschrifttumskammer aufgelösten Schriftstellervereinigung „Die Kogge“ beteiligt. „Die Behandlung idyllisch-kleinstädtischer Themen in seinen belletristischen Schriften trug ihm die Bezeichnung ‚Spitzweg der Feder’ ein“ (DBE). – Papierbedingt etwas 1500 Euro gebräunt und einige Bll. mit geringf. Randläsuren.

19. Charles Baudelaire (1821–1867), Schriftsteller. E. Brief mit Initialen. O. O. u. D. 1 S. Gr.-8°. – An einen „cher ami“, dem er mitteilt, daß er nun endlich, nachdem er zwei bis drei Stunden zwischen Palais und „Bureau des prisons“ umher geirrt sei, seine Erlaubnis erhalten habe. Er sei von einer Stelle zu anderen und von einem Herrn zum nächsten geschickt worden, da sich niemand zuständig gefühlt habe. Schließlich habe ihm M. Dufaure um des lieben Friedens willen die Erlaubnis erteilt: „[...] Etre allé deux fois aux prisons, avoir été renvoyé deux fois encore à M. Guerton, avoir reçu de M. Guerton cette réponse, que ça ne le regardait plus, mais que ça regardait M. Larousse, attendu que l’affaire allait en Correctionnelle (vous l’ignorez peut-être) – être allé chez M. Larousse qui m’a dit que ça ne le regardait pas, mais que ça regardait le bureau des prisons. Enfin M. [...] Dufaure, de guerre las, m’a octroyé ma permission […]“. – Mit kleinen Randläsuren und papierbedingt leicht gebräunt, sonst wohlerhalten. 4500 Euro

20. Gottfried Christoph Beireis (1730–1809), Arzt, Physiker und Chemiker, der „Magus von Helmstedt“. E. Brief mit U. („G. C. Beireis“). Helmstedt, 7. Oktober 1789. 1 S. 4°. – An einen Arzt mit Dank für eine „Nachricht von dem Befinden des Söhnchens des Herrn Administratoris Werneburg“: „[...] Jezt könnte nun der Liquor terrae foliatae tartari ausgesezt und nur das Pfeffermünzenöl noch fortgebraucht werden,

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nebst den andern lezthin erwähnten Mitteln. Da die Epispastica auch schon hinreichend gebraucht worden, so wären vor das erste solche noch einige Zeit auszusezen [...] um das Kind sich erholen zu laßen und um seinen Eigensinn, den die Schmerzen nothwendig vermehren müßen, zu vermindern, damit er desto eher zur Einnahme der Arznei bewogen werden könnte, weil jezt sowohl das Chinaextract, als auch das Pfeffermünzenöl nöthig ist [...] Die Empfindung der Jungfer des Nachts, als wenn sie etwas hartes hinunterschlukte, ist noch ein spasmus oesophagi hystericus, der nach anhaltendem Gebrauch der vorgeschlagenen Mitteln sich verlieren mögte [...]“. – Die Recto-Seite mit einer kleinen alt montierten Notiz zum Verfasser a. d. Hand von Goethes Großneffen, dem Juristen und ersten Goethe-Bibliographen Alfred Nicolovius (1806–1890): „Handschrift des auch von Goethe näher geschilderten ‚gelehrten Sonderlings’ G. C. Beireis, der zum Helmstädt im Jahre 1809 starb und als der Letzte bezeichnet wird, dem das Volk nachsagte, daß er im Besitze des Geheimnisses, Gold zu machen, gewesen sei“. – Von großer Seltenheit, kein Brief auf deutschen oder internationalen Auktionen der vergangenen Jahr1500 Euro zente. – Mit kleineren Randläsuren.

21. Benedikt XIV., Papst, vormals Prospero Lambertini, Gegner der Jesuiten und Förderer der Wissenschaften, (1675-1740-1758). 3 Bullen. Rom, Idibus Julii (15. Juli.) 1743, Kalendis Decembris (1. Dezember) 1744 und Idibus Aprilis (13. April) 1746, 3 Seiten quer-Folio. Pergament. Mit großen B-Initialen und kalligraphierten Kopfzeilen. Vereinzelte Nadellöcher. Ohne Siegel, die Siegelschnüre vorhanden. An den Generalvikar des Erzbischofs von Neapel: Ehedispense für Brautpaare, denen die Heirat wegen zu naher Verwandtschaft verboten war. 1200 Euro

22. David Ben-Gurion (1886-1973), israel. Politiker. Porträtfotografie m. e. U., „D. Ben Gurion“, o. O. u. D. [ca. 1950], 9 x 13 cm. 320 Euro Namenszug leicht verwischt.

23. Gottfried Benn (1886–1956), dt. Schriftsteller. E. Brief m.U., „Benn“, o. O., 28. Juni 1949, eine Seite 4°. Blaues Papier. An den seit 1932 in den USA lebenden Publizisten Alfred Vagts. Benn hatte Vagts seinen jüngst erschienenen Essay-Band „Ausdruckswelt“ zugesandt: „[…] vielleicht entsprechen Essays mehr Ihrem Geschmack als Lyrik und Gespräche und Sie entdecken nicht so viel Mängel und Inkorrektheiten darin. Vielen Dank für Ihren lehrreichen Brief u. anbei die Totenrede auf Klabund […]“ 1300 Euro

24. Walter Berendsohn (1884–1984), Literaturwissenschaftler. E. Brief mit U. Haifa, 14. Mai 1967. 2 SS. Gr.-4°. Mit e. Adresse (Luftpostbrief). – An den deutschen Botschafter in Gabun, Werner Klingeberg, und seine Gattin Susanne mit Nachrichten über die Geburt zweier Enkelkinder, eine Reise nach Israel und seine Tätigkeit an der Universität Stockholm: „[...]

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An der Universität Stockholm habe ich im Herbst 1946 meine Tätigkeit wieder aufgenommen im Deutschen Institut Professor Gustav Korléns, um eine Forschungsstelle für die Deutsche Literatur der Flüchtlinge aus dem Dritten Reich zu begründen, die er, 30 J. jünger als ich, weiterführen wird. Zugleich bemühe ich mich in allen Gastländern der Flüchtlinge ringsum den Erdball ähnliche Forschungsstellen anzuregen und so die internationale Forschung in diesem Felde zu organisieren. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft, Godesberg, ist lebhaft an unserem Unternehmen interessiert. Sehr erfreulich war mir die Entscheidung der Schwedischen Akademie, den Literaturpreis zwei jüdischen Dichtern zu geben, Nelly Sachs u. Agnon. Für N. S. war es die Erfüllung eines Mädchentraums. Sie war die Königin des Nobelfestes, sah aus wie eine zarte Fee [...]“. – Berendsohn war Professor für Literaturwissenschaft an der Universität Hamburg, wurde 1933 entlassen und emigrierte nach Dänemark und 1943 nach Schweden. Von 1943 bis 70 war er Archivar der Nobel Bibliothek der Schwedischen Akademie und seit 1952 Dozent für Deutsche Literatur an der Universität Stockholm. Berendsohn „war Begründer der Stockholmer Koordinationsstelle zur Erforschung der deutschsprachigen Exilliteratur. [Sein] Werk ‚Die humanistische Front’ (1947) galt als grundlegend für die Erforschung deutscher Exilliteratur“ (DBE). Als Biograph und Förderer von Nelly Sachs war es nicht zuletzt Berendsohns Initiative zu verdanken, daß diese mit dem Literaturnobelpreis (und Willy Brandt mit dem Friedensnobelpreis) ausgezeichnet wurde. – Mit kleineren Randläsuren, sonst wohlerhalten; die Adreßseite mit 400 Euro zeitgen. Notizen von fremder Hand.

25. Alban Berg (1885-1935), österr. Komponist. E. Brief m. U., „Alban Berg“, o. O. [Frankfurt], 10. April [19]31, 1 Seite auf einer Postkarte (mit Abbildung des Opernhauses in Frankfurt auf der Rückseite). An den Regisseur und Generalintendant der Städtischen Bühnen in Düsseldorf, Herrn Bruno Iltz (1886-1965). Berg bedankt sich für den neu einstudierten „Wozzeck“: „[…] Diese Reprise freut mich mehr als manche Erstaufführungen, ja sie macht mich stolz […]“ 1930 wurde „Wozzeck“ das erste Mal in Düsseldorf aufgeführt. 1600 Euro

26. Irving Berlin (1888-1989), Komponist. Porträtfotografie m. e. U. auf der Bildseite, „Irving Berlin“, o. O. u. D. [ca. 1960], 18,7 x 24 cm. Leichte Knickspur. Ränder beschnitten. Schönes Brustbild von vorn. Mit persönlicher Widmung „To George D. Randall | all good 320 Euro wishes | Irving Berlin“.

27. Josef Karl Bernard (um 1781–1850), Schriftsteller und Journalist. „Grabschrift“. E. Gedicht (23 Zeilen). O. O. u. D. 1½ SS. 4°. – „Des Schwertes und der Krone Trümmer, | Des Lorbeers abgewelkte Blätter, | Die, Wandrer, diesen Hügel decken, | Sie zeigen Dir, wen er umschließt [...]“. – Der aus Horatitz (Böhmen)

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stammende Journalist war seit d. J. 1800 in Wien ansässig und Angestellter beim Hofkriegsrat. Von 1810 bis 1813 redigierte er die „Thalia“, 1814 die „Friedensblätter“ und wurde Mitarbeiter der „Wiener Zeitschrift für Kunst, Literatur und Mode“. „Seit 1817 arbeitete er bei der ‚Wiener Zeitung’, deren Gesamtredaktion er bis 1847 innehatte. 1849 wurde er Herausgeber der Tageszeitung ‚Austria’“ (DBE). Bernard stand in Briefwechsel mit Beethoven und schrieb die Libretti zu Spohrs „Faust“ (1814) und zu Kreutzers „Libussa“ (1823). – Stärker fleckig und gebräunt, ein kleiner Einriß im Mittelfalz alt hinterlegt; mit einem 450 Euro kleinen Ausriß am oberen Rand.

28. Thomas Bernhard (1931–1989), Dichter. 7 Originalphotographien. St. Veit, Salzburg, Gmunden u. a., 1956 bis 1979. Verschiedene Formate. Mit mehreren Beilagen (s. u.). – Die älteste der hier vorliegenden Aufnahmen zeigt Bernhard und seine spätere Lebensfreundin Hede (eigentlich: Hedwig) Stavianicek zusammen mit deren Nenn-Nichte Inge Mau – die Tochter von Hedes Freundin Carla Kluge – und einer Frau Prof. Stieve (dat. Salzburg, 1956), eine wohl wenig später entstandene Aufnahme zeigt Bernhard neben seinem damaligen Kollegen am Mozarteum, Ludwig Skumautz (geb. 1929); 2 Photographien zeigen Bernhard und seinen Halbbruder Peter Fabjan in Gmunden (dat. 19. Oktober), 1 vom selben Tag datierende Aufnahme zeigt Bernhard zusammen mit Hede Stavianicek und Carla Kluge; 1 Bild aus dem Jahr 1975 zeigt Bernhard in St. Veit, und ein letztes schließlich Bernhard und Carla Kluge bei einem Ausflug zur Burg Hochosterwitz (späte 1950er Jahre). Diese zuletzt erwähnte Aufnahme ist Teil eines 123 Bilder und Bildpostkarten umfassenden privaten Photoalbums von Carla Kluge, in dem Bernhard noch ein weiteres Mal aufscheint, nämlich auf der schon zuvor erwähnten und hier als Doublette einmontierten Aufnahme zusammen mit Ludwig Skumautz. Weiters beiliegend 1 Photo mit einem Portrait von Hede Stavianicek und 1 Aufnahme, die vermutlich ihr oder Carla Kluges Haus in Wien bzw. Berlin zeigt, sowie 2 photographische Reproduktionen (Hede Stavianicek und Thomas Bernhard bzw. ein Portrait ihrer selbst aus sehr jungen Jahren). – Dazu: Zeitungsartikel und Verlags- bzw. Ausstellungsprospekte über Thomas Bernhard sowie einige Kopien samt einer Visitenkarte von Carla Kluge und einer des Kurt Kluge-Archivs. 1800 Euro

29. Rudolf G. Binding (1867–1938), Schriftsteller. Ms. Postkarte mit e. U. Starnberg, 11. Dezember 1935. ¾ Seite Qu.-8°. Mit ms. Adresse. – An den Schriftsteller Walther von Hollander (1892–1973): „Leider wird es wohl diesmal nichts mit einem Auftreten in der Lessinghochschule werden, da ich mit Fahrten und Vorträgen erschreckend übersetzt bin. Ich muss Sie also bitten, mit dieser Absage vorlieb zu nehmen [...]“. – Walther von Hollander verfaßte in den 30er Jahren mehrere Filmdrehbücher und Romane zum Thema Ehe, wodurch er zu einer Art Spezialist für zwischenmenschliche Beziehungen avancierte. Nach dem Zweiten Weltkrieg trat er vermehrt als

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Kolumnist und Funkschriftsteller sowie als Hörfunkmoderator hervor, war vorwiegend aber als Lebensberater tätig und verfaßte in dieser Eigenschaft lange Zeit die Rubrik „Fragen Sie Frau Irene“ für die deutsche Programmzeitschrift „Hörzu“. – Am oberen Rand gelocht (minimale Buchstabenberührung).

160 Euro 30. August Daniel von Binzer (1793–1868), Schriftsteller. 2 e. Briefe mit U. („A. Binzer“). Leipzig, 1835. Zusammen (1+1¾=) 2¾ SS. auf 2 Bll. Gr.-4° und gr.-8°. Ein Br. mit e. Adresse (Faltbrief). – An den Juristen, Schriftsteller und Philosophen Friedrich Wilhelm Carové (1789–1852). I: „Was wirst Du denken, lieber Freund, daß ich so lange schweige? – Nur nicht daß es an gutem Willen fehlt, da würdest Du mir Unrecht thun. Aber – Deine Sache ist dennoch nicht in den besten Händen bei mir; erstens habe ich zu viel zu thun, komme fast nicht aus und sehe selten Leute – und dann, ich habe kein Glück; noch nie ist es mir gelungen etwas der Art für mich oder Andre zu erfreulichem Ende zu bringen; obwohl es Andren ein paar mal für mich geglückt ist. – Ob meine Stellung als Red. des Börsenblattes zu etwas führt, weiß ich noch nicht. Doch werde ich natürlich in d. Ostermesse viele der Hrn. kennen lernen und dann mein Heil versuchen [...]“ (Br. v. 14. März 1835). – II: „Wie lange habe ich nicht von Dir gehört? – Ich hoffte immer Du würdest die Fortsetzung der ‚Briefe an die Freundin’ schicken, wie Du Ende Februar versprachst; aber es [ist] nichts gekommen. Soll ich dann den 5t. Brief allein abdrucken lassen? [...] Noch immer bin ich allein, ohne Frau und Kinder, ohne Freund. Einer, den ich hier gefunden, ist von dannen gezogen, und wird in einigen Wochen nach Frankfurt kommen; ich habe ihm ein paar Zeilen an Dich gegeben; nimm ihn freundlich auf; es ist ein lustiger Mensch; befreundet zwar mit Gutzkow, aber nicht nur gediegener, sondern auch voll Pietät, die diesem abgeht. Er heißt Schlesier, Du wirst den Namen kennen, von der früheren Red. d. Eleganten her [...]“ (Br. v. [21. April 1835]; mit drei kleinen Ausrissen und geringf. Text- bzw. Buchstabenverlust). – A. D. Binzer hatte anläßlich der Auflösung der Burschenschaft 1819 das populär gewordene Lied „Wir hatten gebauet ein stattliches Haus“ gedichtet. Später redigierte er in Altenburg den ersten Band des Piererschen „Lexikons“, 1834 die „Zeitung für die elegante Welt“ in Leipzig und im Jahr darauf das „Allgemeine Organ für Handel und Gewerbe“; nach einer Venedigreise veröffentlichte er die kulturhistorisch wertvolle Monographie „Venedig im Jahre 1844“. Zusammen mit seiner Frau Emilie ließ er sich schließlich in seiner Villa am Aussee nieder und verfaßte mit ihr gemeinsam Erzählungen unter seinem Pseudonym August Beer. 320 Euro

31. Wilhelm Birrenkoven (1865-1955), Sänger. Rollenfotografie m. e. U. auf der Bildseite, o. O. u. D., 9 x 14 cm. Rollenbild als „Walter Stolzing“ in Wagners Oper „Die Meistersinger von Nürnberg“. – 1888 debütierte Birrenkoven als Tenor an der Düsseldorfer Oper. Es folgten

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weitere Engagements in Köln (1890-93) und Hamburg (1893-1912). Bei den Bayreuther Festspielen von 1894 machte er sich mit den Rollen des Lohengrin und Parsifal als Wagner-Interpret einen Namen. Er gab Gastspiele an großen Opern in Europa sowie in den USA und trat als Konzert- und Liedersänger auf.

90 Euro 32. Tania Blixen (d. i. Karen Blixen-Finecke, 1885–1962), Schriftstellerin. Albumblatt mit e. U. und alt montiertem Portrait (Zeitungsausschnitt). O. O. u. D. 1 S. Qu.-8°. – Das Bild zeigt die Schriftstellerin im Gespräch mit Albert Schweitzer. 350 Euro

33. Ernst Bloch (1885–1977), Philosoph. Gedr. Dankeskarte mit e. U. Tübingen, Sommer 1965. 1 S. Qu.-8°. – Dankeskarte an Gratulanten zu seinem 80. Geburtstag. – Beiliegend einige Zeitungsausschnitte. 120 Euro

34. Dimitri Nikolajewitsch Graf Bludow (1785–1864), Politiker und Diplomat. E. Adresse. O. O. u. D. ¼ S. auf Doppelblatt. 8°. – „La gazette des beaux arts. | Rue Vivienne, 55“. – Etwas unfrisch und in den Faltungen auf der leeren 80 Euro Verso-Seite von Bl. 2 stärker angestaubt.

35. Friedrich von Bodenstedt (1819–1892), Schriftsteller und Orientalist. E. Brief mit U. Wiesbaden, 13. November 1888. 2¾ Seiten auf Doppelblatt. 8°. – An einen namentlich nicht genannten Adressaten: „Mein Demetrius ist in Buchform 1856 im R. von Decker’schen Verlag zu Berlin erschienen und von dort durch jede Sortimentshandlung zu beziehen. Da Sie eine wissenschaftliche Abhandlung über die verschiedenen Bearbeitungen des Demetrius schreiben, so wird es gewiß von Interesse für Sie sein, genau zu erfahren wie die meinige entstanden ist. Der dritte Band der ersten Ausgabe meiner Übersetzung Puschkins enthält das Trauerspiel Boris Godunow, welches die Russen als ihr größtes dramatisches Meisterwerk bewundern und welches auch den kunstsinnigen König Max von Bayern in hohem Grade fesselte, weil es in seiner realistisch nationalen Behandlungsweise des Demetriusstoffes sich gründlich von dem erhabenen Schillerschen Fragment unterscheidet. Der König bat mich, das Stück für die Bühne einzurichten, was Dingelstedt, der damalige Intendant des Münchener Hoftheaters, für unmöglich erklärte, da Puschkin’s Dichtergröße sich nur in seiner Lyrik offenbare, während seinem Boris Godunow Alles fehle, was zu einem wirksamen Drama gehöre. In der That mußte ich etwas ganz Neues aus dem Stück machen [...]“. – Gelocht (unbed. Buchsta100 Euro benrührung).

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36. Karl Böhm (1894–1981), Dirigent. Ms. Brief mit e. U. Baldham, 7. September 1971. ¾ S. Gr.-4°. Mit ms. adr. Kuvert. – An Georg Kunkel: „Leider muss ich Ihnen mitteilen, dass Ihr Wunsch bei der VIII. Bruckner nicht erfüllt werden kann, da das Material vollkommen umgeschrieben werden müsste [...]“. – Auf Briefpapier mit gedr. Briefkopf.

120 Euro 37. Niels Bohr (1885-1962), Physiker und Nobelpreisträger 1922. Porträtfotografie (Druckbild) m. e. U. auf der Bildseite, o. O. u. D., 18 x 23 cm. Auf Untersatz aufgezogen. Brustbild des etwa 70-jährigen von vorn.

1250 Euro 38. Sulpiz Boisserée (1783–1854), Kunstgelehrter und Kunstsammler. E. Brief mit U. München, 5. März 1831. 2 SS. 4°. – Langer und inhaltsreicher Brief an Firmin Didot père et fils – „après une trop longue interruption je me vois enfin en êtat de terminer le texte de mon ouvrage sur la Cathédrale de Cologne [...]“ –, in dem er sehr ausführlich darlegt, wie er sich die weitere Drucklegung seines Werkes, das gleichzeitig auch in Deutsch bei Cotta erschienen war, vorstellt. Der letzte Band von „Vue, plans, coupes et détails de la cathédrale de Cologne“ erschien dann 1832. – Aus der Sammlung Léon Muller in entsprechender Sammelmappe. – Papierbedingt stärker gebräunt und mit kleinen Randeinrissen; die Recto-Seite mit den Spuren eines alt entfernten Schildchens. 1800 Euro

39. Robert Bosch (1861–1942), Industrieller. Albumblatt mit e. U. und alt montiertem Portrait (Zeitungsausschnitt). O. O. u. D. 1 S. Qu.-32°. – Beiliegend einige Zeitungsausschnitte. 400 Euro

40. Ida Boy-Ed (1852–1928), Erzählerin und Biographin. E. Albumblatt mit U. Lübeck, o. D. 1 S. Qu.-4°. – „Arbeit entsündigt den Geist“. – Ida Boy-Ed verfaßte vorwiegend im hanseatischen Bürgertum angesiedelte Romane und setzte sich als Kritikerin für Thomas Mann, Richard Wagner und Wilhelm Furtwängler ein. – Mit alt montiertem Portrait (Zeitungsausschnitt, 111:79 mm). 180 Euro

41. Johannes Brahms (1833-1897), Komponist. E. Postkarte m. U. „J. Br.“, Zürich, 15. September 1874, 1 Seite. An den Musikverleger Jakob Rieter-Biedermann (1811-1876) in Winterthur: „[…] Ich reise Morgen früh ab u. kann leider wegen [Verschreibung für weder] in W[interthur]. noch in R[üschlikon]. Rendez-vous haben! […]“ 1800 Euro

42. Marianne Brandt (1842-1921), österr. Altistin. E. Brief m. U., Bremen, 26. März 1874, 3 Seiten gr.-8°. Doppelblatt. Inhaltsreicher Brief an einen „Hochverehrter Herr General“, den sie fragt, ob im März ein Gastspiel am Hoftheater Weimar möglich sei, nachdem sich ihr ursprüng-

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liches Vorhaben, von Elberfeld nach Rotterdam zu gehen, zerschlagen habe, weil ihr Direktor Kupper überraschend „das ganz offene Geständnis“ gemacht habe, daß ein Auftreten „in Elberfeld total unmöglich“ sei. Sie „sitze […] in der besten Zeit auf dem Trockenen […] ich könnte den Kerl prügeln“. 250 Euro

43. Artur Brausewetter (1864–1946), Pfarrer und Schriftsteller. Portraitphotographie mit e. Widmung und U. O. O., 19. Oktober 1921. 89:62 mm auf etwas größerem Trägerkarton mit gepr. Vignette. – Brustbild en face für „Herrn Andreas Rodenberg in Danzig“. – Artur Brausewetter studierte Rechtswissenschaften, Philosophie und Theologie in Berlin und Bonn und war später Pfarrer und seit 1908 Archidiakon an der Oberpfarrkirche St. Marien in Danzig, wo er bis zu seiner Vertreibung durch die „Deutschen Christen“ lebte. Daneben war Brausewetter Mitarbeiter der Zeitungen „Der Tag“ und „Tägliche Rundschau“ und schrieb unter den Pseudonymen Arthur Sewett und Friedrich Leoni zahlreiche Romane, die hohe Auflagen erzielten. – Im Rand leicht gebräunt, sonst tadellos. – Alt auf Trägerkarton montiert. 150 Euro

44. Benjamin Britten (1913–1976), Komponist und Dirigent. E. Brief mit U. („Benjamin B“). „Old Mill, Snape, Suffolk“, 17. September 1944. 2 SS. Gr.-8°. – An einen David mit dem Ausdruck seines Bedauerns, nicht schon früher dessen Brief beantwortet und dessen Manuskript zurückgeschickt zu haben, „but I have been wildly busy – + actually I haven’t time for mor than a short note now. The Trio shows a great advance to the pieces I have seen of yours before [...] My chief criticism is of the form. It is not complete enough in itself to stand alone – or do you intend it to be the first movement of a full Trio. If so, the form isn’t nearly concise enough, not yet well balanced. Study the first movements of the Mozart piano sonatas, or Haydn quartets to see how they work [...]“. – Papierbedingt etwas gebräunt und mit 800 Euro kleineren Faltspuren.

45a. Max Brod (1884–1968), Schriftsteller, Übersetzer und Komponist. „Sar hamemune (Nach einer Melodie aus Jemen-Teman)“. E. Notenmanuskript mit Namenszug im Titel. In blauer Tinte auf zwölfzeiligem Notenpapier. O. O. u. D. 3½ SS. auf Doppelblatt. Folio. – Vollständiges Manuskript von Max Brods 1945 bei Merkaz le Tarbut in Tel Aviv erschienenem jemenitischen Lied; 65 Takte in dreizeiligem System für Singstimme und Klavier mit unterlegtem Text. – Mit einigen wohl nicht e. Annotationen in Bleistift bzw. rotem Farbstift. – Etwas angestaubt; an den Rändern mit kleineren Läsuren und einem kl. 4000 Euro Wasserfleck; Gebrauchsspuren.

45b. Max Brod (1884–1968). E. Albumblatt m. U. O. O. u. D. 1 Seite. Quer-kl.-8°. „Es ist Dir nicht gegeben, das Werk zu vollenden. Dennoch darfst Du Dich nicht entziehen“. Knapp beschnitten. 400 Euro

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45c. Max Bruch (1838–1920), Komponist und Dirigent. E. Brief (Fragment) mit U. Berlin, 20. April 1880. 6 SS. auf 3 Bll. 8°. – Inhaltsreicher Brief an einen namentlich nicht genannten Adressaten über den Sternschen Gesangsverein, wo Max Bruch von 1878 bis 1880 dirigierte: „Deine Fragen werde ich nach Pflicht und Gewissen beantworten. 1) Im Verein besteht jetzt weder eine Stockhausen’sche Parthei noch eine Stockh. Clique. Nur ein paar junge Weiber und Mädchen, mit denen er liebelte, wünschen ihn zurück [hierzu eine Anmerkung am Rande: „,Clara’ hatte nämlich viel Grund zur Eifersucht!“]. Der Vorstand ist durchaus nicht für Stockh., und es ist (thatsächlich) in hohem Grade zweifelhaft, ob man ihn zurückberufen würde, – selbst wenn er sich meldete. Ich höre aber von glaubwürdiger Seite, daß er auch ohne Stellung in F[rank]furt bleiben will. Er hat den Verein (der jetzt allein circa 110 [Sänger?] hat) behandelt wie eine kleine Gesangsclasse, und die Leute derart mit Detailkram gequält, daß unter ihm gegen 100 Mitglieder ausgetreten sind. Unter mir dagegen sind 100 Mitgl. neu eingetreten, eingerechnet [?] 60–80 zuhörende M[itglieder]. Vom Orchester verstand er nicht mehr wie die Kuh vom Sonntag, oder der Esel vom Lautenschlagen – und das soll nicht viel sein! – Alles das ist dem Comité (und auch einem großen Theil des Vereins) sehr wohl bekannt, und man hat nicht vergessen, daß der Verein bei Stockh. Abgang 1878 am Rande des Abgrunds stand. In der That ist damals die Frage ernsthaft erörtert worden, ob der Verein sich nicht auflösen solle, – so war er heruntergekommen [...] Ich sage Dir dies mit Schmerz, bin Dir aber die volle Wahrheit schuldig. Denn der Verein geht mir zwar nahe, Du aber noch näher. In wenigen Jahren wird Cöln frei. Es kämen dann nur 3 Leute in Frage kommen [!]: Brahms, Du, und ich. Brahms hat mir vor 8 Tagen gesagt, daß er nie mehr eine feste Stellung annehmen werde. Was mich betrifft, so werde ich England, wenn alles so geht, wie ich hoffen darf, nicht so bald verlassen und mag auch nicht nach Cöln. Also bleibst Du allein [...]“. – Max Bruch sollte von 1880 bis 83 die Philharmonic Society in Liverpool leiten und anschließend bis 1891 den Breslauer Orchesterverein. – Papierbedingt leicht gebräunt; ein Blatt 450 Euro mit minimalem Ausriß.

46. Anton Bruckner (1833–1897), Komponist. E. Brief mit U. Linz, 30. Jänner 1861. 2 SS. 4°. – An seinen Freund, den Dirigenten, Komponisten und Musikpädagogen Rudolf Weinwurm (1835–1911): „Sei nicht ungehalten, wenn ich Dich wieder bitte, mir eine Wohnung zu miethen. Ich komme schon am Aschermittwoch (13. Februar), also künftigen Mittwoch über 8 Tage nach Wien. Ich meinte in der Stadt, aber nicht zu weit von der Mariahilfer-Hauptstraße; meine Wünsche wären: separ. Eingang, gutes Bett (voriges Jahr konnte ich mich kaum erwärmen,) namentlich mehrere Kopfpölster, gut heizbar, möglichst ruhig und vergiß nicht, was uns voriges Jahr fehlte [...] Lieber eine theuere aber gute Wohnung; ich bleibe wieder die ganze Fastenzeit in Wien. Du wirst lachen über so viele Bedingungen. Ich bitte Dich inständig miethe sogleich eine u. schreibe mir gütigst wohin die Adresse

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44. Benjamin Britten

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[...]“. – Rudolf Weinwurm, einer der wenigen vertrauten Freunde des Komponisten, war seit seiner Beteiligung an der Juristen-Liedertafel in Linz 1856 mit Bruckner befreundet. 1858 gründete er den Akademischen Gesangverein der Universität Wien und leitete ihn bis 1878, seit 1864 war er zudem Dirigent des Wiener Männergesangvereins, von 1865 bis 78 Dirigent der Wiener Singakademie und von 1866 bis 80 auch Chormeister des Wiener Männergesangvereins. Er selbst komponierte einige Bühnenwerke, Lieder und Chormusik und veröffentlichte u. a. eine „Methode des Gesangunterrichts“ (1876). – Mit kl. unbed. Randläsuren und einem von späterer Hand stammendem Vermerk in blauem Farbstift am linken oberen Rand der Recto-Seite. – Abgedruckt in: Anton Bruckner: Gesammelte Briefe. Neue Folge. Gesammelt und hrsg. v. Max Auer. Regensburg, Bosse, 1924 (=Deutsche Musikbücherei, Bd. 55), S. 36f., Nr. 9800 Euro 16.

47. Hans von Bülow (1830–1894), Dirigent und Musiker. E. Brief mit U., Le Haye, 14. X. 1889. 1 Seite auf Doppelblatt. 8°. – An August Steyl: „Geschwindigkeit keine Hexerei. Vermittelst vierhändigen Telegraphenspiels zweier weibl[icher] Hoheiten ist heute früh Wiesbaden Heyl’ 25. Brahms perfekt geworden. Haben Sie die Gewogenheit das Weitere zu be(-H-ST-) eylen. Amsterdam gestern Abend sehr gut besucht u. Applaus Glühhitze. Hier faul=flau bis dato. Publikus muß üben. Nb: Seien wir nicht so malitiös gegen ‚Clärchen’ – erst 13te, dann zum Schluß flieg. Holl[änder] bitte schön. Also Progr[amm] umändern. Ja? In Eile – eben kommt Omnibus mit Tardieu (Indép. belge) von Brüssel [...]“. 450 Euro

48. Jacob Burckhardt (1818–1897), Kulturhistoriker. E. Brief mit U. („JBurckhardt“). Basel, 24. Februar 1885. 1 S. auf Doppelblatt. Qu.-8°. – An einen namentlich nicht genannten Adressaten: „Wie sehr bedaure ich, Sie pressieren zu müssen! So eben erhalte ich die Nachricht, daß auf unserer Lesegesellschaft auf den Ihnen übersandten Band von Gachard, Don Carlos et Philippe II, pränumerirt worden ist [...].“ – Das zweibändige Werk des belgischen Historikers Louis Prosper Gachard „Don Carlos et Philippe II“ war 1863 in Paris erschienen. – Aus dem Besitz von Kurt Martin (1843–1933), dem ehemaligen Generaldirektor der Kasseler Gemäldegalerie. – Abgedruckt in: Jacob Burckhardt: Briefe. Vollständige und kritisch bearbeitete Ausgabe. Mit Benützung des handschriftlichen Nachlasses hergestellt von Max Burckhardt. 10 Bde. Basel, Schwabe, 1949–1986 (Gesamtregister 1994). Bd. VIII. Ebd., 1974, Nr. 1093. – Papierbedingt etwas gebräunt, sonst wohlerhalten.

1800 Euro 49. Jacob Burckhardt (1818–1897). E. Brief mit U. („Jac. Burckhardt“). Basel, 23. März 1884. 1 S. auf Doppelblatt. Gr.-8°. – An den namentlich nicht genannten Kunsthistoriker und Museumsdirektor Oskar Eisenmann (1842–1933) mit der Bitte um eine Auskunft, „da

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46. Anton Bruckner

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mir sonst Niemand Rath geben kann. Herr Habich, welcher auf seiner Reise nach Neapel mich hier besuchte, hat mir dann durch die Firma Hanfstängl die prachtvolle ganz große Photographie von Grünewald’s Crucifixus zusenden lassen. Zunächst bin ich nun in Sorgen, es sei mir doch nur eine kleinere Edition davon zugedacht gewesen? was nun wohl schwer rückgängig zu machen wäre? – Sodann aber (und dieß ist’s was ich von Ihnen erbitte) brauche ich Herrn Habich’s Adresse um ihm schriftlich meinen Dank auszusprechen [...]“. – Oskar Eisenmann war von 1876 bis 1908 Direktor der Kasseler Galerie, „gestaltete 1887 zusammen mit Bredius die Sammlungen des Mauritiushauses neu, organisierte 1888/89 die Überführung und Katalogisierung der Gemäldesammlung des Welfenhauses nach Hannover und erreichte 1900 die Neugestaltung der Karlsruher Kunsthalle“ (DBE). Die erwähnten Grünewaldtafeln hatte Eisenmann 1877 in Tauberbischofsheim entdeckt und den Brauereibesitzer und Kunstsammler Edward Habich (eig. George Eduard, 1818–1901) veranlaßt, sie zu kaufen; später jedoch mußten sie an die Kirchengemeinde zurückgeben werden, 1899 wurden sie schließlich von der Karlsruher Kunsthalle erworben. – Aus dem Besitz von Kurt Martin (1843–1933), dem ehemaligen Generaldirektor der Kasseler Gemäldegalerie. – Abgedruckt in: Jacob Burckhardt: Briefe. Vollständige und kritisch bearbeitete Ausgabe. Mit Benützung des handschriftlichen Nachlasses hergestellt von Max Burckhardt. 10 Bde. Basel, Schwabe, 1949–1986 (Gesamtregister 1994). Bd. VIII. Ebd., 1974, 2000 Euro Nr. 1048. – Papierbedingt etwas gebräunt, sonst wohlerhalten.

50. Jacob Burckhardt (1818–1897). E. Brief mit U. („JBurckhardt“). Basel, 30. August 1890. 3½ SS. auf Doppelblatt. Gr.-8°. – Ebenfalls an den namentlich nicht genannten Kunsthistoriker und Museumsdirektor Oskar Eisenmann (1842–1933): „In Ihrem werthen Schreiben vom 19. d., das ich nach einer Ferienabwesenheit vorfand, beruhigt mich zunächst Ihre Zusicherung im Postscriptum, daß meine etwaige Ansicht über die Mediceergräber nicht in der öffentlichen Fehde verwerthet werden solle [...] Dieser Tage werde ich auch an Hrn. Habich schreiben, dessen herrliche Zweite Lieferung während meiner Abwesenheit hier anlangte. Vor einiger Zeit wird der verehrte Freund Sie vielleicht von einem kleinen Beitrag zur Tischplattenfrage unterhalten haben, welchen ich ihm übermachte. Es scheint mir nämlich daß die Außenseiten der Flügel des Altars Holbein’s im Freiburger Münster, wenigstens das äußerste Bild links (S. Augustin & das auf der Erde sitzende Kind) dieselbe Hand mit der Tischplatte verrathen, soweit eine Miniaturarbeit mit Sachen großen Maßstabs kann verglichen werden. Freilich wird damit nur ab ignoto ad ignotum verwiesen, wie oft aber nehme ich Ihr herrliches Geschenk, die große Photographie vor mich und meine, es müsse am Ende gelingen, den Meister zu errathen. Und am Ende bringt unverhofft ein Zufall die Lösung [...].“ – Edward Habich (eig. George Eduard, 1818–1901) betrieb eine Brauerei in Boston. Seine bedeutende Kunstsammlung war zeitweilig als Depositum in der Kasseler Galerie und wurde am 8./10. Mai 1892 bei Heberle

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& Schall (nachmals Lempertz) in Kassel versteigert (Jahrbuch der kgl. preußischen Kunstsammlungen 1, 1880, SS. 17–29). Burckhardts Zuschreibung der Außenflügel des Oberriedaltars im Freiburger Münster an Holbein gilt inzwischen als unrichtig. – Aus dem Besitz von Kurt Martin (1843–1933), dem ehemaligen Generaldirektor der Kasseler Gemäldegalerie. – Abgedruckt in: Jacob Burckhardt: Briefe. Vollständige und kritisch bearbeitete Ausgabe. Mit Benützung des handschriftlichen Nachlasses hergestellt von Max Burckhardt. 10 Bde. Basel, Schwabe, 1949–1986 (Gesamtregister 1994). Bd. IX. Ebd., 1980, 4500 Euro Nr. 1317. – Papierbedingt leicht gebräunt, sonst wohlerhalten.

51. Jacob Burckhardt (1818–1897). E. Brief mit U. („JBurckhardt“). Basel, 24. September 1892. 2 SS. auf Doppelblatt. Gr.-8°. – Ebenfalls an den namentlich nicht genannten Kunsthistoriker und Museumsdirektor Oskar Eisenmann (1842–1933): „Noch in meinem 75sten Lebensjahre läßt mir der herrliche Tisch von Cassel keine Ruhe; mehrmals wenn ich altdeutsche Bilder sah, glaubte ich, es müsse gelingen dem Urheber nahe zu kommen. Einmal glaubte ich denselben wiederzuerkennen in dem unbekannten Maler der Außen Flügel des Holbeinaltars im Freiburger Münster, namentlich in Betreff des h. Augustin mit dem kleinen Kinde, aber es war wiederum nichts. Nun besuchte mich heute unser werther Landsmann Dr. Alfred Schmid [...] Er rieth alsbald und mit großer Bestimmtheit auf Martin Schaffner [...] Beim Habich’schen Auctionskatalog, welcher mir generöser Weise zugesendet worden, habe ich Ihrer auf alle Weise gedenken müssen [...]“. – Zu dem Bildertisch von Martin Schaffner für den Straßburger Goldschmied Erasmus Stelin vgl. Anja Schneckenburger-Broscheck: Altdeutsche Malerei. Die Tafelbilder und Altäre des 14.–16. Jahrhunderts in der Gemäldegalerie Alte Meister und im Hessischen Landesmuseum Kassel. Eurasburg 1997, S. 230–261. – Heinrich Alfred Schmidt (1863–1951) war von 1892–96 als Kunsthistoriker Privatdozent in Würzburg. – Die bedeutende Kunstsammlung von Edward Habich war zeitweilig als Depositum in der Kasseler Galerie und wurde am 8./10. Mai 1892 bei Heberle & Schall (nachmals Lempertz) in Kassel versteigert (Jahrbuch der kgl. preußischen Kunstsammlungen 1, 1880, SS. 17–29). – Abgedruckt in: Jacob Burckhardt: Briefe. Vollständige und kritisch bearbeitete Ausgabe. Mit Benützung des handschriftlichen Nachlasses hergestellt von Max Burckhardt. 10 Bde. Basel, Schwabe, 1949–1986 (Gesamtregister 1994). Bd. X. Ebd., 1986, Nr. 1400. – An den Rändern etwas gebräunt, sonst wohlerhalten. 4500 Euro

52. Jacob Burckhardt (1818–1897). „Übersicht der Bilder in Cabinet VII, VIII & IX und Saal VII & VIII der Galerie zu Carlsruhe“. E. Manuskript. Wohl Karlsruhe, 16. bis 20. April 1880. 50 SS. auf 50 num. Bll. Folio. In Umschlag mit von fremder Hand in rotem Farbstift notiertem Vermerk „Jakob Burkhardt [!] v. Basel“. – Unveröffentlichtes Manuskript von Burckhardts Inventarisierung der Gemäldesammlung der Karls-

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ruher Galerie. Großherzog Friedrich I. von Baden hatte Burckhardt am 10. Februar 1880 schriftlich einen Wunsch bekundet, „den Ich schon längere Zeit hege, aber den zu äußern ich wegen mangelnder günstiger Gelegenheit bisher nicht wagte. Die hiesige Gemälde-Sammlung besitzt vielerlei Kunstschätze alter Zeiten, deren Meister uns bekannt sind, aber auch Manche, worüber die Kunstkenner in ihrem Urtheil sich trennen. Eine genaue Bestimmung dieser zweifelhaften [...] Kunstwerke wäre sehr wünschenswerth. Hiernach werden Sie gerne ermessen, wie werthvoll es Mir sein müßte, wenn Sie so freundlich sein wollten, dieses entscheidende Urtheil uns hier durch eigene Anschauung zu geben.“ Im April nun erstellte Burckhardt von allen ausgestellten Gemälden Verzeichnisse, die in zwei sehr flüchtig mit Bleistift geschriebenen Heften in der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe erhalten sind. Die hier vorliegende „Übersicht“ entspricht in der Reihenfolge der aufgeführten Gemälde weitgehend den in Karlsruhe erhaltenen Listen, ist aber sehr viel sorgfältiger in Tinte geschrieben und mit wesentlich ausführlicheren Bemerkungen, neueren Zuschreibungen oder Abschreibungen zu den einzelnen Bildern erweitert. „Burckhardt war mit den musealen Fragen seiner Zeit in jeder Weise vertraut, vor allem aber waren ihm wie Wenigen fast alle großen Museen bekannt, und die Probleme der Sammler und des Sammelns hatten ihn im Zusammenhang mit seinen Arbeiten immer wieder beschäftigt. Doch nicht einmal dem Museum seiner Vaterstadt wurden so ausführliche Aufzeichnungen gewidmet wie der Karlsruher Kunsthalle“ (Martin, S. VI). – Literatur: Kurt Martin (Hrsg.): Jacob Burckhardt und die Karlsruher Galerie. Briefe und Gutachten. Karlsruhe, 38000 Euro Staatliche Kunsthalle, 1941.

53. Ferruccio Busoni (1866–1924), Pianist und Komponist. E. Brief mit U. Cincinnati, 31. März 1911. 5 SS. auf 5 Bll. Kl.-4°. – An Dorothy Rich in New York über seine unglückliche Gemütsverfassung der letzten Zeit und gesundheitliche Probleme. Da sei zuerst sein Freund Philippe unvorhergesehen verstorben, was ihm sämtliche Lebensfreude geraubt habe. Dann sei er selbst zweimal erkrankt und mußte dennoch seinen Pflichten nachkommen, also reisen und Konzerte geben. Nun sei er gerade von Portland zurückgekehrt und es gehe ihm relativ gut. Für diesen Sommer hoffe er dennoch, wieder er selbst zu werden und seinen Weg wiederzufinden: „J’ai passé dernièrement par des souffrances physiques et morales assez rudes et grandes fatigues m’ont rendu moins résistant contre ces assauts. D’abord la mort imprévue et – laide de mon cher Philippe m’a enlevé toute joie […] – ensuite je suis tombé malade deux fois et malgré mon état j’étais forcé à continuer mes devoirs (?) c’est à dire les voyages et les concerts […] Je viens d’arriver de Portland […] Enfin relativement je me porte bien […] J’espère beaucoup de cet été pour mes travaux et pour redevenir moi-même; j’en ai perdu un peu la trace et je n’ai été pas heureux [...]“. – Auf Briefpapier mit gedr. Briefkopf des Hotels Hinton in 2000 Euro Cincinnati.

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52. Jacob Burckhardt

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54. Joseph von Calasanza (1556-1648), Heiliger. E. Schriftstück m. U. „Gioseppe della Madre di Dio“, Rom, 8. April 1634, 1 Seite quer-8°. Leicht gebräunt, etwas Tintenfraß, einige Bleistiftnotizen u. teils hinterlegte kl. Mängel. Siebenzeilige Quittung über 100 (Scudi?) an Gius. Bonanni. Hierbei handelt es sich vermutlich um eine Spende zum Unterhalt einer der von dem Heiligen gegründeten unentgeltlichen Volksschulen. 1800 Euro – Autographen von Calasanza sind sehr selten.

55. Karel Capek (1890-1938), Schriftsteller. E. Brief m. U., Prag, 22. September 1935, eine Seite Folio. Leicht knittrig; Falzriss. In deutscher Sprache an einen Schauspieldirektor: „[…] Ich werde versuchen, auf die Generalprobe zu kommen; ich bin zwar jetzt mit der Vollendungmeines neuen Romans beschäftigt, aber die Generalprobe möchte ich richtig gern sehen. Auf der Premiere werde ich bestimmt nicht erscheinen; es ist für mich eine Qual, bemerkt zu werden oder sogar sich dem Publikum zeigen zu müssen. Also ich bitte Sie, mich bei den Darstellern zu entschuldigen und sie alle von mir herzlichst zu grüssen. | Meine Frau muss leider an demselben Abend ein Gastspiel absolvieren […]“ – Capek arbeitete damals an seinem Science-Fiction-Roman „Valka s mloky“ („Der Krieg mit den Newts“, 1936). Seine Frau, die Schauspielerin Olga Scheinpflugova, hatte Capek am 16.August 1935 geheiratet. Im Juni zuvor war ihm die Präsidentschaft des Internationalen P.E.N. Clubs angetragen worden. Zu seinen bekanntesten Romanen gehört „R.U.R“ (d.h. Rossums Universal Robots, Name eines amerikanischen Imperiums, das „Roboter“ baut) führte er 1920 den eigentlich von seinem Bruder Josef Capek (1887-1945) geschaffenen Begriff „Roboter“ in die Sprachen der Welt ein. Auch in anderen Büchern reagierte er auf mögliche schicksalhafte Konflikte von Menschen im technischen Zeitalter und bewertete sie von einem humanistischen Standpunkt. Karel Capek war ein strikter Antifaschist; vor allem in seinem Schauspiel „Die weiße Krankheit“ (1937) rechnete er mit dem Faschismus ab. – Briefe Capeks in deutscher Sprache sind sehr selten. 1500 Euro

56. Hans Carossa (1878–1956), Schriftsteller. E. Brief mit U. Rittsteig, 10. März 1947. 4 SS. auf 2 Bll. Gr.-8°. Mit e. adr. Kuvert. – An die mit ihm befreundete Sängerin Gertrud Full (1884–1968) über „das Ausbleiben der Gedichte“, d. i. der Gedichtband „Stern über der Lichtung. Neue Gedichte“, „die längst gedruckt sind, aber wegen Strommangel nicht gebunden werden konnten, was meine Antwort verzögerte; dann aber hat das neue Buch immer gebieterischer alle guten Stunden in Anspruch genommen [...] Anfangs war dieses Bekenntnis nur als ein Büchlein gedacht, aber dann erweiterte sich der Plan, und nun ist ein Buch daraus geworden, ein höchst notwendiges, wie mir scheint; ja mir ist, als könnten wahre Gedichte erst wieder wachsen, wenn diese klare, freimütige Rechenschaft abgelegt ist. Entgegen meiner ursprünglichen Absicht habe ich mich nun doch entschlossen,

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da und dort einzelne in sich geschlossene Teile zu veröffentlichen, – so wird in den nächsten Monaten manches ans Licht kommen, und im Spätsommer voraussichtlich das ganze Buch. Mittlerweile hat der Inselverlag begonnen, die ‚Aufzeichnungen aus Italien’ zu drucken; ich freue mich, diesem Band Ihnen in gar nicht ferner Zeit überreichen zu dürfen. Die Militärregierung hat ohne Zögern die Lizenz erteilt. In beiden Büchern werden Sie Mombert [d. i. der Schriftsteller und Lyriker Alfred Mombert, 1872–1942] begegnen. Daß am 4. III. in Heidelberg eine Mombert-Feier stattgefunden hat und daß auch diesmal Richard Benz die Rede gehalten hat, wissen Sie wohl [...]“. – Sehr wohlerhal400 Euro ten.

57. Ignaz Franz Castelli (1781–1862), Schriftsteller. E. Brief mit U. („IFCastelli“). Wien, 20. Januar 1844. 1 S. 4°. Mit e. Adresse (Faltbrief). – An den Botaniker, Dichter und „Aktuar der Stiftsherrschaft“ Ignaz Zwanziger (1822–1853): „Ich danke Ihnen vielmahl [!] für das mir übersandte Gedicht ‚Dornröslein’ und füge den Wunsch bei Ihre persönliche Bekanntschaft zu machen. Ich wünschte mit Ihnen Manches, sowohl in Hinsicht auf dieses Gedicht, als auch in Rücksicht Ihrer Ehrenchargen als Mitglied von Gartenbaugesellschaften zu besprechen [...]“. – Papierbedingt etwas gebräunt und mit mehreren Aus- und Einrissen und Läsuren (geringfügiger Buchstabenverlust). 240 Euro

58. Louis-Ferdinand Céline (1894-1961), Schriftsteller. E. Brief mit U. („LFCeline“). O. O., [März 1949 (?)]. 2 SS. Folio. Mit einer Beilage (s. u.). An den bretonischen Dichter Théophile Briant (1891-1956) mit spöttischen Bemerkungen über dessen geheimniskrämerische Reise nach Ägypten, Anspielungen auf Max Jacob, Alfred Dreyfus und den französischen Dichter Paul-Pierre Roux (genannt Saint-Pol-Roux) sowie einem Vergleich von Briants Zeitschrift „Le Goéland“ mit Piraten: „Alors, jouisseur, fainéant, planqué, gaulliste, barde-à-poux, t‘as rien à dire? [...] T‘as encore peur de te compromettre? [...] Combien t‘as touché en Egypte? La Peste? [...]“ – Beiliegend die Kopie oder Abschrift eines ms. Briefes an „mon vieux X“, d. i. gleichfalls Théophile Briant, dem er eindringlich und ausdrucksstark sein Martyrium in dänischer Gefangenschaft schildert, nicht ohne in teils ironischer und teils direkt beschimpfender Art und Weise seine Wut und Verbitterung über seine Situation zum Ausdruck zu bringen. Dabei spricht er immer wieder von einem H. S., der ihn verhöhnt habe, indem er ihm geraten hatte, die dänische Gastfreundschaft zu genießen. Er führt auch sogleich aus, wie diese für ihn ausgesehen hatte, nämlich 17 Monate Internierung in einem dunklen, kalten und feuchten Loch, aus dem er – dem Tode nahe – herauskam mit einer Pellagra, Geschwüren am ganzen Körper, fast blind vor Vitaminmangel, mit einer Pilzerkrankung, die seine Haut auffraß und unerträglichen Gliederschmerzen. Zu 75% kriegsversehrt! Sieben Minuten Besuch von Lucette pro Woche im Beisein zweier Wachen, Hunger, Angst, Androhung von Auslieferung und

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Galgen: „La bonne hospitalité danoise c‘est 17 mois de réclusion au cul de bas de fosse au silence total, en tel froid et huliditè[!] que j‘en suis perclus à mort. J‘en suis sorti juste avant de crever - avec une pellagre, des ulcères plein la peau, presque aveugle de manque de vitamines, une mycose (champignons) qui m‘enlevait la peau des fesses et des jambes - des douleurs de membre à hurler. […] et mutilé de guerre 75% ! Visites de Lucette 7 minutes par semaine devant 2 gardiens […]“. – All dies habe er H. S. zu verdanken, der eigentlich an seiner Stelle sein müßte. Er (Céline) habe für alle bezahlt und alles verloren, während dieser, wie auch die anderen, weiterhin alle Möglichkeiten hätten. Jetzt seien alle voll falscher Fürsorge um ihn. Er sei unschuldig, ein reiner Künstler …ein Engel, der Sündenbock hingegen H. S.: „En vérité j‘ai payé pour tout le monde. C‘est H. S. qui devrait être à ma place le sale roublard! et moi à la sienne! le sale jouisseur farceur tartuffe! […] On m‘[!] tout volé, on m‘a ôté les moyens de récupérer. […] rien ne m‘enfurie [!] davantage que cette sale fausse sollicitude de foireux planqué! ,C‘est Céline! c‘est Céline, moi je suis un innocent, un artiste pur … un ange C‘est lui le bouc!‘ […]“. – Der Brief endet mit Haßtiraden und Bekundungen zur Rache: „Les collaborateurs roublards c‘est pire cent mille fois pire que nazis, juifs, communards, et les 300 000 fiotes! Je te les ferai dégueuler de sang. […] Je me défends juste pour le sport – pour vivre assez longtemps pour régler [!] mes comptes […]“ (dat. 4. Juni 1947). – Célines eh. Brief mit Vermerk im Briefkopf „c/o Maitre Mikkelsen | Klarskorgaard Korsor“, d. i. Célines dänischer Advokat Thorvald Mikkelsen, dem der Schriftsteller vermutlich sein Leben zu verdanken hatte (vgl. Nicholas Hewitt: The Life of Céline. A Critical Biography. Oxford, Blackwell Publishing, 2000 Euro 1999, S. 255). - Kleinere Faltspuren, sonst wohlerhalten.

59. Ernst Chladni (1756-1827), Physiker; förderte die Akustik und fand die nach ihm benannten Klangfiguren. E. Brief m. U. u. e. Nachschrift, Straßburg, 7. April 1810, 3 Seiten 8°. Doppelblatt. Wohl an Gottfried Christoph Härtel von Breitkopf & Härtel in Leipzig, bei Übersendung eines Exemplars seines „Traité d’Acoustique“ sowie über seine Reise nach Italien: „[…] Hier in Straßburg habe ich ein zahlreiches und aufmerksames Auditorium gehabt, und auch sehr viele brave und freundschaftliche Menschen angetroffen […] Wenn ich nach Italien komme, werde ich suchen, Ihren Wunsch wegen Mittheilung mancher Nachrichten zu erfüllen, ich werde Ihnen auch zu rechter Zeit melden, wohin ich etwa reise […] Eigentlich habe ich eine gewisse Vorliebe für gebildete Italiener, und wie ich glaube, nicht mit Unrecht, weil auf meinen Reisen Viele von ihnen mich sehr freundlich behandeln, und auch Sinn für meine Erfindungen gezeigt haben […] Mit der Sprache komme ich ganz gut zurecht, ich habe oft genug manches von meinen akustischen Entdeckungen italiänisch demonstrirt […]“. In der Nachschrift: „Was ich auf der ersten Seite dieses Briefes von Strasburg gutes gesagt habe, können Sie, wenn Sie wollen, als eine Nachricht aus einem Briefe 1400 Euro von mir in der musikalischen Zeitung mittheilen […]“

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58. Louis-Ferdinand Céline

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60. Winston S. Churchill (1874-1965), Politiker, Schriftsteller und Nobelpreisträger. Porträtfotografie m. e. U. auf der Bildseite, o. O. u. D. [ca. 1960], 25 x 20 cm. Hüftbild des Politikers mit Hut und Stock in einem Sessel sitzend. 1200 Euro

61. Georges Clemenceau (1841-1929), franz. Staatsmann, Ministerpräsident. E. Brief m. U. (Paraphe), o. O. u. D. „B. Jeudi“ [30. Juli 1925], 2 Seiten gr.-4°. Montagespuren. Mit Umschlag. An seine Freundin Marguérite Baldensperger in Saint-Dié-des-Vosges, deren Ankunft er voller Ungeduld erwarte. „Je veux bien pleurer sur la sous-préfète et ses carottes, mais je crains fort qu’il n’y ait de plus grandes misères dans le monde et les sous-préfèts eux-mêmes ne sont que des carottiers dont la France pourrait se passer. Cela dit, je plains la pauvre femme et je consens à ce que son mari soit guillotiné. Tres difficile de s’attendrir sur des ,pauvres‘ à 17000 francs de rente. D’une manière générale je crois bon de canaliser nos pitiés. Autrement, nous perdrons avec les uns ce qu’il faudrait réserver à d’autres […]“ Im folgenden über die Arbeit an einem Buch (wohl dem im nächsten Jahr erscheinenden „Démosthène“). „[…] Je vous répète que c’est pour mes dernières corrections que je réclame une dactylo. J’ai 98 pages tout net. Cela doit être plus que suffisant. J’ai horreur des développements inutils. Je concentre au lieu de diffuser […]“ 480 Euro

62. Peter Cornelius (1824–1874), Komponist und Dichter. E. Gedicht. O. O., wohl November 1858. ¾ S. (acht Zeilen) auf Doppelblatt. Kl.-8°. Mit zweizeiliger e. Widmung auf Bl. 1. – „Der guten, lieben Fürstin Carolyne | Zum 4t November 1858“: „Und ob auch grün geblieben | Kein Blatt, das gegrünet hat: | Dein Glück sei dir verschrieben | Auf immergrünendem Blatt [...]“. – Bei der Adressatin dürfte es sich wohl um Caroline Fürstin von Sayn-Wittgenstein (1819–1887) handeln, Liszts zweite Lebensgefährtin. In ihrer beider Weimarer Domizil – dem Haus Altenburg, das zu einem Sammelpunkt von Künstlern und Gelehrten wurde – verkehrten neben Cornelius u. a. Hoffmann von Fallersleben, Richard Wagner, Hector Berlioz, Bettina von Arnim, Friedrich Hebbel, Johannes Brahms und Clara Schumann. – Bl. 1 mit kleinem Sammlungsstempel. 600 Euro

63. Gottlob Friedrich Eduard Crusius (1797–1861), Pastor und Dichter. E. Brief mit U. („GF Eduard Crusius“). Immenrode, 12. April 1840. 1 S. auf Doppelblatt. Gr.-4°. Mit e. Adresse (Faltbrief). – An den Schriftsteller und Redakteur Ignaz Hub (1810–1880): „Ew. Wohlgeboren schmeichelhafter Aufforderung, Beiträge für das deutsche Odeon zu liefern, verfehle ich nicht freundlich gehorsamst nachzukommen, und sende Ihnen vorläufig 6 kleine lyrische Gedichte. Sollten Sie Romanzen, Balladen oder kleinere Idyllen wünschen, so bitte ich gehorsamst, Sie wollen mich davon benachrichtigen [...]“.

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59. Ernst Chladni

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– G. F. E. Crusius war Pastor zu Eberholzen und Immenrode und Verfasser von u. a. „Der Besuch in Hainthal“ (Hamburg, 1839) und „Die Verlobung. Ein ländliches Gedicht in acht Idyllen“ (Sondershausen, 1844). – Papierbedingt etwas gebräunt und mit stärkeren Faltspuren; Bl. 2 mit kleinem Ausriß durch Siegelbruch (dieses erhalten) und kleinen Papierdurchbrüchen in den Faltun320 Euro gen; ohne die erwähnten Beilagen.

64. Charles Dickens (1812–1870), Schriftsteller. E. Billett mit Initialen. O. O. u. D. 1 S. (6 Zeilen) Ca. 100:110 mm. –„I shall read the pamphlet with great interest, and shall be delighted to dine with you [...]“. – Am unteren Rand etwas knapp beschnitten, wodurch die Schleife eines Schnörkels unter der Unterschrift etwas abgeschnitten ist. – Zusammen mit einem englischsprachigen Brief eines nicht identifizierten Verfassers („Ba...“) und einem e. Adreßausschnitt von Queen Victoria („Thy Lord Chancellor | The Queen“) alt auf Trägerpapier montiert (Dickens und Queen Victoria gegenseitig). – Dickens’ Billett mit kleinem Fleck und Faltspuren, das Trägerpapier stärker fleckig und lädiert. 600 Euro

65. Franz Frh. von Dingelstedt (1814–1881), Schriftsteller und Theaterleiter. E. Brief mit U. („Dingelstedt“). Wien, 5. November 1878. 1 S. auf Doppelblatt. Gr.-8°. Mit e. adr. Kuvert. – An den „berühmten Dichter“ Karl von Holtei (1798–1880): „Nächst pietätvollem Gruß ersuche ich Sie, verehrter Freund und Altmeister, Ihrem Schützling, Herrn Merz, zu melden, daß im Augenblick für ihn hier keine Chancen sind. Treten dergleichen ein, so werde ich ihn, Ihrer Empfehlung eingedenk, zu benachrichtigen nicht ermangeln [...]“. – Dingelstedt war 1867 als Hofoperndirektor und 1870 als Direktor des Wiener Burgtheaters bestellt worden, „das unter seiner Leitung eine Blütezeit erlebte“ (Czeike II, 38). „Er hat der Burg alles gegeben, was der Zeitgeschmack und das Publikum wünschten [...]“ (Haeussermann, Das Wiener Burgtheater, 50). – Auf Briefpapier mit gepr. Briefkopf der „K. K. Hofburgtheater-Direction“. – Papier300 Euro bedingt etwas gebräunt und mit kleineren Randläsuren.

66. Otto Dix (1891-1969), Maler, Graphiker. E. Brief m. U., o. O. u. D., 2/3 Seite 4°. „Anbei ein Brief von Frau LissitzkyKrigger. Die Adresse steht am Kopf des Briefes. Schreiben Sie ihr mal vielleicht wissen Sie auch, wo sich irgenwo in Deutschland Arbeiten von L[issitzky]. befinden […]“ 300 Euro

67. Milovan Djilas (1911-1995), Politiker und Schriftsteller. E. Briefkarte mit U. Belgrad, 13. April 1967. 1 Seite qu.-kl.-8°. An einen namentlich nicht genannten Adressaten. - Mit einigen kleinen Tintenwischern.

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68. Alfred Döblin (1878-1957), deutscher Arzt und Schriftsteller. E. Albumblatt m. U. O. O. 27. April 1931. 1 Seite. Gr.-8°. Aus dem Album, das zum 50. Geburtstag des Berliner Arztes Georg Wolfsohn (1881-1955) von Freunden zusammengestellt wurde: „Es ist Frühling, schönes helles Aprilwetter, – und ich denke mir, wenn ich so auf dem Balkon sitze und in die Sonne sehe: ‚Jetzt wäre es Zeit, krank zu werden’. – Ein Gruß dem Kollegen 1200 Euro Wolfsohn!“

69. Justus Johann Friedrich Dotzauer (1783-1869), Musiker. 2 e. Briefe m. U., Coburg u. Dresden, 10. Juni 1805 u. 6. Juli 1812, 4 Seiten 4°. 1 Doppelblatt, 1 Brief m. Adresse. I. Coburg, 10. Juni 1805: An einen Herrn mit der Bitte um einen Vorschuss: „[…] Da ich sehr nöthig Geld brauche, so bin ich so frey von Ihrem gütigen Anerbieten Gebrauch zu machen; und Sie zu bitten, mir mit nächster Post 10 Thl. Sächsisch Vorschuß zu senden. Jedoch, da mir mit mehr, noch ein größerer Gefallen geschieht, indem ich zu meiner bevorstehenden Reise u.s.w. viel benöthigt bin, so thue ich Ihnen folgenden Vorschlag. […] Davor verspreche ich, Ihnen längstens in einem Jahr untenstehende Musikalien zu Ihren Gebrauch zu senden. Wenn ich Ihnen etwas schlechtes übersende, haben Sie daß Recht, es retour zu senden, u. etwas anderes zu verlangen […]“ – II. Dresden, 6. Juli 1812. An den Organisten und Musikverleger Ambrosius Kühnel (1770-1813) in Leipzig: „[…] Haben Sie mich denn ganz vergeßen? Wie steht es denn mit dem Flöten-Quartett? Freylich sind jetzt abermals keine günstigen Zeiten für die großen Musikverleger, allein, an wen anderes soll sich denn der arme Autor in dieser betäubten Epoche wenden als an diese Herrn […]“ – Der Pfarrerssohn erhielt Unterricht in Violine, Klavier, Horn und Klarinette, entschied sich jedoch für das Violoncello, in dem er von dem Mitglied der Meininger Hofkapelle J. J. Kriegck ausgebildet und erst siebzehnjährig in dieses Orchester aufgenommen wurde. Als Schüler Bernhard Rombergs perfektionierte Dotzauer seit 1806 in Berlin seine Spielweise, trat 1811 als sächsischer Kammermusiker in die Dresdner Hofkapelle ein und wurde 1821 erster Solocellist. Neben Kompositionen für sein Instrument schuf er eine Reihe von Symphonien, Ouvertüren, Messen sowie eine Oper mit dem Titel „Graziosa“ (1841). 700 Euro

70. Johann Gustav Droysen (1808-1884), preußischer Historiker und Politiker. E. Brief m. U. „Joh Gust Droysen“, Berlin, 8. August [18]61, 1 Seite gr.-8°. Blaues Papier. An Wilhelm Arndt, der ihm seine in Göttingen erschienene Dissertation „Die Wahl Conrad II.“ übersandt hatte. „[...] Es hat mich sehr interessirt, Ihren Conrad zu lesen, um so mehr da mich die Kothesche Chronik jüngster Zeit mehrfach beschäftigt hat. Sie beleuchten eine Seite der Zeit Friedrichs II, die in der That noch wenig, wenigstens in ihrer politischen Bedeutung, gewürdigt ist. Wenn doch überhaupt die harte Realität mehr zu ihrem Recht

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in unserer Historiographie käme [...]“. Wünscht ihm eine baldige Dozentur: „[...] mich dünkt es thät recht wohl, daß in den Bereich, in dem Sie arbeiten, frischer Nachwuchs auf die Universitäten kommt; es scheint mir als habe das Neulutherthum eine trostlose Stagnation in den Studien gebracht [...].

400 Euro 71. Antonin Dvorak (1841-1904), Komponist. E. musikalisches Albumblatt m. U., Berlin, 13. November 1893 [richtig 1899], 1 Seite quer-8°. Gewidmet an „Herrn [Arthur] Nikisch zur freundlichen Erinnerung“ mit 3 Takten aus seiner symphonischen Dichtung „Heldenlied“ (op. 111) überschrieben mit „Allegro“. – Nikisch hatte am 13.11. in Berlin Dvoraks „Heldenlied“ dirigiert und der Komponist war dabei persönlich anwesend. – Das Werk zählt zu den letzten großen Kompositionen Dvoraks und sollte sein letztes Orchesterwerk werden. – Korrektur des Datums, da das Werk erst 6500 Euro im Jahre 1897 komponiert wurde. – Sourek 373.

72. Elizabeth Eastlake (1809–1893), Kunstkritikerin und Schriftstellerin. E. Brief mit U. („Elz Eastlake“). Edinburgh, 16. Oktober 1873. 4 SS. auf Doppelblatt. Gr.-8°. – An eine Louise: „Ihre so furchtbar unerwartete und Herzzerreißende Botschaft traf mich hier in Edinburgh als ich Gestern Abend vom Norden Schottland’s ankam, meine liebe Louise. Es hat mich ganz niedergeschlagen, trotzdem daß solche Schläge mir nicht mehr fremd sind. Was kann ich sagen! Meine Thränen fließen mit den Ihrigen – mein Gebet ist für den armen Gatten – für die liebende Mutter u. Schwestern [...] Ich kann es nicht fassen! Meine geliebte Anna! so glücklich u. noch mehr Glück erwartend! Gottes Wille geschehe! [...]“ – Auf Briefpapier mit schwarzem Trauerrand; mit kleineren Faltspuren und Läsuren. – Aus der Autographensammlung von Eduard Fischer von Röslerstamm mit dessen e. beschriebenem Archivzettel.

180 Euro 73. Marie von Ebner-Eschenbach (1830-1916), Schriftstellerin. 10 e. Briefe m. U. und 1 Brief m. e. U., Wien, Zdisslavics, Löschna, Rom u. o. O., 24. Januar 1880 bis 21. September 1911. Zusammen ca. 20 Seiten zum überwiegenden Teil 8o, darunter ein Faltbriefe. Einige kleinere Läsuren. Mit 6 Umschlägen. An verschiedene Adressaten, zumeist Verehrer ihrer literarischen Arbeiten. I. Wien, 31. Dezember 1885. An einen befreundeten Schriftsteller. „[…] Unendlich mehr Freude als ich jemals von ihr erwartet hätte, bringt meine, wahrlich bescheidene Schriftstellerei mir in meinen alten Tagen ein. Aber auch so manches Leid, hauptsächlich deshalb weil ich ihr nur die Abfälle meiner Zeit, nur gestohlene Stunden widmen darf […]“ – II. 8. Feburar 1895. An den Intendanten des Weimarer Hoftheaters, Hans Bronsart von Schellendorf, wegen eines Dramas („König Philipp und seine Frauen“), das ihr der Schriftsteller Karl Federn zugesandt hatte. „[…] nie wäre mir der

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68. Alfred Döblin

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Gedanke gekommen das Drama […] der hochverehrten Frau Prinzessin von Reuß zu empfehlen. Ein Irrthum muß also in der Sache […] obwalten […]“ – III. Löschna,13. September 1904. An Hermine Lang, die in Karlsbad mit dem Ehepaar Paul Heyse zusammengetroffen war. „[…] Heyse sorgt dafür, daß man seiner immer von neuem in Dankbarkeit u. Bewunde- rung gedenkt. Mit Entzücken habe ich sein ‚Wintertagebuch’ gelesen […] Ich beabsichtige […] im Laufe des November die ewige Stadt noch ein letztes Mal aufzusuchen […]“

800 Euro 74. Ilja Ehrenburg (1891-1972), russ. Schriftsteller und Journalist. E. Brief m. U., „I. Ehrenburg“, Paris, 17. November, ohne Jahresangabe (vermutlich um 1930), eine Seite 4°. Zusammen mit Porträtzeichnung auf stärkeren Untersatz aufgezogen. An seinen Prager Übersetzer, den er fragt, ob die tschechische Ausgabe von „Lasik“ schon verbreitet sei: „[…] je vous envoie comme une curiosité la lettre d’un éditeur de Prague. Est-ce que l’édition Tcheque de ‚Lasik‘ est si peu repandue? Je serai à Prague vers le 6-9 decembre […]“ Der Roman „Das bewegte Leben des Lasik Roitschwantz“ ist 1929 erschienen. 180 Euro

75. Albert Einstein (1879–1955), Physiker und Nobelpreisträger. E. Albumblatt mit U. („A. Einstein“). O. O. u. D. [Wohl März 1929]. ½ S. 8°. – „Herr, verzeiht mir das Plagiat, | Das ich Ihnen mausen that | Ganz beschämt schleich’ ich mich fort | Lass dem Gegner nur das Wort“. – Auf der Rückseite einer faksimilierten Dankeskarte an Gratulanten zu seinem 50. Geburtstag am 14. März 1929. – Etwas angestaubt bzw. fleckig. 5000 Euro

76. Albert Einstein (1879–1955). Sammlung von 51 (davon 41 e. und 10 ms.) Briefen und 24 e. (Bild-)Postkarten mit und 1 ohne U. Zürich, Berlin, Kiel, Zuoz, Caputh, Princeton, Saranac Lake (New York) u. a., ca. 1909 bis 1951. Zusammen 90½ SS. Mit 4 ms. adr. Kuverts. Mit einigen Beilagen (s. u.). – Umfangreiche Korrespondenz der „Person of the Century“ (TIME) mit seiner (später geschiedenen) Gattin Mileva EinsteinMaric (1875–1948) und seinen Söhnen Söhne Hans Albert (1904–1973) und Eduard (1910–1965) sowie vereinzelt anderen Adressaten. Die etwas mehr als vier Jahrzehnte umfassende Korrespondenz beginnt in Zürich, wohin Einstein 1909 als Professor für theoretische Physik berufen worden war, und endet in Princeton im Juni 1951 mit dem Tod von Einsteins Schwester Maria (geb. 1881). Dazwischen liegen – neben zwei Weltkriegen – mannigfache familiäre, berufliche und räumliche Veränderungen, die in diesen in sehr vertrautem Ton gehaltenen Briefen allesamt reflektiert werden, seien es die leidvollen letzten Ehejahre (I), die finanzielle Absicherung von Frau und Kindern nach der Scheidung (II und III), seine Arbeit (IV), die Veranlagung des Nobelpreisgeldes (V) oder das berufliche Fortkommen seines Sohnes Hans Albert, der 1938 mit seiner Familie in die USA emigriert war (VI). – I: „[...] Deine Dro-

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71. Antonin Dvorak

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hung, ‚den Beistand anderer Leute zu suchen’[,] habe ich gebührend notiert; ich weiss sehr wohl ohnedies, aus Deinem früheren Verhalten, was ich von Dir zu erwarten habe. Es wird mich nichts überraschen, was Du auch thun magst. Meine Kinder hast Du mir weggenommen und sorgst dafür, dass ihre Gesinnung dem Vater gegenüber vergiftet ward. Auch andere Menschen, die mir nahe stehen, wirst Du mir nehmen, [mir] überhaupt in jeder Weise das zu vergiften suchen, was mir an Lebensfreude übrig geblieben ist. Dies die gerechte Strafe für meine Schwäche, die mich mein Leben an das Deine ketten liess [...]“ (an Mileva, Br. v. 15. September 1914). – II: „Für 40000 M Wertpapiere gehen für Dich dieser Tage an den Schweizer Bank-Verein Zürich für Dich [!] ab. Ich bitte Dich nun, den Vertrag zu senden und die Scheidung einzureichen. Die Hinterlegung von M 20000, deren Zinsen für den Fall meines Ablebens Dir zukommen sollen, wird morgen erfolgen [...]“ (an Mileva, Br. v. 23. Mai 1918). – III: „[...] Ich will noch mehr thun, als ich mich damals verpflichtete: 1) 5600 M jährliches Geld für Euren Verbrauch 2) Deponieren meines Prager Geldes sowie 6000 Mark hier gemachte Ersparnisse zugunsten unserer Kinder an einem von uns beiden gebilligten Orte. 3) Deponieren von mindestens 3000 M jährlich zur Schaffung des damals vorgesehenen Reservefonds. Indem ich mich derart auf Stroh lege, beweise ich Dir, dass mir das Wohl meiner Buben vor allem andern in der Welt am Herzen liegt. Auch persönlich bin ich in erster Linie für sie da. Unsere Scheidung hat mit meiner Beziehung zu den Buben nichts zu schaffen. Dies ist eine ganz sonderbare Auffassung von Dir [...] (an Mileva, Br. v. 12. März o. J. [wohl Frühjahr 1919]). – IV: „[...] Ich arbeite viel, aber der böse Geist führt mich im Kreise herum, sodass ich immer noch nicht weiss, ob meine neue Theorie der Elektrizität was taugt oder nicht […]“ (an Mileva, Br. v. 4. Juli 1929). – V: „Dieser Tage gehen 45000 fr an Albert Karr aus Stockholm für Dich ab für die Anzahlung bei dem Hauskauf. Da es schnell gehen muss, muss ich mich hiebei auf Eure und Eurer Freunde Vorsicht verlassen. Der Rest wird in argentinischen, schwedischen und dänischen Dollaranleihen auf Deinen Namen in New York bei einer Bank deponiert, wenn Du nicht durch Telegramm verhinderst, dass die Deponierung auf Deinen Namen erfolgt. Ich habe alles gut und vorsichtig gemacht. Macht auch Ihr Eure Sache gut! [...]“ (an Mileva, Postkarte v. 23. Mai 1923). – VI: „Du wirst sicher Deine Bürgerpapiere baldigst erhalten, da nun alle Bedingungen erfüllt sind, und es durch keine Instanz mehr zu gehen hat. Wenn Du nach Pasadena gehen möchtest, so dürfen die Umzugskosten kein Hinderungsgrund sein. Ich würde Dir das bezahlen. Es schiene mir nämlich gut, wenn Du bei Deinem Fache bleiben könntest, in das Du so gut eingearbeitet bist. Auch ist zu bedenken, dass nach Beendigung des Krieges der Andrang der Arbeitskräfte ungeheuer sein wird, sodass es gut ist, wenn man jetzt etwas Dauerndes findet [...]“ (aus einem undatierten, zwischen 1939 und 45 verfaßten Brief an Hans Albert, der als Forschungsingenieur an der Agricultural Experiment Station (Landwirtschaftliche Versuchsanstalt) in Clemson, South Carolina, tätig war, später

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75. Albert Einstein

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als Forschungsingenieur am California Institute of Technology in Pasadena und 1947 eine Assistenzprofessur an der University of California, Berkeley, erhielt, wo er schließlich auch ordentlicher Professor für Hydraulik wurde). – Beilagen: I: Je ein eigenhändiger Brief seiner Söhne Hans Albert und Eduard sowie eine e. Postkarte seines Sohnes Eduard, alle mit e. Nachschrift (11, 14 und 11 Zeilen) mit U. Berlin, [Zuoz (Graubünden)] und o. O., 1927. Zusammen (1+1+1=) 3 SS. auf 3 Bll. 4° und 8°. – II: Fritz Haber (1868–1934), Chemiker; Nobelpreisträger; entwickelte die Ammoniaksynthese. 3 Briefe mit e. U. („Fritz Haber“ u. „Haber“). Berlin, 1924. Zusammen 6 Seiten. Folio. An Mileva wegen finanzieller Details betr. ihrer Scheidung. – III: Hans Albert Einstein. E. Briefentwurf (Bewerbungsschreiben). O. O., 1930. 2 SS. Qu.-8°. – IV: Ladenburg, Thalmann & Co. Ms. Brief an Mileva Einstein. New York, 28. Februar 1924. 1 S. 4°. – Einsteins Briefe und Karten sind (sofern nicht an Mileva, Hans Albert oder Eduard) an einen Prof. Dr. B in Karlsruhe (Brief aus [Zürich, zwischen 1909 und 1911], an den Staatsanwalt Dr. Zürcher in Zürich (Postkarte aus Berlin vom 7. Januar 1920) und an das Bankhaus Ladenburg Thalmann & Co. in New York (Brief aus Berlin vom 1. Februar 1924) gerichtet.

250000 Euro 77. Kurt Eisner (1867–1919), Politiker und Schriftsteller. Postkarte mit e. U. Berlin, 7. März 1901. 1 S. 8°. Mit e. Adresse. – An Hans Franke & Co. in Berlin: „Wir bedauern Ihrem Wunsche nicht entsprechen zu können [...]“. – Auf Briefpapier mit gedr. Briefkopf und mit Stempel der Redaktion des „Vorwärts“; etwas angestaubt und unfrisch, im ganzen jedoch wohlerhalten. – Beiliegend einige Zeitungsausschnitte. 600 Euro

78. Fanny Elssler (1810–1884), Tänzerin. Visitenkarte mit mehreren e. Zeilen. [Wien], 23. November 1879. 2 SS. Visitkartenformat. – An einen namentlich nicht genannten Adressaten: „Ich habe mich gestern so gefreut[,] Sie lieber Freund, nach Langem wieder zu sehen, daß ich mir heute gleich erlaube, Sie für Mittwoch den 26. d. um halb 4 Uhr zu einem Mittagessen zu bitten [...]“. 320 Euro

79. Hans Magnus Enzensberger (1929- ), Schriftsteller, Übersetzer und Redakteur. E. Manuskript. O. O. u. D. [1963]. Spiralblock mit beschr. Deckblatt und 36 meist ganzs. beschr. Seiten auf 38 Bll. Gr.-8°. – Notizen und stichwortartige Notate zu dem politischen Essay „Rafael Trujillo. Bildnis eines Landesvaters“: „Abkommen zwischen trujillo & duvalier | offizierie, ehrencompagnie, | bajonette. grenzaufnahme. | schräggehende herren. | offiziere mit sonnenbrillen. | unterzeichnung. | vertragstext & einband| molinas & duvalier | wagenauffahrten. phalanx von staatsmännern [...]“. – Einige Bll. lose. – Selten in dieser Form. 1800 Euro

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80. Nanny von Escher (1855–1932), Schriftstellerin. E. Brief mit U. Langnau am Albis, 14. November 1919. 1 S. Gr.-8°. – An einen namentlich nicht genannten Adressaten: „Da Sie mich in Ihren liebenswürdigen Zeilen [...] so freundlich auffordern, einen Beitrag für ‚Wissen u. Leben’ einzusenden, habe ich mein neustes Gedicht für Sie ins Reine geschrieben. Was Prosa anbetrifft, so hätte ich zur Stunde nur ‚Tagebuchblätter’ anzubieten, und ich weiß nicht, ob Ihnen mit solchen gedient wäre? Ich gebe sie portionsweise den Zeitschriften ab, bevor sie gesammelt bei Dr. A. Francke in Bern erscheinen [...]“. – Nanny von Escher war von Conrad Ferdinand Meyer, Friedrich von Bodenstedt und Gottfried Keller zum Schreiben angeregt worden und veröffentlichte 1895 einen ersten Band „Gedichte“, dem Beiträge für Zeitungen und Zeitschriften folgten. „Mit dramatischen Werken (‚Die Escher auf Wülfingen’, 1908), Erzählungen (‚Frau Margaretha’, 1917) und kulturgeschichtlichen Essays (‚Aus Zürichs Vergangenheit und Gegenwart’, 1928) wurde sie zur literarischen Chronistin des alten Zürich und seiner Menschen“ (DBE). – Papierbedingt gebräunt und mit kleinen Randläsuren; mit einer klei280 Euro nen Notiz d. Adr. am oberen Rand der Recto-Seite.

81. August Euler (1868–1957), Flugpionier. E. Bildpostkarte mit U. O. O., 15. Januar 1950. 1 S. Qu.-8°. – An einen Herrn Auer: „Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. Leider habe ich solche Briefmarken nicht mehr sonst erhielten Sie sie [...]“. – August Euler war Automobilkonstrukteur in Dresden und später Direktor der „Peter’s Union Pneumatic AG“ in Frankfurt a. M. „Seit 1890 widmete er sich der Verbreitung des Fahrrads. Von 1900 an Automobilist, beteiligte sich Euler an ersten Autorennen und wandte sich seit 1908 der Fliegerei zu. In der von ihm im selben Jahr gegründeten Flugzeugfabrik baute er die ersten deutschen Motorflugzeuge“ (DBE). 1909 erhielt er den deutschen Flugzeugführerschein, wurde als Fluglehrer bekannt und stellte 1910 einen Dauerflugrekord von über drei Stunden auf. Nach dem Ersten Weltkrieg leitete er bis 1920 das neugegründete Reichsluftamt, schuf die erste Luftverkehrsordnung und erwirkte die Zulassung der ersten Luftverkehrsunternehmen. – Die Bildseite mit einer Aufnahme von Eulers Zweidecker a. d. J. 1910 und e. Bildtext „Das war der Gelbe Hund“. 300 Euro

82. Henriette Feuerbach (1812-1892), Schriftstellerin. E. Brief mit U. Nürnberg, 10. Februar 1880. Kl.-8°. 3 Seiten. Mit Trauerrand. An Frau von Herder in München: „[...] Ich muß in diesen Tagen nach München, um eine Abmachung zu treffen. Wollten Sie wohl so freundlich sein und mich eine Nacht bei sich aufnehmen? Ich komme abends 9 Uhr mit dem Eilzug und gehe andern Mittags um 12 glaube ich, wieder nachhause. Anfangs gedachte ich morgens 3 Uhr hier weg und in einem Tage hin und her zu gehen, aber es könnte mir doch unterwegs schlecht werden. So nehme ich Ihre Güte in Anspruch. Ich brauche gar kein Bett – Seit Anselms Tod kann ich mich nicht zum festen Bettliegen entscheiden – nur ein Sofaplätzchen.

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Und bitte, Niemanden ein Wort sagen! Ich möchte Niemand sehen. Elisabeth ist wohl so gut vormittags mit mir zu Hanfstängl zu gehen. Sie brauchen mir nicht zu antworten, wenn es Ihnen recht ist [...]“ – Henriette verkehrte im Haus des Juristen Paul Johann Anselm von Feuerbach heiratete 1833 dessen verwitweten Sohn Joseph Anselm. Nach dem Tod ihres Mannes ging sie 1852 mit ihrer Tochter nach Heidelberg, 1876 nach Nürnberg und 1880 nach Ans250 Euro bach. – Minimale Randschäden.

83. Johann Gottlieb Fichte (1762-1814), Philosoph. E. Brief m. U., o. O. u. D. [wohl Berlin, nach 1801], 1 Seite 4°. Mit e. Adresse. Doppelblatt. Seitlich montiert. An den Berliner Buchhändler und Verleger Georg Reimer, den er um finanzielle Hilfe für einen Freund bittet: „[…] Ich kam zu Ihnen, theils um Ihnen beigeschloßenen Brief von Gabler zu Jena zu übergeben, und zu sehen, ob, wie es mir durch meinen zugleich erhaltenen wahrscheinlich ist, der Inhalt desselben etwa eine Unterredung zwischen uns beiden erfordert. Theils bin ich durch einen sehr lieben und interessanten Freund, der morgen Abend abreißt, gebeten, beigeschloßenen Wechsel wo die Handschrift des Ausstellers mir bekannt ist zu verkaufen. Käufer, denen er schon angeboten, wollen erst Aviso erwarten, welches der Besitzer desselben nicht erwarten kann. Ich muß helfen, und kann es nicht, ohne mich selbst, möglicher Weise wenigstens, in Verlegenheit zu bringen. Sie fielen mir bei. Sie können vielleicht helfen ohne Verlegenheit. – Ich erwarte hierüber Ihre Antwort baldmöglichst […] Verzeihen Sie dieses letzte Schreiben der ungewohnten Feder.“ – Fichte veröffentlichte seine Schriften seit 1801 bei Reimer. Fichte wurde 1799 aus seiner Jenaer Professur entlassen. Noch im gleichen Jahr zog er nach Berlin, wo er als Privatgelehrter lebte. 2300 Euro

84. Film/Bühne. 50 Porträtfotografien m. e. U., Berlin, Zürich, Basel, 1935-1950, 13 x 18 cm u. 20 x 30 cm. Zumeist Rollenfotografien der einzelnen Darsteller, tlw. mit namentlicher Widmung an den Theatermitarbeiter Richard Vogel. Volker von Collande schrieb z.B. „Meinem ‚Kollegen’ Richard Vogel zur Erinnerung an Anstorius und Sänger, herzlichst Volker von Collande, 11.III.41“. Desweiteren finden sich darunter signierte Fotografien von Maria Andergast (3x), Ewald Balser, Willi Birgel (5x), Volker von Collande, Paul Dahlke, Anna Dammann, Karl Ludwig Diehl, Oscar Dimroth, Käthe Dorsch, Agnes Fink, Loni von Friedl, Ursula Grabby, Dinah Grace, Frieda Haerlin (2x), Carla Hagen, Karl Hellmer, Christiane Hörbiger, Karl John (2x), Christian Kayssler u. Eva Lissa, Hilde Krahl (U. durchgestrichen), Elfriede Kuzmany (4x) u. Otto Woegerer, Elisabeth Lennartz, Else Ludwig, Hertha Mayen, Kurt Meisel, Lola Müthel (2x), Marika Rökk, Angelika Salleker, Werner Stock, Maria Magdalena Thiesing, Heinrich Troxbömker, Anneliese Uhlig, Mathias Wieman (2x), Otto Woegerer (3x), Josef Zeilbeck (2x) u. Sonja Ziemann. Schöne Sammlung. Zumeist sehr gut erhalten. 850 Euro

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85. Edwin Fischer (1886-1960), Musiker und Dirigent. Eigenhändige Kompositionsskizzen in einem Notenheft, auf dem Titelschildchen eigenhändig bezeichnet „Edwin Fischer, / Friedenau, 1, Blankenbergstr. 1 / Noten-Skizzen 2. / 1910 - “. Kl.-4°. 6 nn. Bl., davon 7 Seiten mit Bleistift beschrieben. Blauer Kartonumschlag mit Deckelschildchen, der Rücken mit einem schwarzen Klebeband verstärkt (dieser teilweise gelöst, das Schildchen gebräunt und mit kleinem Ausriss). Aus der ersten Berliner Zeit Fischers. Skizzen zu einer offenbar mehrsätzigen Komposition („Alpen-Symphonie“?) sowie für zwei (?) weitere Kompositionen. Die Eintragungen nehmen jeweils nur die obersten zwei bis fünf Zeilen ein, nur die vierte Seite ist ganz beschrieben. Die beiden obersten Zeilen der dritten Seite sind durchgestrichen. Als Einleitungen und Themata der verschiedenen Sätze notiert Fischer am Kopf der Seiten folgende : „I. Satz. Einleitung“, „II Thema Vision. Ruhe Fugenthema“, „II Satz As Dur Berge-Wengen“, „III Satz Minnesänger an einem kühlen Morgen im Garten“, „Finale Wach auf (Morgens Erzählung vom Frühling, vom Tage, vom)“, „Wenn der kleine Rieselschnee“ und „Erzählen des I Satzes (Rückblick) Gerettet“ (dies letztere ohne Noten). – Fischer war, nach seiner Ausbildung zum Pianisten bei Hans Huber in Basel, Lehrer am Sternschen Konservatorium Berlin sowie am Musikinstitut für Ausländer in Potsdam, wo er als Leiter der Sommerkurse grossen Einfluss auf junge Pianisten aus der ganzen Welt ausübte. Zu seinen Schülern zählten u.a. Daniel Barenboim und Alfred Brendel. Fischer spielte als erster das gesamte „Wohltemperierte Klavier“ für eine 800 Euro Schallplattenaufnahme ein (1933-1936).

86. Friedrich Frh. von Flotow (1812–1883), Komponist. E. Tantiemenrechnung mit Eigentumsrechtsvermerk und U. O. O., 1874. 2 SS. auf Doppelblatt. 8°. – Tantiemenrechnung für u. a. „Martha“ und „Alessandro Stradella“ in Deutschland, „L’ombre’ in Paris sowie einige Etüden. Weiters mit mehrzeiligem Vermerk zum Eigentumsrecht „der Melodie folgender Composition: ‚Der Blumen Rache’ Ged. v. Freiligrath“, das er „auf immer währende Zeit für Deutschland u. Österreich an H. Hugo Bock Hof. Mus. Handlung Berlin“ 1500 Euro überträgt.

87. Friedrich Baron Fouqué de la Motte (1777-1843), Schriftsteller. E. Brief m. Namenszug als Absender, Halle an der Saale, 12. September 1839, 1 Seite 4°. Mit rückseitiger Adresse und Poststempeln. An Heinrich Meyer (1812-1863) in Braunschweig, Herausgeber des „Gutenbergs-Album“ (1840): „Ew. Wohlgeboren sende ich hier nach Ihrem […] Wunsche einen Beitrag zum Gutenberg Album ein. Möge doch diesmal das Sprüchwort eintreten. Was lange währt wird gut. Daß es eben so lange damit gewährt hat, lag nicht an meinem üblen Willen, sondern wirklich an dem Nichteintreffen Ihrer zwei frühern Briefe. Dennoch kam eine mündliche Einladung an mich durch einen der hiesigen Gelehrten, aber ich weiß mich jetzt nicht gleich zu erinnern, welcher […] es war. Ich zeigt mich bereitwillig; weil jedoch viel es mich außerdem

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Bewegenden dazwischen kam, und ich nicht wiederholt daran erinnert ward, trat er mich so ergreifende Gedanke wiederum hinter andere Gegenstände zurück. So komme ich denn spät, aber voll nicht minderer Theilnahme an Ihrem würdigen Unternehmen […] Sollte sich in Braunschweig etwa ein solider Verleger finden, so würden Sie mich verpflichten, wenn Sie mich mit ihm in Verbindung setzen wollten. Es liegen mir eine Mscte. druckfertig, theils mindern Umfangs. Ohne Honorar gebe ich nichts, bin aber auch mit sehr mäßigem Honorar zufrieden […]“ – Fouqués Beitrag, ein Gedicht mit dem Anfang „Herr Gutenberg, der edle Meister“, findet sich in der genannten Veröffentlichung auf den Seiten 40-41. – Unterschrift ausgeschnitten. Kleiner Siegelausschnitt. 500 Euro Bräunung am Oberrand.

88. César Franck (1822–1890), Komponist. E. Brief mit U. O. O. u. D. 1 S. Kl.-8°. – An einen namentlich nicht genannten Adressaten mit der Bitte, am Samstag nur zwischen 8 und 4 Uhr zu kommen. Er habe in St. Clotilde Hochzeiten, die seine Unterrichtsstunden völlig durcheinander brächten: „J’ai des mariages à Ste Clotilde qui troublent absolument mes leçons [...].“ 400 Euro

89. Robert Franz (1815–1892), Dirigent und Komponist. E. Brief mit U. („Rob. Franz“). Halle, 7. März 1872. 4 SS. auf Doppelblatt. Gr.-8°. – An einen namentlich nicht genannten Adressaten: „Ueber Ihre Mittheilung bin ich außer mir! Niemals hat es in meiner Absicht liegen können, direkt oder indirekt Ihre Concertangelegenheiten zu schädigen. Als ich mich an Frl. [der Name der Betreffenden, wohl Doni[n]ger, alt ausgeschabt] mit meiner Bitte wandte, konnte ich unmöglich wissen, daß sie bereits Verpflichtungen übernommen hatte: ich frug ja nur an, ob überhaupt Aussicht auf ihre Unterstützung vorhanden sei. Sie sagte fernmündlich zu, jedoch nur unter der Bedingung, daß unsere Aufführung nach dem 12t. März stattfinden müsse, weil sie an diesem Tage in einem Ihrer Concerte mitzuwirken habe [...]“. – Bei dem im Folgenden wiederholt namentlich aufscheinenden „Frl. Doniger“ könnte es sich um die um 1873 nachweisbare Schauspielerin und Sängerin Lina Doninger handeln. – Robert Franz war seit 1842 Dirigent der Halleschen Singakademie gewesen, die unter seiner Leitung eine bedeutende Stellung im kulturellen Leben der Stadt einnehmen sollte; 1867 mußte er jedoch sein Amt wegen Schwerhörigkeit aufgeben. „Durch eine Ehrengabe in Höhe von 30 000 Talern, welche der Sänger Frhr. Senfft v. Pilsach, einer der treuesten Freunde des Meisters, 1873 aus privaten Mitteln zusammenbrachte, wurde er aller Not enthoben. Während der vergangenen Jahrzehnte mehr und mehr als Liederkomponist hervorgetreten, beendete Franz sein Schaffen 1884 mit seinem Liederheft op. 52 und schloß die Reihe seiner Kompositionen 1886 mit einem 4stimmigen Trinkspruch für Männerchor“ (MGG IV, 816f.). – Mit kleineren Montagespuren und Schabstellen (der erwähnten ebenso wie der Name des Adressaten), Läsuren und Ein- bzw. Ausrissen. 480 Euro

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90. Ferdinand Freiligrath (1810–1876), Lyriker und Übersetzer. Visitkarte mit faksimiliertem Namenszug und vier e. Zeilen. O. O. u. D. 1 Seite Carte d’Visite-Format. – An einen namentlich nicht genannten Adressaten: 350 Euro „Mit großem Vergnügen! [...]“

91. Sigmund Freud (1856-1939), Mediziner und Begründer der Psychoanalyse. Ms. Brief mit e. U. („Freud“). Wien, 14. April 1924. 1 S. Gr.-8°. An den Politiker, Mathematiker, Geophysiker und Arktisforscher Otto Juljewitsch Schmidt (1891-1956), der damals Direktor des russischen Staatsverlages war, über die Übersetzung der „Traumdeutung“ ins Russische: „Der russische Bücherverlag ‚Grani‘ in Berlin hat sich an meinen Verleger F. R. Deuticke in Wien mit dem Vorschlag gewendet, eine russische Uebersetzung meiner ‚Traumdeutung‘ erscheinen zu lassen. Ich habe mich entschlossen, dieselbe erst dann zu autorisieren, wenn ich höre, dass Sie selbst keine Absicht auf dieses Buch haben. Im anderen Falle würde ich natürlich das Erscheinen im Staatsverlage von vertrauenswürdigen Uebersetzern bei weitem vorziehen [...] Im Falle Sie das Buch übernehmen, fände ich es recht und billig, dass Sie trotz des gesetzlosen Zustandes dem Verleger eine Entschädigung geben [...]“. – Im Staatsverlag waren einige von Freuds Werken in der Reihe „Psychologische und psychoanalytische Bibliothek“ erschienen. Als Band 6 war „Totem und Tabu“ im Jahr zuvor veröffentlicht worden. Als Übersetzer von Freuds Werken zeichnete der Psychoanalytiker Mosche Wulff (1878-1971) verantwortlich, der 1927 ans psychoanalytische Sanatorium in Berlin-Tegel gehen sollte, in dem sich auch zeitweise der an Krebs erkrankte Freud aufhielt. - Auf Briefpapier mit gedr. Briefkopf. – Leicht angestaubt und mit geringen Faltspuren, sonst wohlerhalten. 5000 Euro

92. Egon Friedell (1878–1938), Schriftsteller. E. Faltbrief mit U. Wien, [24. März 1914]. ¾ S. 8°. Mit e. Adresse. – An den Verleger und Buchhändler Carl Wilhelm Stern (1873–1942) in Wien: „Leider muß ich Donnerstag zu einem Vortrag u. bitte Dich daher, erst nächste Woche zu kommen, u. mir zu schreiben, welcher Tag Dir paßt [...] Dein Egon“. – C. W. Stern war seit 1899 Inhaber der Buchhandlung L. Rosner und hatte Friedells und Alfred Polgars „Goethe. Eine Szene“ (1908) sowie Friedells „Von Dante zu d’Annunzio“ (1915) verlegt. – Papierbedingt leicht gebräunt und etwas fleckig; mit Absenderstempel. 300 Euro

93. Friedrich II., der Grosse, König (1712-1786). Schriftstück m. e. U. „Federic“, Potsdam, o. D., 1 Seite 4°. Kassenabrechnung der „Landrenthey“. Ein Überschuß von 36.314 Talern und 18 Groschen „sera payé aux Employés sur leurs quittances an prorata du tems qu’ils auront été en place suivant qu’il est fixé […]“ – Leicht schadhaft. 600 Euro

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91. Sigmund Freud

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94. Karl Ritter von Frisch (1886–1982), Biologe, Zoologe und Nobelpreisträger. E. Manuskript (Fragment) mit e. Grußzeile, Quellenangabe und U. („K. Frisch“). O. O. u. D. 1 S. Gr.-4°. – Aus seinem 1976 im Verlag Rowohlt erschienenen Buch „Zwölf kleine Hausgenossen“ (eine erweiterte Fassung der 1947 erstmals erschienenen „Zehn kleinen Hausgenossen“): „Der Entwicklungsgang der Blattlausarten kann hundertfältig variieren. Aber wir überlassen diese Einzelheiten lieber der Gelehrsamkeit der Fachleute und betrachten die Sache lieber noch von einer anderen Seite [...]“. – Karl von Frisch erhielt 1973 gemeinsam mit Konrad Lorenz und Nikolaas Tinbergen den Nobelpreis für Physiologie oder Medizin für „ihre Entdeckungen zur Organisation und Auslösung von individuellen und sozialen Verhaltensmustern“. – Widmung, Quellenangabe und U. in rotem Kugelschreiber, sonst mit blauer Tinte bzw. Kugelschreiber; 400 Euro mit kleinen Läsuren am linken Rand.

95. Konrad Heinrich Fuchs (1803–1855), Mediziner. 2 e. Briefe mit U. Zürich und Göttingen, 1850 und 1852. Zusammen 2 Seiten auf 3 Bll. 4° und 8°. Ein Br. mit e. Adresse. – Lt. beiliegender Sammlungsbeschreibung an Karl Ewald Hasse (1810–1902) betr. einer Terminvereinbarung (Br. v. 3. September 1850) bzw. in Sachen eines Aufrufs gegen die „Absetzung der 10 Professoren“ in Kiel: „[...] man will in den Herzogthümern alles deutsche u. in. spec. die Universität u. die selbständige deutsche Wissenschaft vernichten [...]“ (Br. v. 20. Juni 1852). – Fuchs war Professor der Pathologie und Dirigent der Poliklinik Würzburg, wurde 1838 nach Göttingen berufen und leitete dort anfangs zusammen mit Johann Wilhelm Heinrich Conradi, seit 1843 dann allein die Medizinische Klinik. Er veröffentlichte u. a. ein „Lehrbuch der speziellen Nosologie und Therapie“ (1844–47), in dem er die systematisierende Richtung der naturhistorischen Schule vertritt. – Karl Ewald Hasse war 1839 außerordentlicher Professor der pathologischen Anatomie in Leipzig geworden, wurde 1844 nach Zürich als medizinischer Direktor der Kantonalkrankenanstalten und Professor der medizinischen Klinik und Pathologie berufen und lehrte später als ordentlicher Professor für spezielle Pathologie an der Medizinischen Klinik Heidelberg und in gleicher Stellung in Göttingen, wo er als Direktor der Medizinischen Klinik bis 1878 tätig war.

350 Euro 96. Ottheinrich Graf Fugger (1592-1644), Militär. Brief m. e. U., o. O., 18. April 1628, 9 Seiten Folio. Mit Adresse. Doppelblatt. Gering gebräunt u. moderig, Faltspuren, einige hinterl. Risse. Ausführliches Schreiben an Hans Fugger d. J., Graf zu Kirchberg u. Weissenhorn, eine komplizierte Transaktion mit Spanien und den daraus resultierenden gerichtlichen Prozess betreffend. Mit Erwähnung von Marx und Jakob Fugger. – Fugger trat 1617 in den spanischen Militärdienst ein und kämpfte gegen Venedig, wurde 1619 Oberst eines spanischen Regiments in Böhmen und nahm unter Wal-

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lenstein an verschiedenen Schlachten teil. 1631 wurde er Generalwachtmeister, 1632 Generalzeugmeister und Artilleriegeneral und kämpfte unter Tilly in Franken und Schwaben. Seit 1635 kaiserlicher Gouverneur von Augsburg, wechselte er den protestantischen Rat durch einen katholischen aus.

700 Euro 97. Niels Wilhelm Gade (1817–1890), Komponist und Dirigent. E. Brief mit U. („Nils W. Gade“). O. O. u. D. („Løverdag“). 1 Seite auf Doppelblatt. Mit eh. Adresse. – An Hans Christian Andersen (1805–1875) mit einer Einladung zu Tisch für kommenden Montag: „Mandag Middag spise nogle af mine godeVenner hos os, det ville glæde os meget at se Dem ogsaa. Ventende et ‚bejahende’ Svar Deres Niels W Gade“. – Beiliegend ein ms. Brief mit eh. U. Knud Ottosens von d. Universität Aarhus an einen Vorbesitzer des Blattes betr. dessen Übersetzung (diese in englisch sowie als Umschrift beiliegend). – Mit kl., von alter Hand stammendem Vermerk zum Verf. am unteren Rand von Bl. 1 recto; Bl. 2 mit kl. Ausr. durch Öffnen der Verschlußmarke. 1200 Euro

98. Francis Galton (1822–1911), Naturforscher und Schriftsteller. E. Brief mit U. [London], 1. November 1905. 2½ SS. auf Doppelblatt. 8°. – An den Ethnologen James Frazer (1854–1941), dessen Buch über Magie und Königtum (wohl „The Magic Art and the Evolution of Kings“) er mit großem Interesse gelesen habe: „[...] To morrow I am trying a piece of what might look as sympathetic magic [...]“. – Auf Briefpapier mit gepr. Adresse. 1150 Euro

99. Mohandas Karamchand „Mahatma“ Gandhi (1869-1948), Führer der indischen Unabhängigkeitsbewegung. Brief m. e. U., „Bapu’s blessings“, Vardha, 3. September 1937, eine Seite kl.8°. Mit Nummernstempel versehen. Unterschrift in Bleistift. [Nummer 7560]. Brief an seinen Freund Dr. Behram Navroji Khambatta in Gujarati: „... Ich habe Deine beiden Briefe sowie 1000 Rupie, wovon 500 von Dir und 500 von Dinbai Khan stammen. Ich werde Dinbais Summe an den Glasmacher Alvin senden, so dass er das Geld an die guten Menschen senden kann, und werde Deine Summe für die Harjianischen Brüder und Schwestern verwenden. Ich werde Deinen Text über Dinbai nicht veröffentlichen. Danke Dinbai in meinem Auftrag ...“ (Übersetzung). 2500 Euro

100. Giuseppe Garibaldi (1807–1882), Freiheitskämpfer (1807-1882). 17 tls. e. Briefe mit e. U. („J. Garibaldi“). Salto (Uruguay), 1845 und 1846. Zusammen 19½ SS. auf 22 Bll. Folio und 4°. Mit einer Beilage (s. u.). – Inhaltsreiche Korrespondenz aus Garibaldis Jahren in Südamerika. Der große italienische Freiheitskämpfer hatte 1834 an einem Aufstand in Piemont teilgenommen. Als dieser gescheitert und Garibaldi zum Tode verurteilt worden war, war ihm die Flucht nach Südamerika gelungen. Dort beteiligte er sich an Unruhen in Brasilien und in Uruguay, wo er die Flotte in den Krieg gegen

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Argentinien führte. Die vorliegenden Briefe sind allesamt an John Elliott Bingham (1785–1863), den Kapitän der HMS Acorn, gerichtet und umfassen aktuelle Lageberichte von Garibaldis „Nacional Squadron“ in Salto über u. a. Waffen- und Lebensmittellieferungen, die Lage der Streitkräfte, notwendige Unterstützung, Truppentransporte u. v. m. „Since I had last the pleasure we have received news of importance and as I am sure you will be anxious to know every thing in our favour I have the pleasure of as[s]uring[g] you that Urquisa has been obliged to retire from Corrientes. Yesterday we have had two of his men passed over to us from Entre Rios and they have informed us, that Urquisa with his army of five thousand and odd men marched up into the province of Corrientes as far as a place called Tranquera de Loreto, and from this place he has c[o]untermarched and two days ago was in the Puntas de Unqueri, he has maid [!] this c[o]untermarch with the greatest presipitation [!] having a great number of horses in his way besides some other of the best that the Correntinos took from them in Mocoreta [...]“ (a. d. Br. v. 10. März 1846). – 1848 sollte Garibaldi schließlich nach Europa zurückkehren, um am italienischen Unabhängigkeitskrieg gegen Österreich teilzunehmen, der ihn zum Nationalhelden werden ließ. – Beiliegend 85 meist ebenfalls an J. E. Bingham gerichtete Briefe (tls. in Spanisch und tls. in Englisch) von u. a. Manuel Ceferino Oribe y Viana (1792–1857), der von 1835 bis 1838 der 2. Präsident Uruguays gewesen war, sowie von anderen spanischen und englischen Offizieren wie Javier Gomensoro, Victoriano Camacho und Vicente Viña. Salto, Guabillu, Yaguari, Montevideo, Mercedes u. a., 1846 und 1846. Zusammen 96½ SS. auf 100 Bll. Meist Folio und 4°. – Weiters beiliegend vier Listen mit Namen von britischen Staatsangehörigen auf u. a. der Isla de Bisquino und in Mercedes sowie eine „Lista de los Franceses“ (zusammen 5¾ SS. auf 6 Bll. Folio). – Alles zusammen in einer zeitgenössischen, wohl von Bingham selbst beschrifteten Mappe. – Die meisten (vor allem die überformatigen) Schreiben sowie der Umschlag mit starken Gebrauchsspuren und angestaubt; Garibaldis Briefe in mehrheitlich gutem Zustand; alle Briefe am linken Rand alt auf Trä14000 Euro gerpapier aufgezogen und mit diesem eingeheftet.

101. Gästebuch des Wiener Leutnants Paul Hahn. Wien, Budapest, 1897-1928, 73 Bll. Mit 104 eigenhändigen U., Ledereinband; beschabt u. bestoßen, 8°. Mit dreiseitigem Goldschnitt. Einige Blätter lose; einige Blätter wurden entfernt. Das Gästebuch des nicht näher identifizierten Paul Hahn enthält zahlreiche Eintragungen (Sinnsprüche oder bloße Unterschriften) von prominenten Zeitgenossen, u. a. von Paul von Schönthan (1853-1905), Richard Heuberger (1850-1914), Max Kalbeck (1850-1921), Victor Léon, Leopold Horovitz (1838-1917), Marie Ottmann (1876-?), Bernhard Buchbinder (1849-1922), Hermann Bahr (1863-1924), Vinzenz Chiavacci (1847-1916), Alexander Landesberg (1848-1916), Adolf Sonnenthal (18341909), Ferdinand Groß (1849-1900), Louise Martinelli (1850-1913), Heinrich von Waldberg, Arthur Schnitzler (1862-1931), Marie Ebner-Eschenbach

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(1830-1916), Felix Dörmann (eig. Felix Biedermann, 1870-1928), Marie Geisinger, Bertha von Suttner (1843-1914), Hermann Winkelmann (18491912), Karl Goldmark (1830-1915), Minnie Milton, Carl Lindau, Carl Wallner (1854-1940), Clotilde Wenger, Emil Marriot (1855-1938), Arthur Pserhofer (1873-1907), Wilhelm Jahn (1835-1900), Johannes Ziegler, Lotte Witt (18701938), Anton Door (1833-1916), Wilhelmine Mitterwurzer (1848-1909), Stella Frfr. Hohenfels-Berger (1858-1920), Hugo Darnant, Max Rohr (1876-1917), Maximilian Harden (1861-1927), Richard Waldemar (1869-1946), Leo Slezak (1873-1946), Else Wohlgemuth (1881-1972) und Roberto Bracco. Jeweils mit einer e. Bleistiftzeichnung haben sich die Wiener Künstler Hans Schließmann (1852-1920) „Entwurf zu dem Cyklus: ‚Ein kernreiches Straussenei’“ und Theo Zasche (1862-1922) verewigt. Notenzitate der Musiker Carl Weinberger (18611939) „Die Blumen-Mary“, v. Tausch „Der Wunderknabe“, Ignaz Brüll (18461907), Pablo de Sarasate (1844-1908), Alfred Grünfeld (1852-1924), Adolf Kirchl (1858-1936), Josef Gänsbacher (1829-1911), Bruno Walter (1876-1962) 1250 Euro und Emmerich Kalman (1882-1953) u.v.a.

102. Robert Gernhardt (1937–2006), Schriftsteller, Zeichner und Maler. 2 ms. Briefe mit e. U. und 2 e. Postkarten mit U. Frankfurt a. M. und Cavriglia, Juli bis September 2003. Zusammen 6 SS. auf 4 Bll. 4° und (qu.-)8°. Mit 2 e. adr. Kuverts, die Karten mit e. Adresse. Beiliegend R. Gernhardts Übertragung von William Shakespeares Sonett 18. 1 S. 4°. In doppelter Ausführung, ein Bl. mit e. Anmerkung „2. Fassung“, beide Bll. mit kl. Anmerkungen des Adressaten. – An den Literaturwissenschaftler Jürgen Gutsch, der i. J. 2003 einen Sammelband mit 155 Übertragungen von Shakespeares Sonett herausgegeben und zu dem Gernhardt – neben Hans Magnus Enzensberger und Wolf Biermann – den hier vorliegenden Beitrag geliefert hatte. Nachdem Gernhardt auf Vermittlung des Kritikers, Journalisten und „taz“-Kulturredakteurs Harald Fricke im Juli 2003 erstmals an Gutsch geschrieben und diesem seine Mitarbeit zugesagt hatte („Ob ich auch größere englische Zusammenhänge packen kann, weiß ich nicht. Versuchen könnte ich es mal [...]“, Postkarte v. 18. Juli 2003), verging mehr als ein Monat, an dessen Ende Gutsch Gernhardts Beitrag einmahnt. Ende August dann folgt Gernhardts Antwort – „verloren ist kein Wort, einzig die dahinrasende Zeit und die Tatsache, daß ich für drei Monate den Arbeitsplatz in den Süden verlegen werde, haben mich gehindert, Laut zu geben. Aufgrund persönlicher und überpersönlicher Umstände werde ich erst im Laufe des September dazu kommen, meine Kräfte mit dem Sonett zu messen. Gibt es eine deadline?“ (Postkarte v. 28. August 2003) –, und knapp zwei Wochen darauf Gernhardts Übertragung: „Soll ich vergleichen Euch dem Sommertag? [...]“. – „Das achtzehnte Sonett“ abgedr. in: „...lesen, wie krass schön du bist konkret. William Shakespeare, Sonett 18 vermittelt durch deutsche Übersetzer“. Hrsg. v. Jürgen Gutsch und mit einer Einleitung von Eymar Fertig. Dozwil, Edition Signat(h)ur, 2003. 500 Euro

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103. Friedrich von Gentz (1764-1832), österreichischer Staatsmann. E. Briefentwurf. O. O., 30. Dezember 1827. 20 SS. auf gehefteten gefalt. Doppelbll., halbbrüchig beschrieben. 4°. An Philip Henry, 4th Earl Stanhope (17811855, nachmals Pflegschafter Kaspar Hausers), über die politische Situation in Europa nach der Schlacht bei Navarino, die zur griechischen Unabhängigkeit vom Osmanischen Reich führte. Gentz, durchaus kein Philhellene, sieht die Bedeutung des Schlachtausgangs für das Kräftegleichgewicht in Europa voraus und beklagt die Rollen, welche die politischen Kräfte der Großmächte gegenwärtig spielen. Dem deutschlandbegeisterten Engländer schreibt Gentz in deutscher Sprache, setzt den Brief hier aber nur als Konzept auf, da er die Reinschrift wegen seiner für Ungeübte womöglich schwer lesbaren Hand einem Sekretär überlassen will: „[...] Ich laße diesen Brief durch eine fremde, aber vollkommen sichre Hand schreiben, weil ich einmal weiß, daß deutsche Briefe Ihnen die liebsten sind, und doch besorge, daß Sie meine Hand mit etwas mehr Anstrengung als eine Kanzley-Schrift lesen möchten [...] Sie kehren, Mein Verehrter Lord, in einem höchst entscheidenden Augenblicke in Ihr Vaterland zurück. Nach allem, was sich in den letzten vier oder sechs Wochen in England zugetragen hat, scheint mir eine Ministerial-Revoluzion unvermeidlich. Die öffentliche Meynung spricht sich täglich stärker und drohender über das Attentat von Navarin, den Traktat von London, und die ganze verderbliche Politik, die diesen Traktat erzeugt hat, aus [...] Das alles hat in den letzten vier Wochen eine andre Gestalt angenommen. Ihre Minister hatten sich geschmeichelt, daß Oesterreich durch seinen Einfluß in Constantinopel die Türken zum Nachgeben bewegen, und daß ihnen dies einen Ausgang aus dem Labyrinth, in welches sie sich durch ein grundfalsches und verderbliches System verwickelt hatten, bereiten würde. Diese Aussicht schlug fehl. Obgleich unser Cabinet, mit altgewohnter Treue und Ehrlichkeit alle seine Kräfte anstrengte, um den letzten Bruch zu hintertreiben, so war doch, seit der Katastrophe von Navarin, und bey dem fortdauernden höchst unklugen und feindlichen Benehmen der drey Gesandten, nach dieser Katastrophe, jeder Versuch bey der Pforte fruchtlos. [...] Die französische Regierung ist die verachtetste, und die verächtlichste die es heute in Europa giebt. Hierüber sind alle Parteyen einig. Wie diese im Todeskampf begriffne, elende Regierung die Türkisch-Griechische Sache behandelt hat - wird man dereinst den Geschichtsschreibern kaum glauben [...] Für Rußland allein haben England und Frankreich gearbeitet, für Rußland allein den unseligen Tripel-Traktat unterzeichnet, für Rußland allein bey Navarin die Türkische Seemacht vertilgt [...] Der Weg nach der Hauptstadt des Türkischen Reiches ist jetzt dem Russen auf allen Seiten geöfnet [...] Und das alles setzt England für das lächerlichste aller Hirngespinste, für die sogenannte Befreyung der unwürdigsten Rebellen, die je die Sonne beschienen hat, aufs Spiel! It cannot be [...]“. – Konzept mit zahlreichen eigenh. Einschüben, Strichen und Umarbeitungen. Am 1. Bl. recto Publikationsvermerk von fremder Hand (um 1870); eine von Gentz im Entwurf nicht ausgefüllte Zitatstelle mit editorischem Bleistiftvermerk „Die Stelle

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103. Friedrich von Gentz

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fehlt“. – Hochcharakteristisches Dokument der Beurteilung der europäischen Situation in der Geburtsstunde des modernen Griechenland: Einer der talentiertesten europäischen Staatsdenker seiner Zeit beweist großes Geschick in der Abschätzung der politischen Folgen für die Großmächte; zugleich zeigt Gentz, „den alten und neuen Griechen zeitlebens nicht gewogen“ (Bertsch, Prokesch von Osten, S. 77), seine Beschränkung hinsichtlich einer zukunftsweisenden Beurteilung der griechischen Sache. ¶ In normalisierter Schreibweise abgedruckt in: Schlesier, Gustav v. (Hrsg.). Schriften von Friedirch von 6500 Euro Gentz. Ein Denkmal. Bd. V (1840), S. 138-146.

104. Alberto Giacometti (1901-1966), schweiz. Bildhauer und Maler. E. Brief m. U., „Alberto Giacometti”, o. O. u. D., 1 Seite gr.-8°. Doppelblatt. Bleistift. An einen Freund „Cher ami“, wegen eines Treffens: „[…] Il m’était impossible de venir hier à 11 heures et à matin, ce matin je ne me suis pas reveille j’ai travaillé, un qu’a 7 heures passée et maintenant ca m’est du matin trés déagreable de ne vous avoir pa vu. Le passe vous tante demain à 3 heures – 1/4, si vous ne pourez pas venir donnez moi rendevous pour quand vous voulez, moins l’aprés midi, je n’ose plus nen promettre pour le matin. […]“ 5800 Euro – Autographen von Giacometti sind sehr selten.

105. Adolf Glaßbrenner (1810-1876), Berliner Schriftsteller und Publizist, politischer Satiriker und Lokalhumorist. E. Brief m. U. „Ad. Glaßbrenner“, Berlin, 18. Dezember 1871, 2 ½ Seiten gr.-8°. Als Redakteur der „Berliner Montags-Zeitung“ (Briefkopf) an Hermann Kletke, Schriftsteller und Chefredakteur der „Vossischen Zeitung“ in Berlin. Empfiehlt ein Gedicht von Friedrich Bodenstedt an Glaßbrenner, das in der „Montagszeitung“ erscheine, auch zur Aufnahme in die „Vossische Zeitung“. „[...] Jedenfalls würden Sie mich dadurch auf’s Neue verpflichten und der Mont. Z. nützen. Geben Sie mir recht bald Gelegenheit, mich erkenntlich zu zeigen; ich sehne mich danach [...] Es freut mich von ganzem Herzen, daß es unserm Süßmann, diesem überaus braven Menschen und geistvollen Schriftsteller, besser geht. Sobald er ganz hergestellt ist, möchte ich seine Genesung unter uns – Sie sind wohl so gut, dabei zu sein – und einigen andern Aehnlichen in einer ächt-gemüthlichen, christlich-germanischen Kneiperei feiern. Aber das ist nicht etwa captatio benevolentiae [...] Ich soll Sie und Ihre verehrte Frau Gemahlin im Namen des ‚Vereins der Freimüthigen’ herzlichst zur 25jährigen Stiftungs- und Sylvesterfeier desselben einladen [...]“. 400 Euro

106. Johann Wilhelm Ludwig Gleim (1719–1803), Schriftsteller. „Nach Lord Byron“. E. Gedichtmanuskript (28 Zeilen). O. O. u. D. 1 S. 4°. – Bis zur Unlesbarkeit bearbeitetes Manuskript „für Prinz Karl von Preußen“, das durchwegs aus Streichungen und Einfügungen besteht. – Stärker gebräunt und mit kleineren Papierdruchbrüchen durch Tintenfraß; geringfügiger Buchstabenverlust durch Abschnitt der rechten unteren Ecke. 2000 Euro

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107. Joseph von Görres (1776–1848), Historiker und Publizist. E. Brief mit U. („J Görres“). Straßburg, 6. Dezember 1825. 3½ SS. auf Doppelblatt. 8°. – An einen namentlich nicht genannten Adressaten, wohl der Kirchenrechtler Ferdinand Walter (1794–1879), der ihm eine von der Zensur verbotene Veröffentlichung mit der Bitte um eine Rezension gesandt hatte: „[...] Es sollte mich freuen, daß Sie auf mein Urtheil darüber einiges Gewicht legen, wenn mein literärisches Gewissen mir die Freude nicht verdürbe, indem es mir vorstellt, wie ich ja bekanntlich in beyderseitigen Rechten ein unvergleichlicher Ignorant sey, der außer Einigem nicht sehr Erheblichen um die origines her nie etwas Bedeutendes von der Sache begriffen habe. Nun wird das Buch zwar ganz vortrefflich dieser Ignoranz nach der einen Seite hin abzuhelfen dienen, aber der Lehrer wird bey mir gar nichts zu lernen finden, und von wechselseitigem Unterricht nach der florirenden Methode kann gar nicht die Rede seyn. Also kann ich nichts thun, als das Lehrgeld in einigen dankbaren Empfindungen bezahlen [...] Es scheint Leute vom Fache in Teutschland zu geben, die nicht so willig sind, wie ich, sich von dem Buche belehren zu laßen, und die auch nicht wollen, daß Andere bey ihm zur Lehre gehen, deswegen haben sie es verbieten machen [...] Das Buch ist wie Sie sagen und auch wahr ist, legitim, aber doch von der Legitimität verboten worden. Ich der darüber sprechen soll, bin den Grundsätzen nach auch legitim, aber doch als illegitim von anderer Legitimität vertrieben worden. Die Legitimität selbst ist in Teutschland wieder zweyerley Art, eine Ächte im gewöhnlichen Sinne, die aber selten und wie die Platina beynahe nie ohne Mischung vorkömmt, dann aber eine nachgemachte, die der Felonie und Usurpation so ähnlich sieht, daß wenn man nicht ein sehr genauer Kenner ist, man sie gar leicht verwechselt. Sage ich nun, Ihr Buch sey legitim im ersten Sinne, so nehmens die Ersten als sey es von mir im Zweyten ausgesagt, und das Buch voll guten Geruches wird ihnen verdächtig; die Zweyten aber meynen, es sey in erster Intention ironisch auf ihre Anrüchigkeit gesagt, und finden in ihren Maasregeln sich gestärkt und gerechtfertigt; nicht davon zu reden, daß den strengen Protestanten wie den lauen Katholiken der Ernst der Sache gleich verdrüslich ist. Das wäre also eine verzweyfelte Confusion, wenn nicht glücklicherweise nur von einer Recension die Rede wäre, die man schreibt so gut man kann, die die Leser durchlesen so aufmerksam sie mögen, und die im andern Monathe vergessen ist. Also mag die Ephemere fliegen, wenn die Tage wieder länger geworden [...]“. – Die Verso-Seite von Bl. 2 mit kl. zeitgenössischen, alt montiertem Provenienzvermerk: „Durch Professor A. Nicolovius [...]“, d. i. Goethes Großneffe, der Jurist und erste Goethe-Bibliograph Alfred Nicolovius (1806–1890).

3500 Euro 108. Johann Wolfgang von Goethe (1749–1832), Dichter. Brief mit e. U: („treulichst Goethe“). Jena, 25. Oktober 1820. 1 S. auf Doppelblatt. Kl.-4°. – An Johann Friedrich Rochlitz in Beantwortung von dessen Brief v. 23. des Monats: „Nur mit dem flüchtigsten Dank für Ihren köstlichen

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Brief, begleite Gegenwärtiges, damit die Post nicht versäumt werde. Verhehlen Sie mir nicht Ihre Ansichten über das merkwürdige Stück, und wenn Sie auch nicht ganz mit den Meinigen zusammentreffen sollten. Nächstens mehr mit einem naturwissenschaftlichen Hefte, worin bedeutende Chromatika vorkommen“. – Das „merkwürdige Stück“ ist Manzonis Tragödie „Il Conte di Carmagnola“, die Goethe in „Kunst und Altertum“ besprochen und auch teilweise übersetzt hatte; das „naturwissenschaftliche Heft“ ist „Zur Naturwissenschaft“ (I, 3). – Abgedruckt in: WA IV, Bd. 33, S. 320, Nr. 237. – Papierbedingt leicht 6500 Euro gebräunt, sonst in sehr gutem Zustand.

109. [Johann Wolfgang von Goethe (1749–1832), Dichter]. – Ottilie von Goethe (geb. Freiin von Pogwisch, 1796–1872], seine Schwiegertochter. E. Brief mit U. („Ottilie v. Goethe“). Weimar, 27. September 1869. 1 S. Gr.8°. – An einen namentlich nicht genannten Direktor: „Dies Blatt wird Ihnen wenigstens zeigen daß ich die Absicht hatte es mit seinem Inhalt Ihnen schon lange zu senden, und zu dem Zweck es mit her nahm. Die Hofnung kommen zu können hat mich leider getäuscht und ich werde nicht in sehr kurzer Zeit wieder für den Winter nach Jena zurückgehen. Ich danke Ihnen bestens das Sie mein Recht gewahrt haben, von Austreten keine Rede denn in Jena bedarf ich mehr wie je der Aufheiterung und Kunst Gegenstände. Noch ist eine Hofnung das wir den Winter hier bleiben, aber es ist nicht wahrscheinlich, und ist Jena bestimmt so würde ich denn in ungefähr 8 Tagen Weimar verlassen [...]“. – Sehr wohlerhalten. 600 Euro

110. Albrecht von Graefe (1828–1870), Ophthalmologe. E. adr. Kuvert. [Berlin], o. D. Qu.-8°. – Adressiert an Friederike Trumpf in Blankenburg (Harz). – Albrecht von Graefe war Professor für Augenheilkunde an der Universität Berlin und übernahm 1868 die Leitung der Augenärztlichen Abteilung der Charité. „Bahnbrechend war seine operative Heilung des Glaukoms durch die Iridektomie (seit 1857). 1854 begründete Graefe das ‚Archiv für Ophthalmologie’, 1863 die ‚Deutsche Ophthalmologische Gesellschaft’. Er veröffentlichte u. a. ‚Symptomenlehre der Augenmuskellähmungen’ (1867)“ (DBE). – Etwas angestaubt und unfrisch. 80 Euro

111. Günter Grass (1927- ), dt. Schriftsteller, Nobelpreisträger der Literatur 1999. Porträtfotografie m. e. U. auf der Bildseite, o. O. u. D., 10 x 15 cm. Hübsches Kniestück mit Pfeife. Fotografie: Rama, Berlin. 100 Euro

112. Martin Gregor-Dellin (d. i. Martin Gustav Schmidt, 1926–1988), Schriftsteller. E. Brief mit U. Gröbenzell, 26. September 1975. 1½ SS. auf Doppelblatt. Gr.-8°. Mit e. adr. Kuvert. – An Heinz Birker mit Dank für dessen freund-

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107. Joseph von Görres

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liche Zuschrift, die „einem Autor doch das Gefühl gibt, nicht ganz umsonst zu schreiben, Echo zu finden und reges Interesse! Der Roman ‚Der Kandelaber’ erschien 1962 bei Walter/Olten, wird aber jetzt – mit meinen neuen Büchern – vom Piper Verlag [...] ausgeliefert! [...] Dieser Roman ist mir unter allen Büchern besonders wichtig, nur noch vergleichbar mit meinem RomanErstling ‚Jakob Haferglanz’ [...]; in beiden ist viel Autobiographisches [...]“. 80 Euro – Brief und Kuvert jeweils mit gedr. Briefkopf.

113. Edvard Grieg (1843-1907), Komponist. E. musikalisches Albumblatt m. U., Stuttgart, Febr[uar]. [18]90, 1 Seite quergr.-8°. Albumblatt für die spätere Pianistin Margarethe Klinckerfuß (18771959). – Kurzes Notenbeispiel, bestehend aus einem Akkord und einer einfachen Tonfolge für Klavier, versehen mit der Bezeichnung „Sehr langsam!“ und den entsprechenden Fingersätzen; darunter die Widmung „Tägliche Übung für das liebe kleine Gretchen Klinkerfuß zur freundl. Erinnerung“. Mit einer Holzstich-Einfassung mit Eckfleurons. – Rechte Hälfte des Blattes horizontal eingerissen [dadurch die Widmung leicht betroffen], Rand etw. knittrig.

1400 Euro 114. Wilhelm Grimm (1786–1859), Philologe. E. Brief m. U., Berlin, 7. Februar 1859, ½ Seite kl.-8°. Doppelblatt. – An einen Freund mit dem Ersuchen, „auf der dortigen bibliothek nachsehen zu lassen, wie in dem buch steht, oder wenn es, wie ich vermute, nicht vorhanden ist (wie hier), jemand in Dresden zu bitten, der dort nachsieht. vielleicht ist Klee so gütig“. 1800 Euro

115. Hugo Grotius (1583-1645), Philosoph und Rechtsgelehrter. E. Brief mit U. („H. de Groot“). Paris, 28. März 1642. ½ Seite auf Doppelblatt. 4°. Mit eh. Adresse und Siegelspur (Faltbrief). An den schwäbischen Heerführer Christoph Martin Frh. von Degenfeld (1599-1653), unter dem Grotius‘ Sohn in der schwedischen Armee gedient hat und dem er seine Treue und Gefolgschaft versichert: „Nous touts qui sommes icy, moi, les Dames, le filz et la fille remercions vostre Illustrete de la souvenance qu‘elle a de nous: et la prions de croire que ce qui a manque au traittement deu a ses qualitez est supple par l‘affection qui a este, est, et sera toujours tres sincere [...]“. – Degenfeld, der sich zunächst im Gefolge Wallensteins ausgezeichnet hatte, kämpfte schließlich auf der Seite der Schweden und mußte nach dem kaiserlichen Sieg 1634 nach Straßburg fliehen. Als Oberster General der fremden Reiterei in französischen Diensten überwarf er sich im Jahr der Abfassung des vorliegenden Briefes mit Kardinal Richelieu und trat als Generalgouverneur von Dalmatien und Albanien in venezianische Dienste. Hierauf dürfte sich Grotius mit der Erwähnung von Degenfelds neuem „lieu de repos“ im vorliegenden Schreiben beziehen. Grotius selbst war zum damaligen Zeitpunkt schwedischer Botschafter in Paris; durch sein 1625 erschienes Hauptwerk „De jure

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belli ac pacis“ gilt er als Begründer des internationalen Völkerrechts. – Briefe Grotius‘ sind von größter Seltenheit; der vorliegende ist der einzige, der seit 1950 auf dt. Auktionen nachweisbar war (Autographensammlung Dr. Robert 15000 Euro Amman, Stargardt 16. XI. 1961, Nr. 353).

116. Reynaldo Hahn (1874-1947), Komponist des „fin de siècle“, intimer Freund Prousts. 55 Autographen (52 e. Briefe m. U. und 3 e. Postkarten m. U. Meist o. O. 19161944. Verschiedene Formate (4°-8°). Zusammen 101 Seiten. Umfangreiche Brieffolge an die rumänisch-stämmige Dichterin Hélène Vacaresco (18641947) in Paris; Hélène Vacaresco entstammte einem rumänischen Adelsgeschlecht und wuchs in der Nähe von Targoviste auf. In den 1880er Jahren ging sie nach Paris, um an der Sorbonne Literatur zu studieren. Während ihrer Studienzeit lernte sie Sully Prudhomme, Leconte de Lisle und Victor Hugo kennen. Nach einer unglücklich endenden Verbindung zum rumänischen Thronfolger wurde sie vom Bukarester Hof, trotz Protektion durch die Königin (Carmen Sylva) ins Exil nach Paris gezwungen. Hahn und Vacaresco verkehrten in den gleichen Kreisen. Die Briefe enthalten Klatsch und persönliche Erlebnisse. Der zehn Jahre jüngere Komponist kommt auch in den Genuss von erstrangigen Empfehlungen, die ihm etwa auf einer Reise nach Ägypten die Türen der dortigen Gesellschaft öffnen sollten – hätte er dieses gewünscht; Hahn geniesst lieber die Freiheit, diejenigen Einladungen anzunehmen, die sich spontan bieten. Umgekehrt übernahm Hahn dafür die ‚Protektion’ von Konservatoriumsschülern, die der Vacaresco am Herzen lagen. Eine Reihe von Briefen betrifft die Vertonung eines Gedichts der Vacaresco durch Reynaldo Hahn: „…Je crains que les Trakhiniennes ne s’égarent dans un prochain déménagement. Je vous les restitue donc en le jour où vous me les retournerez pour que j’en écrive la musique en vue d’une eprésentation. J’ai l’intention de m’installer à Cannes ...“ „…Je n’ai lu qu’un fragment des Trachiniennes (que la mère de Louie … appelait les Trachéites) et voudrais bien en liredavantage…“ „…Chère et parfaite amie, j’ai reçu les Trachiniennes ; je les lirai dès que je me suis débarrassé d’un travail urgent … Et je viens de recevoir aussi votre mot au sujet de Marcel Prévost. Dans quelques jours je lui rendrai ‘cela’. Je suis content que sa femme n’ait pas trouvé mauvais que je ne la reconnusse pas. Elle est toujours fort aimable avec moi et cela me touché d’autant plus qu’elle ne l’est pas avec tout le monde. Mais … il m’arrive parfois de ne pas la reconnaître ; car elle ressemble à ’atmosphère…“ 8000 Euro

117. Reynaldo Hahn (1874-1947). Kabinettphotographie (Collection Henri Manuel, Paris) m. e. U. auf der Bildseite. O. O. O. D. 8°. Das Portrait zeigt den ca. 30-Jährigen Hahn mit Zigarette, 800 Euro vor seinem Schreibtisch und neben seinem Flügel sitzend.

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118. Samuel Hahnemann (1755-1843), Arzt, Chemiker und Begründer der Homöopathie. E. Brief mit U. („Samuel Hahnemann“). Paris, 26. Juli 1842. 1 S. auf Doppelblatt. 8°. An seinen namentlich nicht genannten „cher ami“ Jean Marie Dessaix (1781-1844), dessen im Jahr zuvor gehaltener Vortrag über die Homöpathie („hom*oeopathie. De l‘art de guérir et de ses progrès. Discours lu à la section médicale du Congrès, le 4 septembre 1841“) gerade im Druck erschienen war: „J‘ai recu les 100 exemplaires de Votre discours au Congrès, dont je suis fort content. Vous avez très bien fait de leur dire tout cela comme cela. Le clou doit entrer par la pointe. Vous écrivez fort bien et de la manière qu‘il faut pour persuader. Mais Vos ecrits sont trop rares. Multipliez-les; il ya beaucoup à dire pour instruire ces masses de peuple imbues des préjugés de tant de siecles [...]“. - Hahnemanns Ermahnung, doch mehr zu veröffentlichen, konnte Dessaix nicht mehr beherzigen, verstarb er doch zwei Jahre darauf. Seine wohl bekannteste Schrift – „L‘ hom*oeopathie et ses aggresseurs“ – war einige Jahre zuvor in Zerbst bei Kummer unter dem Titel „Die Homöopathie und ihre Gegner. Im Namen der Gesellschaft der homöopathischen Ärzte in Lyon“ (1836) erschienen. Lyon, wo Dessaix wirkte, galt damals als Zentrum 18000 Euro der Homöopathie in Frankreich.

119. Stephen Hales (1677-1761), Physiologe und Physiker. E. Brief mit U. („Stephen Hales“). Teddington, 25. Dezember 1750. 1 Seite gr.-8°. Mit eh. Adresse (Faltbrief). An Mr. Joyne „in Lambe Buildinge in the Inner Temple, London“: „I heartily condole with you on the unhappy Death of your Brother. These villanies must necessarily increase yearly more + more, while the lower People are made mad by those intoxicating Drams, which by a consummate folly are held in great Profusion to the mouth of the meanest. A temptation well known to be too great to be resisted. As I guess that the tenants will make you some Payments about this Time, And as I have a considerable Sum to pay in London to charitable users, It will save the hazard of carrying money to + fro. [I]f you can make me a payment Soon, at Mr Grimes‘s next the Star Inne in the Strand over against Hungerford market, where on notice I will leave a Receipt. I am Sir your humble Servant [...]“. – Der Pflanzenphysiologe, Erfinder und Wegbereiter der Präventivmedizin gilt als einer der Begründer der modernen Physiologie. Zudem spielte er eine wichtige Rolle bei der Durchsetzung des staatlich kontrollierten Alkoholverkaufs (dem sog. „Gin Act“ a. d. J. 1736), nachdem seit 1733 der unkontrollierte Alkoholkonsum in England zu furchtbarem sozialem Elend geführt hatte. – Bl. 2 verso mit kl. Bearbeitungsvermerk des Adressaten sowie mit kl. Randläsuren 3500 Euro und einigen kl. fachmännisch restaurierten Fehlstellen.

120. Josef von Hammer-Purgstall (1774–1865), Orientalist. E. Brief m. U., Döbling, 28. September 1834, 2 Seiten 8°. – An einen namentlich nicht genannten Adressaten: „Ich erhalte Ihre gütige Zuschrift mit dem

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116. Reynaldo Hahn

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schönen Geschenke [...] so eben, da ich auf den Flügeln einer Bergreise nach der Steiermark mit meinem Bruder bin[,] Michael[,] den ich seit zwölf Jahren nicht gesehen. Dorthin soll mich Ihr Buch von dem ich schon so viel Gutes und Schönes gehört begleiten, und bei meiner Rückkehr werde ich es sogleich H[errn] Deinhardstein dem Redacteur der Jahrbücher übergeben [...].“ J. L. Deinhard-Deinhardstein (1790–1859) redigierte von 1829 bis 49 die erwähnten „Wiener Jahrbücher der Litteratur“, mit denen er ungeachtet der Mitarbeit von u. a. Goethe und den Gebrüdern Grimm eine patriotisch-restaurative Linie 300 Euro verfolgte.

121. Knut Hamsun (1859–1952), Schriftsteller und Literaturnobelpreisträger. E. Albumblatt mit U. Nørholm bei Grimstad, 8. Oktober 1933. 1 S. Qu.-32°. – „Herrn Leichtle, | Ihr ergebener | Knut Hamsun“. – Beiliegend einige Zei350 Euro tungsausschnitte.

122. Karl August Fürst von Hardenberg (1750-1822), Staatsmann. E. Brief m. U., Wien, 21. November 1814, ½ Seite quer-4°. Gebräunt. „Ich nehme den herzlichsten Antheil an dem wichtigen Schritt denn Sie in der Laufbahn ihres Lebens thun in Begriff sind und bin sehr dankbar für die zutraulichen Äußerungen mit denen Sie mir Nachricht davon geben. Möchte 220 Euro es Sie zu einem dauerhaften ungetrübten Glück führen […]“

123. Franz Hartmann (1796-1853), homöopathischer Arzt; Redakteur der „Homöopathischen Zeitschrift“. E. Brief m. U., Leipzig, 30. Oktober 1841, eine Seite gr.-8°. An den Stadtrat Julius Baumgärtner in Leipzig, Honorarabrechnungen für Beiträge seine Zeitschrift betreffend: „[…] beehre ich mich, […] die Berechnung über den XX. Band unserer Zeitung zuzustellen. Dieser Band enthält zugleich die PreißAbhdlg, dessen Verf. der H. Dr. Lobethal in Breslau ist, der, außer dem berechneten Honorar, noch 6 Louisd’or […] erhält, deren Hälfte ich Sie von dem an mich auszuzahlenden Honorar abzuziehen bitte […]“ – Mit Erwähnung von Kollegen, Dr. Buchner in München u. Dr. Schneider in Sommerschenburg.

400 Euro 124. Friedrich Hebbel (1813-1863), Dramatiker und Lyriker. E. Brief m. U., o. O., 15. November 1855, ½ Seite gr.-8°. Doppelblatt. An einen Freund, dem er ein Exemplar seines soeben erschienenen Trauerspiels „Gyges und sein Ring“ übersendet: „[…] Im Frühling kam ich nicht mehr dazu, Ihnen meinen Gyges mitzutheilen, denn am Vorlesen in einem kleinen Kreise verhinderte mich meine Grippe, und ein ordentliches Manuscript hatte ich nicht […]“. - Neben „Maria Magdalene“ und „Judith“ zählt „Gyges und sein Ring“ zu den Hauptwerken Hebbels, die noch im 20. Jahrhundert aufgeführt wurden. 1500 Euro – Nicht gedruckt in der Hist.-krit. Hebbel-Ausgabe.

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118. Samuel Hahnemann

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125. Georg Wilhelm Friedrich Hegel (1770–1831), Philosoph. E. unterfertigte „Censur des Johann Christoph Sigmund Lechner“, Nürnberg, 2. September 1814, ½ Seite Folio. Mit papiergedecktem Siegel. – Bestätigt in seiner Eigenschaft als Direktor des Nürnberger Ägidiengymnasiums, dem er seit 1808 vorstand, mit seiner Unterschrift die „Beglaubigung der Abschrift“. Lechner, ein Schüler der Unterklasse, „[v]erbindet mit einem treuen Gedächtniß großen und beharrlichen Fleiß. Doch ist ihm eine strengere Aufmerksamkeit zu empfehlen. In den alten Sprachen hat er sehr gute, in der Philosophie gute und in dem französischen mittelmäßige Fortschritte gemacht. Sein sittliches Betragen verdient gerechtes Lob.“ – Papierbedingt leicht gebräunt und 1600 Euro gering fleckig.

126. Martin Heidegger (1889–1976), Philosoph. E. Manuskript (Fragment). O. O., [wohl 1954]. 34 SS. auf 48 Bll. (Gr.-)8°. Mit zwei Beilagen (s. u.). – Stichwortartige Notizen zu und Exzerpte aus einem Aufsatz, den Walter Schulz unter dem Titel „Über den philosophiegeschichtlichen Ort Martin Heideggers“ in der damals von Hans-Georg Gadamer und Helmut Kuhn neugegründeten „Philosophischen Rundschau“ veröffentlicht hatte. „Der Vf.“, so notiert Heidegger, „übersieht – trotz s. Hinweises S. 76f. – das Entscheidende: mit der Frage nach d. Sinn v. Sein ist schon alles metaphysische Vorstellen übersprungen. Dies war mir stets klar u. dennoch blieb ich lange außerstande die gemäße Absetzung gegen die Metaphysik in einer gemäßen Weise zu kennzeichnen [...]“. An anderer Stelle heißt es: „Was ist von der jetzt üblich gewordenen Behauptung zu halten, Hegel u. Nietzsche hätten bereits die Metaphysik überwunden – Seit wann weiß man solches? Abgesehen von der Antwort auf diese Frage dürfte es förderlich sein, sich darauf zu besinnen, in welchem Gesichtskreis H. u. N. die Geschichte der Metaphys. sahen [...]“ – Die Form, in der die vorliegenden Notizen überliefert sind, gestattet einige Rückschlüsse auf deren Entstehung. Mehrere der nur vereinzelt numerierten, losen und zumeist halb- bis ganzseitig beschriebenen Blätter tragen die Notiz „W. Schulz“, „Zu Walter Schulz“ u. dgl.; mehrere Blätter stammen von der zerschnittenen Rückseite eines e. korrigierten und bearbeiteten Typoskripts von „Was heißt Denken?“, das in diesem Jahr (1954) bei Niemeyer in Tübingen erschienen war oder erscheinen sollte. Heidegger dürfte also in loser Folge und ohne erkennbaren Zusammenhang sich wiederholt mit dem Aufsatz beschäftigt haben, aus dem er tls. unter Bezug auf die Seitenzahl zitiert und tls. auch unter Angabe der Seitenzahl auf sein Vorwort zur fünften Auflage von „Was ist Metaphysik?“ a. d. J. 1949 rekurriert. Der Grund für diese seine Beschäftigung dürfte auf den Verfasser des Aufsatzes zurückgehen, der unterm 23. Juli 1954 sich an Heidegger gewandt hatte: „Darf ich Ihnen den beiliegenden Versuch übermitteln? [...] Bei der Ausarbeitung begleitete mich der Gedanke: ‚dies muss Heidegger lesen können’. Das heisst selbstverständlich nicht, dass Sie, hochverehrter Herr Professor, meinen Versuch nun wirklich lesen werden, es schliesst in sich auch nicht die Neugier

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126. Martin Heidegger

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ein, ob ich in Ihren Augen ‚richtig’ interpretiert habe, sondern es bedeutete für mich die Verpflichtung zu denken – das Wort ‚denken’ in dem einfachen Sinn genommen, den Hegel kannte und den Sie uns wieder vermittelt haben. Der Schluss des Ganzen ist noch nicht ausgereift. Es war nicht nur die im Thema liegende Begrenzung, die mich nötigte, meine eigenen Gedanken zurück zu halten, sondern auch das Bewusstsein, dass das mir vorschwebende Problem einer absoluten und damit gerade konkreten Geschichtlichkeit noch nicht in der eigenen Denkerfahrung sich so geklärt hat, dass ich darüber reden könnte [...]“ (Beilage I). – Heidegger dürfte daraufhin die Lektüre begonnen haben und antwortete Schulz in einem Brief, dem er ein Exemplar seiner „Erfahrung des Denkens“ beilegte und dazu aufforderte, „eine eventuelle Sonderausgabe“ ins Auge zu fassen (Br. v. 12. September 1954, Beilage II). Eine solche kam jedoch nicht zustande, doch wurde Schulz’ Aufsatz wiederabgedruckt in: Heidegger. Perspektiven zur Deutung seines Werks. Hrsg. von Otto Pöggeler. Köln und Berlin, Kiepenheuer & Witsch, 1969, SS. 95–139 (= Neue Wissenschaftliche Bibliothek. Wissenschaftliche Arbeitsbücher. Hrsg. v. Gerard Gäfgen, Carl Friedrich Graumann u. a., Bd. XXXIV). – Beilagen: I) Walter Schulz. E. Brief mit U. Tübingen, 23. Juli 1954. 1½ SS. Gr.-4°. An Martin Heidegger. – II) Ders. E. Brief mit U. Mainz, 12. September 1954. 4 SS. auf 2 Bll. Gr.-4°. An Martin Heidegger. – Literatur: Walter Schulz: Über den philosophiegeschichtlichen Ort Martin Heideggers. In: Philosophischen Rundschau 1 (1953/54), Heft 2/3 15000 Euro und 4, SS. 65–93 und 211–232.

127. Bernhard Heiliger (1915-1995), Bildhauer. E. Brief m. U., Berlin, 2. November 1987, 2 Seiten gr.-4°. Gedruckte Adresse. An den Kunsthistoriker Siegfried Salzmann (1928–1993): „[…] Der Verlag Klette-Cotta ist bereit, eine Monographie über mein Gesamtwerk herauszubringen. Der Band soll ca. 300-350 Seiten umfassen und ca. 350 od. auch mehr Abb. enthalten, einschl. einem Werkverzeichnis. Dem Verlag habe ich Sie, als möglichen Autor benannt. […] Über Ihre Zusage würde ich mich natürlich besonders freuen, einmal weil Sie für mich nach wie vor der einzige Fachmann für die Skulptur der Gegenwart sind, zum anderen weil Sie mit meiner Arbeit nun auch mittlerweile bestens vertraut sind. […]“ – Siegfried Salzmann war von 1971 bis 1984 Direktor des Wilhelm Lehmbruck-Museums in Duisburg und anschließend bis 1993 Direktor der Kunsthalle Bremen.

120 Euro 128. Hermann von Helmholtz (1821–1894), Physiker und Physiologe; erklärte das Prinzip der Erhaltung der Energie und entwickelte den Begriff des elektrischen Elementarquantums. E. Brief m. U., Berlin, o. D., 1 Seite kl.-8°. Gedruckte Adresse. Doppelblatt. Wohl an Emil Du Bois-Reymond. „[…] ich werde nicht versäumen Deiner und Deiner Frau freundlichen Einladung zum Mittwoch mit größtem Vergnügen 600 Euro nachzukommen […]“

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129. Ernest Hemingway (1899-1961), Schriftsteller und Nobelpreisträger 1954. Widmungsexemplar „For whom the bell tolls”. New York, Scribner, 1940. 5 Bll., 471 S. OLwd. mit RSchild im ill. OUmschlag (dieser berieben, mit überklebten Kanten u. hinterlegten Falzen). – Widmungsexemplar: Mit eigenhändiger Widmung u. Unterschrift Hemingways auf Vorsatz.Erste Ausgabe. – KLL III, 3631: Hemingway „gelang mit ‚For whom the bell tolls’ der amerikanische Roman über den spanischen Bürgerkrieg [...], die dramatischen Höhepunkte des Buches [...] gehören zum Besten, was Hemingway je geschrieben hat.“ – Mit Widmung „yours always / Ernest Hemingway“. – Mit Schutzumschlag. 2000 Euro – Seiten im Schnitt sowie Vorsätze gebräunt.

130. Adolph von Henselt (1814-1889), deutscher Komponist und Klaviervirtuose. E. Brief m. U. St. Petersburg. 21. April 1857. 4 Seiten. Gr.-8°. Etwas knittrig und fleckig, kurze Faltenrisse. An einen Freund, für den er sich bei dem Prinzen Peter von Oldenburg verwendet hatte: „…Um die Sache also abzukürzen ließ ich ihn [den Prinzen] die betreffende Stelle aus Ihrem Brief an mich lesen! Meine ganze Ambition war ihn zu 400 zu erwägen aber leider auch das ist ihm zu viel, u er brach unsere Conversation über diesen Punkt mit den Worten ab ‚ich werde diese Sache durch Böselman arrangieren lassen’. Wie viel er um seine Generosité zahm wird weiß ich nicht zu bestimmen … Das hiesige Clima u meine zahllosen Beschäftigungen scheinen jeden musikal. Nerven zu tödten…“. – 1852 kauft sich Henselt ein Rittergut in Ober-Gersdorf, auf dem er jeweils die Sommermonate verbrachte, 1876 wurde er in den russischen Adelsstand erhoben. 800 Euro

131. Hans Werner Henze (geb. 1926), Komponist. Albumblatt mit eigenh. Notenzeile (alt montiert) und U. sowie einem kleinen Portrait (Zeitungsausschnitt). [Braunschweig, 11. XI. 1959]. 1 S. Qu.-8°. – Drei Takte aus dem 2. Akt seiner Oper „König Hirsch“. 220 Euro

132. Georg Hermann (d. i. G. H. Borchardt) (1871-1943), Schriftsteller u. Kunstkritiker. E. Manuskript m. U., Heidelberg, 31. Mai 1926 [nachträglich durchgestrichen], 1 Seite gr.-Folio (22 x 42 cm). Eng beschrieben; gefaltet. Blaue Tinte. Mehrere Blätter zu einem Großformat geklebt.Sehr interessantes – vermutlich für seinen Verleger bestimmtes – 96-zeiliges Manuskript mit Umfangreichen Korrekturen mit dem Titel „Noch einmal die Kinder der Geschiedenen“. – Hermann arbeitete zunächst als freier Schriftsteller und Kunstkritiker. Durch seine Romane, überwiegend Unterhaltungsromane, die meist im jüdisch-bürgerlichen Milieu spielen und häufig stark autobiographisch geprägt sind, wurde er einem breiten Publikum bekannt. Sein Roman ‚Jettchen Geberts Geschichte’ (1906-09), die tragische Lebensgeschichte eines jüdischen Mädchens in der Biedermei-

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erzeit, war in den zwanziger Jahren des 20. Jh. ein Bestseller. Seit 1933 in den Niederlanden im Exil lebend, wurde Hermann 1943 von den deutschen Besatzern zunächst im Konzentrationslager Westerbork (Holland) interniert und später in das Vernichtungslager Auschwitz deportiert und dort ermordet.

1500 Euro 133. Theodor Herzl (1860–1904), Schriftsteller und Zionist. E. Brief mit U. „Th H.”, o. O., 18. Februar 1890. 1 Seite 8°. – An den namentlich nicht genannten Schriftsteller und Journalisten Hugo Wittmann (1839–1923): „Quid novi ex Africa? Ich war soeben bei Ihnen, um wegen einer Sache, die ich gestern zu erwähnen vergaß, zu sprechen. Sind Sie geneigt oder haben Sie etwas dagegen, den Vertrieb unseres neuen Stückes dem Berliner Theateragenten Entsch zu geben? Mit Ritter mache ich nichts mehr, von Steiners Vertrieb war ich auch nicht entzückt. Entsch habe ich meine Sachen von jetzt ab übergeben, und es wäre mir daran gelegen, ihm auch Die Dame in Schwarz – natürlich unter denselben Bedingungen wie Ritter – zu geben. Für Wien ist gar keine Provision, für Berlin 5%, für die übrigen Bühnen 10% zu bewilligen. Ich bitte Sie, nur pneumatisch zu antworten, weil ich Entsch morgen schreiben will, u. zw. vorläufig blos, dass wir zu ihm kommen. Das Manuscript zur Drucklegung u. alle weiteren Verfügungen erhält er später. Also passt’s Ihnen? [...] – Herzls und Wittmanns „Die Dame in Schwarz“ sollte am 6. Februar ihre Uraufführung erleben; Hugo Thimig bezeichnete es als „ödes Stück“, das aber seltsamerweise von der Kritik den Stücken von Ibsen und Hauptmann vorgezogen wurde (vgl. Hugo Thimig erzählt von seinem Leben und dem Theater seiner Zeit. Briefe und Tagebuchnotizen. Ausgew. und eingel. von Franz Hadamowsky. Graz u. a., Böhlau, 1962, S. 206). – Hugo Wittmann war „als Musik- und Theaterkritiker [...] [einer] der bedeutendsten Vertreter des Wiener Feuilletons“ (DBE) und verfaßte auch Dramen, Erzählungen sowie Operettenlibretti (u. a. für Johann Strauß und Carl Millöcker); im Oktober 1891 sollte er seinem damaligen Redaktionskollegen Herzl zu einer Stelle als Korrespondent ihrer Zeitung, der „Neuen Freien Presse“, in Paris verhelfen. – Auf Briefpapier mit gepr. Briefkopf; mit einigen kl. Läsuren und unbed. Einrissen sowie alten Montagespuren verso. 2200 Euro

134. Johann George Ludwig Hesekiel (1819–1874), Schriftsteller und Journalist. E. Brief mit U. („George Hesekiel“). Altenburg, 10. September 1845. ¾ S. auf Doppelblatt. Gr.-4°. – An den Buchhändler und Verleger Kollmann in Leipzig: „Da Sie meinen ‚deutschen Michel’ doch wahrscheinlich behalten, so bitte ich Sie recht herzlich die Auszahlung des Honorars, über das wir uns bestimmt einigen werden, bis Sonntag den 14. d. M. erfolgen zu lassen. Ich habe eine Uebersiedlung vor, zu welcher ich dringen des Geldes benöthigt bin [...]“. – Papierbedingt etwas gebräunt und mit winzigen Randläsuren; die Verso180 Euro Seite mit zeitgen. Eingangsvermerk.

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135. Hermann Hesse (1877-1962), Schriftsteller und Nobelpreisträger. Voralpenlandschaft. E. aquarellierte Feder- und Farbstiftzeichnung m. e. U. „H. Hesse“, o. O. u. D. [ca. 1920], eine Seite quer-Folio. Das hübsche Aquarell ist e. betitelt „Bäume in der Nacht“. – Auf der Rückseite eine Bleistiftzeichnung von unbekannter Hand. Auf stärkerem, grauem Papier eines Malblocks, am linken Rand perforiert. – Leichte Knickspuren; am unteren Rand mit 2 4500 Euro kleinen Einrissen.

136. Hermann Hesse (1877-1962). E. Gedicht (8 Zeilen) mit aquarellierter Federzeichnung (Hütten und Blick über den Luganer See) auf der ersten Seite, o. O. [Marin bei Neuchatel] u. D. [Anfang Dezember 1946], zwei Seiten kl.-4°. Handgeschöpftes Büttenpapier. „Schmetterling || Flügelt ein kleiner blauer | Falter vom Wind geweht, | Ein perlmutterner Schauer, | Glitzert, flimmert, vergeht. | So mit Augenblicksblinken, | So im Vorüberwehn | Sah ich das Glück mir winken, | Glitzern, flimmern, vergehn.“ 2000 Euro

137. Ferdinand von Hiller (1811-1885), dt. Komponist. E. Brief mit U., „Ferd. Hiller“, o. O. [Köln], 25. April 1871, 1 ½ Seiten 8°. Doppelblatt mit geprägtem Monogramm. An den Komponisten Ernst Seyffardt (1859-1942), damals Student in Köln, über dessen Erstlingswerk: „[...] Ihre Sonate ist ein ganz ehrenwerthes Stück, dennoch hätte ich gewünscht, Sie mit etwas Frischerem, Zugänglichem in die Oeffentlichkeit treten zu sehen. Sie haben hier Sachen geschrieben in welchen mehr Zug u. lebendigere Erfindung war. Es wundert mich nicht daß Sie die Zeichen ausgedehnten Studiums noch nicht abgeschüttelt – aber es ist keine Frage daß man sie dieser Composition anmerkt. Dabei ist sie sehr breit gehalten, ziemlich schwer – u. ich frage mich wer sie etwa spielen möge. Für Sie ist es aber wichtig, daß ein Opus I wenigstens einen gewissen Kreis finde, wenn es auch noch kein großer sein wird u. sein kann. [James] Kwast [Pianist; 1851-1927], der die Sonate auch durchspielte [...] findet allzu große Spuren darin der Vertiefung in Brahms letzte Sonate mit Violine. Das wäre mir gleichgiltig - wenn ich sie ansprechender, conciser und frappanter fände [...]“ – Kwast war 1883-1903 Lehrer für Klavierspiel am Hochschen Konservatorium in Frankfurt amMain. Er war in erster Ehe mit Hillers Tochter Antonie verheiratet. 420 Euro

138. Paul Hindemith (1895-1963), Komponist. Porträtfotografie m. e. U. auf der Bildseite, o. O. u. D. [ca. 1960], 30,5x17 cm. Aufnahme in ganzer Figur von hinten am Dirigentenpult mir Orchester.

450 Euro 139. Ferdinand Hodler (1853-1918), Maler. E. Brief m. U., Bern 4. September 1901, eine Seite 8°. Mit gedrucktem Briefkopf des Bahnhofbuffets Bern. Etwas unfrisch. An die Redaktion der Berner

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Zeitung „Der Bund“, mit der Bitte um Abdruck eines Artikels: „Hochgeehrtester Herr Director. Wollen Sie die Güte haben diesen nachfolgenden Artikel im Bund erscheinen zu lassen. Achtungsvollst grüßt | F Hodler“. 800 Euro

140. August Heinrich Hoffmann von Fallersleben (1798–1874), Schriftsteller und Germanist. E. Brief mit U. („HvF“). „Schloß Corvey“ in Höxter, 2. September 1867. 2 Seiten auf Doppelblatt. Gr.-8°. – An einen namentlich nicht genannten Adressaten: „Trotz dem schönen Wetter bin ich recht fleißig gewesen: ‚mein Leben’ ist wieder um ein Beträchtliches vorangeschritten, bis zu meiner Übersiedelung nach Weimar (14. Mai 1854). Der vierte Band liegt druckfertig da, der fünfte bis zur Hälfte, der zweite darf nur noch abgeschrieben werden. Zum sechsten Bande habe ich viele Vorarbeiten gemacht. Eine Reise nach Weimar wird dazu nothwendig sein. Jetzt muß ich eine kleine Pause eintreten lassen. So mannigfaltig die Arbeit auch ist, so ist das Sich-Hineinleben in vergangene Dinge auf die Dauer etwas Angreifendes [...]“. 750 Euro

141. Johann Centurius Graf Hoffmannsegg (1766–1849), Botaniker und Zoologe. E. Brief mit U. („Gr. Hoffmannsegg“). O. O., 3. März [?] 1815 oder 1825. 1 S. auf Doppelblatt. 8°. Mit e. Adresse (Faltbrief). – An Graf Stolberg: „Es bleibt in Allem bei der Abrede. Ich gehe, mit T. den 3t Feyertag, gleich nach der ersten Frühmesse, nach R; Mittwoch kommen wir zu Ihnen. Sollten Sie zuvor schon nach R. herüberkommen wollen und können, so genössen wir Sie noch länger. T. hat mich, auf der vortrefflichen Einsiedels Empfehlung, lieb gewonnen. Denken Sie, wie sehr mich das, vielseitig, freut! Denn nichts freut mehr, als von dem, welchen wir schätzen und lieben, gegenseitig bemerkt zu werden [...]“. – Hoffmannsegg studierte an der Universität Leipzig Geschichte, Geographie und Naturwissenschaften – vor allem Botanik und Entomologie –, später an der Universität Göttingen neuere Sprachen und Naturwissenschaften und unternahm 1793/94 eine Reise nach Ungarn, Italien und Österreich, auf der er Pflanzen und Insekten sammelte („Reisen in einigen Gegenden von Ungarn“, 1800). 1795/96 bereiste er mit Wilhelm Gottlieb Tilesius und von 1797 bis 1801 mit Heinrich Friedrich Link Portugal, lebte nach seiner Rückkehr zunächst in Braunschweig, ließ sich 1804 in Berlin nieder und gab von 1809 bis 1830 mit Link die „Flore Portugaise“ heraus. Durch eigene Sammlungen legte Hoffmannsegg den Grundstock für das auf seine Initiative hin 1810 gegründete Berliner Zoologische Museum. Als ersten Direktor schlug er Karl Illiger vor; nach dessen Tod 1813 zog er sich aus dem Museum zurück und kehrte 1816 auf sein Gut Rammenau bei Dresden zurück. – Mit einer kleinen zeitgen. Notiz zum Verfasser am unteren Rand der Recto-Seite von Bl. 1; Bl. 2 mit kleinem Ausriß (keine Textberührung). 600 Euro

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142. Hugo von Hofmannsthal (1874-1929), Dichter. 6 Briefe (davon 1 eh. und 5 ms. Briefe, davon 3 mit eh. U.). Rodaun, 19071908. Zusammen 22½ (davon 16 eh.) Seiten 4° und 8°. Mit 1 ms. adr. Kuvert. Beiliegend eine eh. Vertragsabschrift sowie ein ms. Durchschlag davon und diverse Verlagskorrespondenz des Übersetzers a. d. J. 1908-1938. Weiters beiliegend ein Diktatbrief Hofmannsthals a. d. Jahr 1910 (5 Seiten 8°). Zusammen 82 Bll. Inhaltsreiche Korrespondenz mit Ottone Schanzer über die Schwierigkeiten mit dessen geplanter Übersetzung von Hofmannsthals „Elektra“: „[...] ich danke bestens für die schöne Übersetzungsprobe, doch steht die Sache nicht günstig“, schreibt Hofmannsthal unterm 6. XI. 1907 an Schanzer. „Alle Rechte über das Textbuch zur Oper des Herrn Strauss für alle europ. Sprachen habe ich an den Verleger des Komponisten abgetreten, müsste also sogar, wenn ich die Verwendung Ihrer Arbeit für die recitierende Bühne autorisieren könnte ausdrücklich die Verwendung als Operntextbuch ausschliessen[,] aber auch für die Sprechbühne existiert schon seit Jahren eine Uebersetzung und zwar wurde dieselbe im Auftrag der Duse und auf Vermittlung de[s] Herrn Marco Praga von Herrn Pozza in Mailand angefertigt und ist in Prosa. Obwohl nun nach Ablauf eines verabredeten Termins die formalen Rechte der Frau Duse auf das Stück seit einiger Zeit abgelaufen ist [!] so würde ich es doch für eine Verletzung der Courteoisie gegen die ausserordentliche Künstlerin ansehen, wenn ich mich so streng an mein formales Recht hielte, umsomehr, als ich begründete Ursache habe anzunehmen, dass die Duse nun doch in nächster Zeit wieder an die ‚Elektra‘ denken wird [...]“. – Schlußends aber sollte es trotzdem, wie auch aus dem weiteren Verlauf der Korrespondenz ersichtlich wird, zu einer Übertragung durch Schanzer kommen, der später noch den „Rosenkavalier“, „Ariadne auf Naxos“ und „Salome“ übertragen sollte. Wie der beiliegenden, in einer von Schanzer selbst angefertigten Ausführung und einer ms. Abschrift des Vertrages zu entnehmen ist, stünden diesem 50% des Netto-Ertrages zu, die andere Hälfte würde er „mittelst der ‚Societá Italiana degli Autori‘ in Mailand Herrn Hugo von Hofmannsthal übertragen“. – Hofmannsthals Diktatbrief vom 20. X. 1910 betrifft Schanzers Übertragung des „Rosenkavalier“: „Freue mich sehr dass Ihnen R.C. gefällt. Der dritte Akt ist übrigens weitaus der beste. Ihre kleinen Anfragen belästigen mich durchaus nicht, im Gegentheil bewundere ich es sehr dass Sie sich mit so geringen klagen [!] durch die höllischen Schwierigkeiten dieser Übersetzung durchfinden. Die spanischen Namen sind alle hübsch[,] nehmen Sie doch welchen Sie wollen nur nicht Cantelmo der sich ausser bei D‘Annunzio auch schon bei Ariost findet [...]“. – Die zahlreichen Beilagen dokumentieren im wesentlichen rechtliche Fragen und Fragen von Tantiemen und Aufführungen von weiteren Übertragungen Schanzers, der neben den erwähnten Strauss-Opern u. a. meh7000 Euro rere Libretti für Alberto Gasco dichtete.

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143. Ödön von Horváth (1901–1938), Schriftsteller. E. Brief mit U. („Ödön Horváth“). „Berlin, Freytag abends“, o. D. 2/3 S. auf Doppelblatt. Gr.-8°. – An den Berliner Journalisten P. A. Otte (Pseudonym Adalbert Bornhagen), der um 1930 mit Horváth befreundet war: „Ich entdecke soeben, dass ich Ihnen gestern ein nicht ganz durchcorrigiertes Exemplar übergab – verzeihen Sie mir! Beiliegend das richtige! [...]“ – Von allergrößter Seltenheit; kein Brief auf deutschen oder internationalen Auktionen der ver4800 Euro gangenen Jahrzehnte. – Ohne die erwähnte Beilage.

144. Alexander von Humboldt (1769-1859), Naturforscher und Geograph. E. Brief m. U., Potsdam, 22. Oktober 1846. 1 2/3 Seiten gr.-8°. Tadellos erhalten. An den Geologen Léonce Élie de Beaumont (1798-1874) in Paris, der seine Vermittlerdienste in Anspruch genommen hatte. „Mr Loustaunau que j’ai acceuilli comme le seront toujours les personnes qui me sont recommandées par un excellent ami, comme Vous, Mr Loustaunau vient me voir à Potsdam pour m’annoncer son départ de demain comme le chemin de fer est un pouvoir despotique, et ne me reste que peu de minutes […] pour Vous dire que l’affaire qui Vous interessoit est terminé. J’en avois la certitude d’après les démarches que j’avois faites auprès du Ministre de l’Interieur Mr de Bodelschwingh qui, comme moi, avoit accompagné le Roi en Silesie. Je ne puis resister à la tentation de Vous dire en deux lignes, combien j’ai tiré d’instruction de Votre belle Géologie […] Je travaille toutes les nuits au Cosmos, je voudrois que le 2me Vol puisse paroitre en Decembre et le dernier en mai 1847 […] J’ai vu le disque de la Planete Leverrier. Cela m’a laissé une vive impression […]“ 1700 Euro

145. Wilhelm von Humboldt (1767–1835), Schriftsteller und Diplomat. E. Brief mit U. („Humboldt“). München, 22. Juli 1827. ½ S. 4°. – Wohl an F. W. J. v. weil der Frühling währet (1775–1854), der zu jener Zeit Präsident der Akademie der Wissenschaften war und ihn eingeladen haben dürfte, die Antiquarische Sammlung in der Akademie zu besuchen: „Wir werden mit großem Vergnügen von Ew. Wohlgeboren gütigem Anerbieten Gebrauch machen, und Sie morgen früh um 11 Uhr erwarten, um mit Ihnen die antiquarische Sammlung in Augenschein zu nehmen. Ich bin so frei, Ew. Wohlgeboren auch zwei Exemplare meines Buches zu übersenden. Das eine hätten Sie wohl die Güte der Königlichen Akademie der Wissenschaften als Zeichen meiner tiefen Hochachtung und Dankbarkeit auszuhändigen, und das zweite wünschte ich dem Herrn Geheimrath Kopp, dessen Wohnung mir unbekannt ist, zu bestimmen. Empfangen Ew. Wohlgeboren die Versicherung meiner ausgezeichneten Hochachtung [...]“. – Der erwähnte Geheimrat Kopp ist der Philologe Joseph Kopp (1788–1842), der an der Universität Erlangen lehrte und eng mit dem gleichfalls dort lehrenden Friedrich Rückert befreundet war. – Gebräunt und mit starken Randläsuren und -ausrissen. 1200 Euro

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143. Ödön von Horváth

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146. Joris Karl Huysmans (1848-1907), Schriftsteller. E. Brief mit U. Paris, 15. Oktober 1901. 2 SS. Qu.-kl.-8°. – An einen namentlich nicht genannten Adressaten: „Votre lettre m’arrive au moment où je vais [?] regagner Ligugé. Je profite de quelques minutes qui me restent pour joindre Stock, […], qui m’affirme que, du moment que Lafette n’est pas nommé, il ne peut rien réclamer. Ce jugement me semble peut-être un peu absolu – mais je n’ai pas l’article ici pour le lui montrer quoiqu’il en […], il me semble qu’avec votre lettre très adroite et très bien faite il ne peut prendre barre sur nous. S’il me récrivait, je pourrais lui en adresser une semblable quant à ton idée de tribunal, de l’argent aux Bénédictions [?], c’est idiot. C’est embêtant que je ne puisse pas, à cause du déménagement, rester un peu plus à Paris pour liquider auprès d’un avocat cette affaire, car une fois […] qu’il ne pourrait […] juridiquement contre nous, nous l’enverrions balader mais le plus [..], dans l’espèce, c’est ce que vous avez fait, car, en défaut de l’avis de Stock, les initiales même 650 Euro retournées constituent une présomption pour lui […]“.

147. Israelische Staatspräsidenten. Konvolut von acht signierten Porträtfotografien israelischer Präsidenten. Darunter ein Porträtdruck von Chaim Weizmann, Yitzhak Ben-Tzvi (Unterschrift auf Albumblatt mit montiertem Porträt), Zalman Schazar, Ephraim Katzir, Yitzhak Navon, Chaim Herzog, Ezer Weizman und Mosche Katzav.

1800 Euro 148. Sophus Jacobsen (1833–1912), norwegischer Maler. Studienalbum mit 24 Originalzeichnungen. O. O. u. D. Formate von 4° (9) bis 310:475 (14) bzw. 320:675 (1) mm. 12 Blatt lose beiliegend, 12 in Halbleinenmappe. – Mehrheitlich Bleistiftzeichnungen, tls. laviert und mit Deckweiß gehöht, lavierte Federzeichnungen, 1 Aquarellskizze, 2 Aquarelle, 1 monochromes Aquarell und 1 aquarellierte Federzeichnung von Venedig, Nideggen (16) und anderen Motiven. – Tls. stark fingerfleckig; Rücken größtenteils fehlend, Vorderdeckel lose. – Sophus Jacobsen lebte seit 1853 in Düs2500 Euro seldorf, wo er bis 1855 Schüler von Hans Fredrik Gude war.

149. Horst Janssen (1929–1995), Zeichner und Graphiker. E. Brief mit Paraphe und fast halbseitiger, sauber ausgeführter Handzeichnung. [Hamburg], 8. April 1988. 2 SS. 4°. – An [Britta Kerinnes]: „Bis eben habe ich Dein Porträt mit Mütze auf Zink übertragen und werde wohl gleich zu St Gertrude fahren um ’n Berg zu signieren [...] Ich dank dir noch mal für deinen Polaroidbrief. Und muß dir auch noch mal sagen: Es wird immer anstrengend sein, mit mir zu leben. Für dich allzumal – denn: Selbst in Tagen spielerischer Harmonie befällt dich jäh eine innere Unruhe. Und in solcher Nervosität ist es dir nicht möglich, meinen ‚Pessimismus zu ertragen, – selbst dann, wenn ich in solchem zu DIR lieb und liebest bin. Ich muß zB gegen die Welt wüten, WÄHREND ich dich pflege [...] DAS, was ich ‚mit Dir vorhabe’

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schließt ja deine ganz persönlichen Ambitionen nicht aus. Laß mich doch dies eine lächerliche Jahr DIR an dir zeigen, was ich meine für dich. Ich das denn so schwer zu kapieren? [...]“ – Die ca. 80:200 mm große Zeichnung in schwarzem Filzstift und in hellem Ocker aquarelliert. 1200 Euro

150. Jean Paul (d. i. J. P. Friedrich Richter, 1763–1825), Schriftsteller. E. Brief mit U. („Jean Paul Fr. Richter“). Dresden, 9. Juni 1822. 1 S. auf Doppelblatt. 8°. Mit e. Adresse (Faltbrief). – An den Archäologen und Schriftsteller sowie Oberinspektor der Dresdener Antikensammlungen Carl August Böttiger (1760–1835): „Ich schicke Ihnen, verehrter Herr Hofrath, hier mit größtem Danke bei meiner Abreise Ihre Bücher zurück, welche mir im Rausche so vieler Zerstreuungen eine gesunde Abkühlung gewährten. Ich scheide mit dem herzlichsten Wunsch von Ihnen, daß Ihr Auge, das sich der Wissenschaft im doppelten Sinne aufgeopfert, Ihnen von der Vorsehung hergestellt erhalten werde [...]“. – Bl. 2 mit kleinem Ausriß durch Siegelbruch (keine Textberührung) und mit Stempel der Sammlung Gottfried Doehler (1863–1943), des ersten Verwalters der Staatlichen Bücher- und Kupferstichsammlung Greiz – Stiftung der Älteren Linie des Hauses Reuß und Herausgebers der Zeitschrift „Unser Vogtland“; kleinere Falt- und Montagespuren. 2000 Euro

151. Papst.

Johannes Paul II., vorh. Karol Wojtyla (1920-1978-2005),

Farbige Porträtfotografie m. e. U., „Joannes Paulus II“, o. O. u. D. [ca. 1995], 20 x 30 cm. Mit blindgeprägtem Stempel „Segretaria Particolari di sua Santita“. Brustbild des Papstes bei einer Predikt. Fotografie: „O.R., Vatikanstadt“.

600 Euro 152. Uwe Johnson (1934-1984), Schriftsteller. Brief m. e. U., Berlin, 10. Januar 1970, 1 Seite quer-gr.-8°. Kleine Randläsur. An einen Buchhändler in Falkenstein (Taunus): „[…] Die Erzählung Eine Reise wegwohin, 1960 ist Bestandteil des Bandes Karsch, und andere Prosa, der 1964 als Band 50 der edition suhrkamp im Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main, erschienen ist. Von der Erzählung gibt es eine englische Übersetzung, die 1969 unter dem Titel An Absence als Band 35 der Cape Editions bei Jonathan Cape in London herauskam […]“ 500 Euro

153. Carl Gustav Jung (1875-1961), Psychologe und Psychiater. E. Widmung m. U., o. O., Oktober 1947, auf dem Umschlag seiner Abhandlung „Der Geist der Psychologie“, Zürich 1947, gr.-8o, kartoniert (Sonderdruck aus dem Eranos-Jahrbuch, Bd. XIV, Zürich 1946). „Herrn Prof. D. Brinkmann hochachtungsvollst überreicht vom Verfasser.“ – Der Psychologe Donald Brinkmann (1909–1963) war von 1953–63 Präsident der Schweizer Paracelsus-Gesellschaft. 750 Euro

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154. Josef Kainz (1858–1910), Schauspieler. E. Brief mit U. Wien, 21. September 1905. 1 S. Qu.-4°. Mit e. Adresse (Faltbrief). – An den Schriftsteller Georg Hirschfeld (1873–1942), der zu jener Zeit bei dem Buchhändler und Schriftsteller Felix Speidel (1875–1924) logierte: „Soeben erhalte ich eine Einladung von Julius Bauer zur Verlobungsfeier seiner Tochter, welche morgen Abends stattfinden soll. Leider müssen wir also den Tag unseres Zusammenseins in die nächste Woche verlegen [...]“. – Georg Hirschfeld konnte sich 1893 mit Hilfe seines Freundes Otto Brahm als freier Schriftsteller etablieren, betrieb philosophische und literarische Studien in München, Berlin und Wien und lebte seit 1905 in der Dachauer Künstlerkolonie, seit 1912 in München. In seinem erzählerischen und dramatischen Werk anfangs dem Naturalismus nahestehend, wandte er sich später aus finanziel125 Euro len Gründen der Unterhaltungsliteratur zu.

155. Johann Wenzel Kalliwoda (1801–1866), böhm. Komponist. E. musikalisches Albumblatt mit U. („JWKalliwoda“). Leipzig, 28. Juni 1854. ½ S. Qu.-4°. – Fünf Takte aus einem nicht näher bezeichneten Klavierstück. – Von Karl Egon Fürst von Fürstenberg (1796–1854) nach Donaueschingen engagiert, gelangten an der Hofoper unter Kalliwodas Führung neben eigenen Werken auch Werke der von ihm zu Konzerten eingeladenen Zeitgenossen wie Clara und Robert Schumann sowie Franz Liszt zur Aufführung. Zu seinem 450 Nummern umfassenden Werk, das „von 1825 bis etwa zur Mitte des Jh. im Konzertrepertoire der deutschen Städte einen bedeutenden Platz [einnahm]” (MGG VII, 456f.), zählen zwei Opern, Symphonien, Ouvertüren, Konzerte sowie Kammer- und Klaviermusik, Messen, Chöre und Lieder. 750 Euro

156. Marie Luise Freifrau von Kaschnitz, geb. Freiin von HolzingBerstett (1901-1974), Dichterin. 8 e. (Bild-)Postkarten m. U., meist Frankfurt a.M., 8. Juli 1968 – 1. April 1970. Gelocht; eine Karte geknickt. An den Dirigenten Karl Maria Zwissler, Generalmusikdirektor in Mainz. I. 8. Juli 1968: „[…] vielen Dank für die HesseTexte und imponierend das Programm aller von Ihnen dirigierten Werke! Was meine Bücher anbetrifft: ich sagte Ihnen schon dass ich völlig abgebrannt bin. Ich schreibe aber gleichzeitig an den Claassen Verlag […] Falls es Ihnen eilt: zumindest das erst vor 2 Jahren erschienene ,Überallnie‘ sollte in jeder besseren Buchhandlung zu haben sein. ,Ewige Stadt‘ ist ein kl. Band Gedichte, 1952 bei Scherpe Krefeld erschienen, ,Ferngespräche‘ (Erzählungen) voriges Jahr bei der Insel […]“ – II. 18. Juli 1968: „[…] Im ,Überallnie‘ ist nichts neues, es sind da aber wirklich die besten Gedichte auch aus ,Dein Schweigen m[eine] Stimme‘“. – III. 20. Oktober 1969: „[…] Mein Gedicht stammt aus den Elendszeiten nach dem Krieg, es ist wahrscheinlich jetzt schwer verständlich, danke dass Sie es mögen […] Ich war bei der Büchnerpreisverleihung – Heissenbüttel – und etwas Apo-Tumult […]“ – Auf der Bildseite eine Ansicht ihres „Heimatdorfes“ Bollschweil. 800 Euro

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157. Wladimir Kastorsky (1871-1948), russ. Opernsänger. Porträtfotografie m. langer e. Widmung u. U. auf der Bildseite u. e. Notenzitat, o. O., 1923, 1 Seite gr.-8°. – Sehr selten. 400 Euro

158. Gottfried Keller (1819–1890), Schriftsteller. „Commissional-Antrag. | Entwurf eines Gesetzes betreffend das Duell“. Eigenhändiges Manuskript mit Unterschrift („Vor der verordneten Commission: | der Sekretär | Keller“). Zürich, „4. Christmonat“, d. i. Dezember, 1865. 2 SS. Folio. Inkl. Titel, Datum und Unterschrift 81 Zeilen. – Seltenes historisches Dokument, das nicht in der Briefausgabe von Helbling (s. u.) abgedruckt ist. – Gottfried Keller, seit 1861 Erster Staatsschreiber des Kantons Zürich, hält hier eigenhändig in sechs Paragraphen den Entwurf zu einem Verbot des Duells fest; im Falle von dessen Ablehnung folgt anschließend in zehn Paragraphen ein „Minderheitsantrag“: „Das Duell“, so heißt es in §1 des „Entwurfs“, „ist verboten und wird, auch wenn es erfolglos geblieben ist (§5) [,] als Polizeiübertretung bestraft. §2. Die Duellanten werden mit Buße von fünfzig bis zweihundert Franken, die Sekundanten, Unpartheiischen, Zeugen sowie alle andern Personen, welche zum Duell Vorschub geleistet haben oder demselben auch nur beigewohnt haben (mit einziger Ausnahme des Arztes, wenn er patentirt ist) mit Buße von zehn bis hundert Franken bestraft [...]“. – §1 des „Minderheitsantrages“ sieht hingegen folgendes vor: „Das Duell wird, insofern es keine oder bloß eine Körperverletzung dritten Grades zur Folge hatte, gegenüber den Herausforderern und Herausgeforderten mit Gefängniß von sechs Tagen bis auf zwei Monate bestraft. Erfolgte dagegen eine Tödtung oder eine Körperverletzung ersten oder zweiten Grades, so besteht die Strafe für den Urheber der Verletzung in Gefängniß bis auf drei Jahre“. – Mit kleinen Randläsuren und etwas stockfleckig; beide Seiten mit einer e. Notiz eines „Elsasser“, der das vorliegende Schriftstück „den 9. Dec. Abends 6 Uhr“ erhalten zu haben bestätigt. – Nicht in: Gottfried Keller: Gesammelte Briefe in vier Bänden. Hg. von Carl Helbling. Bern, Benteli, 1950–54. 9500 Euro

159. Justinus Kerner (1786-1862), Dichter und Arzt. E. Gedichtmanuskript m. U., o. O. u. D., 2 Seiten 4°. Der dritte Teil seines Gedichts „An Sie im Alter“, mit dem er seinem Rickele ein Denkmal gesetzt hat. – Im vorliegenden aus 6 Strophen bestehenden dritten Teil (von insgesamt 8) hat Kerner auch ein Loblied auf die Filder („einer der früchtereichsten Landstriche unseres Vaterlandes unweit Stuttgart“, so R. Pissin in einer Fußnote in der ersten Werkausgabe) eingefügt: „Auf den Fildern, unter den Bäumen, | Wo die goldnen Äpfel sind, | Wo der Kohl wie Silber glänzet, | Spielte sie, ein lichtes Kind“ (1. Strophe), „Auf den Fildern, unter den Bäumen, | Schwabenlandes echter Flur, | Wuchs sie auf zur treusten Tochter | Württembergischer Natur“ (3. Strophe). – Seltenheitswert in der Geschichte der Lyrik haben Gedichte der Gattentrue wie „An Sie im Alter“ und „An Sie nach Ihrem Tode“. Damit hat er seinem Rickele, die einen Ehrenplatz unter den deutschen Dichterfrauen

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verdient, ein Denkmal gesetzt. Ihr Sinn für die Wirklichkeit des Alltags, ihre Geduld und Besonnenheit, ihr Verständnis und Einfühlungsvermögen schufen den Ausgleich zu Kerners Sensibilität und überschwänglicher Phantasie. Das Ehe- und Familienglück bewahrte ihn lange Zeit vor einem Verfall in die Schwermut, die sein Leben nach Rickeles Tod beherrschte und deutlich aus 2500 Euro seinem Briefwechsel mit Ottilie Wildermuth ersichtlich ist.

160. Athanasius Kircher (1602-1680), Jesuit und Universalwissenschaftler. Schriftstück mit e. U. Rom, 21. April 1661. 1 Seite qu.-8°. Quittung über die Einlösung eines Wechsels: „[...] ho riceuto dalli S[ignor]i Martelli, e Ubertini [Scudi] cinquantadue [...] quali mi hanno pagato per una di cambio de S[ignor]i Franc[es]co e Bened[ett]o Tempi di Firenze de 29 Marzo pa[ssa]to [...] per la u[ltim]a posta in debito al Sig[no]r Cosimo Albergotti [...]“. – Von größter Seltenheit, nur zwei Einzelautographen Kirchers auf Auktionen der letzten Jahrzehnte nachweisbar. - Mit kleinen Spuren von leichtem Tintenfraß.

7500 Euro 161. Ernst Ludwig Kirchner (1880–1938), Maler. 5 e. Briefe mit U. Berlin, Frauenkirch und o. O., 1911–1920. Zusammen 16¾ SS. auf 17 Bll. Gr.-4° bis gr.-8°. Mit einer viertelseitigen Handzeichnung, 5 e. adr. Kuverts und einem Exlibris. – Inhaltsreiche und freundschaftliche Korrespondenz mit Maria Schmidt(-Hell) in Magdeburg, der Gattin des Kunsthistorikers Paul Ferdinand Schmidt, damals Direktorialassistent am dortigen KaiserFriedrich-Museum und später Direktor der Städtischen Sammlung Dresden. I: „Eben dabei ein neues Exlibris zu schneiden, erinnere ich mich, dass Sie seinerzeit, als ich bei Ihnen war, den Wunsch aussprachen, eines zu besitzen. Ich würde Ihnen nun sehr gern eins machen. Ich mache gewöhnlich 2 bis 3 Platten, aus denen Sie Sich dann selbst, das Ihnen liebste aussuchen würden. Der Preis würde ca 80 bis 100 M. betragen. Die Platten bleiben natürlich Ihr Eigentum [...] Was machen denn Ihre Pensionäre, unsere Bilder, gefallen Sie Ihnen, haben Sie viele Kämpfe und Diskussionen damit? Ich bin sehr froh, dass sie in einem so schönen Hause hängen dürfen [...]“ (Br. v. 21. Juni 1911; beiliegend ein Exlibris, Linolschnitt, 59:39 mm, weiblicher Akt auf Zirkustrommel). Die erwähnten „Pensionäre“, d. s. wohl einige „Brücke“-Bilder, hingen in dem im Jahr zuvor von Heinrich Tessenow für das Ehepaar Schmidt entworfenen „Haus zum Wolf“. – II: „Ich hoffe selbstverständlich, dass Sie mich aufsuchen, wenn Sie nach Dresden kommen, bitte teilen Sie dann den Tag Ihrer Ankunft mit, damit ich sicher da bin. Heckel wird wohl dann auch wieder da sein. Er ist im Moment verreist. Ich freue mich sehr wenn Sie kommen, die Möglichkeit sich mit ‚Menschen’ zu unterhalten fehlt hier fast gänzlich. Ich habe bisher für signierte Abdrücke 8 bis 10 M verlangt. Wenn das aber für Ihren Bekannten zu teuer ist möchte ich die Preisbestimmung ganz in Ihre Hände legen. Ihre Zeilen machen mir eine grosse Freude. Dass Sie unsere Bilder geniessen kön-

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nen, das ist der beste Gegendienst für uns. Das Pekuniäre ist das notwendige Übel, das uns so oft herunterdrückt [...]“ (Br. v. 28. Juni 1911). – III: „[...] eben kommen meine und Heckels Bilder von Ihnen, ich danke Ihnen für die frdl. Übersendung, hoffentlich hat es Ihnen nicht zuviel Mühe gemacht, ich sende Ihnen sofort die von Herrn Doktor ausgesuchten 4 Arbeiten von mir [...] Ich werde vermutlich mit Heckel in Cöln die Kapelle im Sonderbund ausmalen und fahre deshalb in diesen Tagen dorthin [...]“ (Br. v. 13. Mai 1912). – IV: Wohl über Entwürfe für Webereien: „Das ist eine ganz famose Idee von Ihnen und werde ich sehr gern für die Arbeit Entwürfe machen [...]“ (Br. v. 2. September 1912). – V: Nach der Trennung Maria Schmidts von ihrem Mann, Kirchners Nervenzusammenbruch 1915 und mehreren Klinikaufenthalten seit 1917 in der Schweiz lebend: „Da ich infolge meines Leidens seit vielen Jahren ganz zurückgezogen lebe, hatte ich in der Tat nichts von Ihrem Schicksal gehört und ich wusste doch damals, dass im Haus zum Wolf Sie die seelisch treibende Kraft waren. Ich hatte schwere Jahre zu durchkämpfen, in denen mein Körper schliesslich zusammenbrach, so dass ich heute mit einem unheilbaren Leiden nur noch eine Ruine bin. Das einzige was mich hält ist meine Arbeit. Ich bin in dieser gerade durch das Leiden wohl weiter gekommen, fast hin zu dem Punkt, wo die Möglichkeit des sich verständlich machens dem Aussenstehenden aufhört. Doch ich möchte auf Ihre Frage antworten und Ihnen sagen was nach meinem Glauben der Weg sein könnte, den Sie in der Weberei machen sollten. Der ‚modernen Kunst’ fehlt die geeignete Umgebung in Zimmereinrichtung und gerade in Teppichen. Sie wissen, dass man sich bis heute damit beholfen hat die orientalischen Teppiche in Europa zu modernen Zimmern zu nehmen. Sie wissen, dass diese heute so selten und so teuer sind, dass es bald keine mehr giebt. Für die neuen Bilder sind auch sie schon veraltet. Sie wissen wohl auch, wie diese Teppiche entstanden sind. Indem die orientalischen Frauen in ihrem Geiste die Kunstformen, die sie vor Augen hatten, umformten, daran träumten[,] sie bewegten und sie durch ihre Hände fast unbewusst wieder in das Ornament ihrer täglichen geduldigen Arbeit, ihrer Teppiche fliessen liessen. Sie schufen damit ein neues Kunstwerk ganz rein, ganz sinnlich und doch ganz frauenhaft im Aufgehen in der Kunst ihrer Zeit. Das fehlt uns heute bitter und es gäbe wohl keine grössere Aufgabe als diese, die heutige Kunstform ins Leben zu bringen. So dächte ich mir heute Ihre Arbeit nicht mechanisch von Bild oder Entwurf zu kopieren sondern von der Technik des Webens geleitet die Farben und besonders die Formen, die Ihnen vor Augen schweben von den Bildern, die Sie gern haben, in die Teppiche zu weben. Sie würden dadurch die Freiheit der Möglichkeiten haben alle Ihre Empfindungen schaffend zu gestalten. Der Ausgangspunkt der Arbeit wäre eine bestimmte Farbreihe, z. B. blau rot rosa schwarz oder grün gelb orange braun oder sonst wie [...] [folgt die Federzeichnung eines Teppichs, ca. 90:210 mm] [...] Ich weiss nicht, ob ich mich verständlich darüber ausgedrückt habe und ob Ihnen diese Art überhaupt sympathisch wäre. Es giebt natürlich 1000 Möglichkeiten. Da ich seit vielen Jahren vollkommen zurückgezogen lebe,

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kenne ich leider keinen Maler, den ich Ihnen in Sicherheit nennen könnte, der wirkliches Interesse an solchen Dingen hätte. Soweit ich sehen kann sind die meisten durch die jetzt so leichten Erfolge geblendet entsetzlich ungebildet und faul geworden [...]“ (Br. v. 9. März 1920). 15000 Euro

162. Hans Knappertsbusch (1888–1965), Dirigent. 3 (davon 1 eigenh. und 2 ms.) Briefe mit e. U. bzw. Paraphe und 2 ms. (davon 1 tls. e.) Postkarten mit U. bzw. Initialen. München und [Wien], 1939. Zusammen 9½ Seiten (Qu.-)8°. – Inhaltsreiche Korrespondenz mit dem Direktor der Wiener Staatsoper Erwin Kerber (1891–1943) über nähere Details zu geplanten Aufführungen die Knappertsbusch – der 1935 als Leiter der Münchener Staatsoper entlassen worden war und seither als ständiger Gastdirigent an der Wiener Staatsoper sowie bei den Salzburger Festspielen dem Haus verbunden war – leiten sollte. I: „[...] Heute vor acht Tagen einigten wir uns telefonisch auf den Maskenball, statt des Othello. Ihr Brief von heute jedoch läßt mich wieder, so wie Sie es zuerst wollten, den Othello bevorzugen [...] und zwar aus folgenden Gründen. Ich teile vollkommen Ihren ablehnenden Standpunkt zu Kautsky’s [d. i. der Bühnenbildner und -maler Robert Kautsky, 1895–1963] bizarrer, ja absurder Idee: treiben Sie ihm diese, die auch bei Verlegung des M’ball auf einen späteren Termin wohl nicht in Frage kommt, also bitte aus. Er soll uns dafür vier herrliche Othellobilder entwerfen! Des Weitere wissen Sie, dass ich den Maskenball gerne mit Ihnen machen will, während ich Othello für einen geeigneteren Prüfstein für einen Gastinscenierer halte (falls Sie ihn noch nicht v. Wymetal [d. i. der Spielleiter und Regisseur Erich von Wymetal, 18921966] versprochen haben – oder auch selbst machen möchten!) [...] Mazzaroff [!, d. i. der Tenor Theodor Mazaroff, 1907–1975] soll bis zum Eintreffen des Materials ruhig an seinem Richard [wohl der Riccardo im „Maskenball] weiterarbeiten, den er ja nach Rückkunft aus Italien sowieso fertig haben muß, und dann gleich den Othello beginnen [...] Wir sprachen in Salzburg über Corregiador – sehr schön, dass Sie ihn gleich vorsahen! [...]“ (Br. v. 24. September 1939). – II: „Alia wiesbadensis jacta est: je dois malheureusemst [!] go for Wiesbaden. They have changés de nouveau the date. I would have prefer, pas partir pour cette ville, and come directly to my dear Erwin – but: es hat nicht sollen sein […]” (Postkarte v. 25. September 1939). – III: „[...] Othello: Sie tun sehr recht, dass Sie Mazaroff bis zum hinter ihm liegenden Start des ‚Schmucks’ absolut in Ruhe lassen. Aber dann hilft dem guten Jungen kein Weigern mehr [...] Sobald ich zurück bin, hat er täglich bei mir Probe. Ob er nun fertig wird oder nicht, sehen wir ja dann bald, aber: gearbeitet wird!! Wir haben ja im Versagungsfall immer den Kraaywanger [!, d. i. der Tenor Heinz Kraayvanger, 1904–1971], der sicher auch ein guter Othello sein wird [...]“ (Br. v. 29. September 1939). – IV: „Es wird Sie sicher interessieren, dass hier [d. i. München] gestern ‚notre vache hongroise arienne Rosette [wohl die MezzoSopranistin Rosette Anday, 1903–1977]’ als Ulrica [wohl im „Maskenball“] gastiert hat. Weitere Erhebungen über etwaige atmosphärische Wellenstörun-

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gen kann ich leider nicht mehr erlangen, da ich zur Abfahrt rüste [...]“ (Postkarte v. 3. Oktober 1939). – V: „Die Birkas [?, möglicherweise die Sopranistin Lilian Birkás, 1916–1994] ist gestern nicht zur Probe gekommen, und hat das ‚Geheimnis’ gründlich geschmissen. Hocherfreut [folgt Paraphe]“. (e. Br., o. D.; auf Briefpapier mit gedr. Briefkopf der Direktion der Staatsoper). 1800 Euro

163. Oskar Kokoschka (1886–1980), Maler, Graphiker und Schriftsteller. E. Widmung mit U. in: O. K.: Bildnisse von 1907–1970. Ausstellungskatalog. München, Haus der Kunst, 1971. Mit zahlr. Abbildungen auf 53 Tafeln und im Text. 33, (1) SS., (5) Bll. Bedruckte Originalbroschur. Kl.-4°. – Der Vortitel mit Widmung an den Ausstellungsorganisator und langjährigen Leiter des Münchener Hauses der Kunst, Peter Ade (1913–2005): „Wenn der liebe Peter Alois nur öfter mit dem Adolf bei mir in Villeneuve auftauchen würde, trotz der wunderschönen Ausstellung hier in München Ihr dankbarer Oskar Kokoschka 14. 9. 400 Euro 71“. – Leichte Gebrauchsspuren, die Widmung selbst tadellos.

164. Oskar Kokoschka (1886–1980). E. Albumblatt mit U. London, 1941. 1 S. Qu.-32°. – „For democrats: In the long run it will be but you have to find out ‚something, somehow, somewhere’ in the ways of progress as there is no traffic-regulating cop for that [...]“. – Die 600 Euro Verso-Seite mit alten Montagespuren.

165. Karl Julius Körner (1793–1873), Dichter und Diakon. E. Brief mit U. („Julius Körner“). Schneeberg, 14. Januar 1836. 2½ SS. auf Doppelblatt. 4°. Mit e. Adresse (Faltbrief). – An den Buchhändler Barth in Leipzig zur Übersendung eines Manuskriptes, „zu dessen Ausarbeitung mich die Erscheinungen der Gegenwart drängten u. begeisterten. ‚Das Christenthum im Kampfe mit der Zeit’ ist der Gegenstand, dem die Behandlung gilt. [Folgt eine Aufzählung der 12 Kapitelüberschriften.] Dies das Skelett. Recht innig sollt’ es mich freuen, wenn dieser Abriß Ihnen zum Belege dienen wollte, daß zeitgemäße Dinge hier besprochen werden [...]“. – K. J. Körner studierte Theologie, Französisch, Italienisch und Englisch und war als Sprachlehrer tätig. Daneben übersetzte er Byrons „Hebräische Gesänge“, deren einige von Robert Schumann vertont wurden, beschäftigte sich mit Shakespeare und veröffentlichte 1822 einen Band „Gedichte“. – Papierbedingt etwas gebräunt, Bl. 2 mit kleinem Ausschnitt durch Siegelbruch (keine Textberührung); ohne das erwähnte Manuskript. 300 Euro

166. Else Lasker-Schüler (1869-1945), dt. Dichterin. E. Gedicht m. U., „Else Lasker-Schüler“, o. O. u. D. [Berlin-Halensee, 8. März 1910], 2 Seiten 8°. „Pharao und Joseph“: „Pharao verstößt seine blühenden Weiber Sie duften nach den Gärten Amons. Auf meiner Schulter ruht sein Kopf Die strömt Korngeruch aus. Pharao ist von Gold. Seine Augen gehen

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und kommen. Wie schimmernde Nilwellen. Sein Herz aber liegt in meinem Blut; Zehn Wölfe gingen an meine Tränke. Immer denkt Pharao. An meine Brüder, Die mich in die Grube warfen. Säulen werden im Schlaf seine Arme. Und drohen. Aber sein träumerisches Herz Liegt auf meinem Grund. Darum dichten meine Lippen Große Süßigkeiten Um die Träume seines Königskopfs 9500 Euro Im Waizen unseres Morgens.“

167. Ferdinand Lauffer (1829–1865), Schriftsteller. 4 e. Gedichte mit U. und 1 e. Brief mit U. (jeweils „Ferd. Lauffer“). O. O. u. D. Zusammen 4 SS. auf Doppelblatt. Kl.-4°. – An die Redaktion des „Österreichischen Couriers“ zur Übersendung der vier Gedichte: „Sollten diese Gedichte Beifall und Aufnahme finden [...], so er suche ich Sie bei Gelegenheit durch ein Schreiben mir Kunde hievon zu geben. So eben habe ich eine histor. Novelle, betitelt: Vergieb uns uns’re Schuld, die eine Episode aus dem 30jährigen Krieg abhandelt, unter der Feder. Gegen ein entsprechendes Honorar wäre ich bereit, selbe Ew. Wohlg. zur Verwendung im Feuilleton des östr. Courier’s zuzusenden [...]“. – Vorstehend die Gedichte „Die Gräber“ (84 Zeilen), „Sängerin und Dichter. An den Dichter des Spartacus“ (48 Zeilen), „Des Greises Erkenntniß“ (14 Zeilen) und „Erkenntniß des Schönen“ (26 Zeilen). – Ferdinand Lauffer, wohl ein Verwandter des Historienmalers Emil Johann Lauffer, wurde 1829 in Hof/Mähren geboren und wurde später ein Freund und Schicksalsgenosse des „Bauernbefreiers“ Hans Kudlich. In Italien machte er beim Infanterie-Regiment Nr. l die Kämpfe in den Jahren 1858 und 1859 mit und war in der Schlacht bei Magenta dabei. Von dort zurückgekehrt, übernahm er die die Apotheke seines Vaters in Hof und wurde, so Wurzbach, „ein begabter Dichter, der mehrere Novellen, Dramen geschrieben und von dem einzelne Gedichte zerstreut in Journalen und Taschenbüchern gedruckt erschienen sind“ (XIV, 221, im Artikel über Emil Lauffer). – Papierbedingt etwas gebräunt; die Recto-Seite von Bl. 1 etwas angestaubt. – Aus der Autographensammlung von Eduard Fischer von Röslerstamm mit dessen e. beschriebenem Archivzettel. 320 Euro

168. Walter Legge (1906–1979), Musikkritiker, Orchesterleiter und Musikproduzent. Ms. Brief mit eigenh. U. [London], 7. Juni 1938. 1 S. 4°. – An Erwin Kerber (von 1936 bis 1940 Direktor der Wiener Staatsoper, 1891–1943): „Our season, one of the most distinguished in the history of Covent Garden, is drawing to a close. A part of the success has been due to your kindness in giving leave to some of the members of your admirable Company to accept engagements with us, and your generous help when illness has made drastic inroads into our casts. I wish therefore, on behalf of Sir Thomas Beecham and the Directors, to take this opportunity of thanking you for your valuable co-operation and the generous spirit which prompted it […]”. – Auf Briefpapier mit gedr. Briefkopf des Royal Opera House Covent Garden; am rechten Rand etwas stockfleckig.

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169. Hans Leip (1893–1983), Schriftsteller und Graphiker. E. Brief mit U. [Hamburg], 9. Mai 1962. 1 S. 4°. – An einen Herrn Rüger [?]: „Ihre Signatur-Sache wurde mir nachgeschickt und so erledige ich sie sozusagen sinngemäß – in der guten Vaterstadt selber. Ich sehe, daß meine Korrekturen weitgehend berücksichtigt wurden und freue mich. Gern hätte ich ein Belegstück der Neu-Auflage [...]“. – Auf Briefpapier mit gedr. Briefkopf des 200 Euro „Baseler Hospiz“ in Hamburg.

170. Justus von Liebig (1803–1873), Chemiker. Visitenkarte mit einigen e. Zeilen. O. O. u. D. 1 S. Qu.-64°. Mit e. adr. Kuvert. – An seinen Schüler, den Chemiker und späteren Erfinder des Backpulvers Eben Norton Horsford (1818–1893), mit einer Einladung für „heute (Samstag) Abend um 8 Uhr, zu einem Nachtessen“. – Mit leichter Strukturveränderung des Papiers am rechten Rand, das Kuvert mit einem kleineren Fleck.

270 Euro 171. Franz Liszt (1811–1886), Komponist. E. Brief mit U. („F. Liszt“). Weimar, 25. April 1882. 2 SS. auf Doppelblatt. 8°. – An den namentlich nicht genannten Schriftsteller Hans Frh. von Wolzogen (1848–1938): „Ihre ‚Leitfäden’ sind eine gedeihliche Bereicherung der MusikLitteratur. Sie fördern wesentlich das geistige Verständniss [!] der grossen, erhabenen, einzig dastehenden Schöpfungen Wagner’s. Bereits gelten auch die ‚Leitfäden’ für classisch, und mit Recht, weil sie als Musterarbeiten Schule machen [...] Auf freundschaftliches Wiedersehen im Parsifal [...]“. – Drei Monate darauf, am 26. Juli, sollte in Anwesenheit Liszts die Uraufführung des „Parsifal“ in Bayreuth unter Wagners Leitung stattfinden; Wolzogens „Thematischer Leitfaden durch die Musik des Parsifal“ erlebte in demselben Jahr bereits vier Auflagen. – Sehr wohlerhalten. 5000 Euro

172. Franz von Liszt (1851–1919), Jurist. E. Brief mit U. (Prof. v. Liszt“). Marburg, 14. Juli 1886. 3 SS. auf Doppelblatt. 8°. – An einen namentlich nicht genannten Staatsanwalt mit der Mitteilung, daß er sehr gerne bereit sei, „Ihre Abhandlung in die ‚Zeitschrift’ aufzunehmen. Die Frage der Ausbild[un]g der Referendare bei der Staatsanwaltschaft erschien mir bereits früher als wichtig genug, um einen Ihrer tüchtigsten Amtsgenossen um eine kleine Abhandlung zu ersuchen, die mir auch zugesagt worden ist. Es wäre ganz hübsch, wenn sich an Ihre Bearbeit[un]g eine kleine Debatte anknüpfen ließe [...]“. – Franz von Liszt, der um vierzig Jahre jüngere Cousin des Komponisten Franz Liszt, begründete seinen Rang als Strafrechtsdogmatiker mit dem erstmals 1881 erschienenen „Lehrbuch des deutschen Reichsstrafrechts“, das später zum Standardwerk des Strafrechts wurde. Über die Vielzahl seiner Veröffentlichungen hinaus wirkte er vor allem durch die gemeinsam mit Adolf Dochow begründete „Zeitschrift für die gesamte Strafrechtswissenschaft“, durch die von ihm gepflogene Gesprächsrunde des „Kri-

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171. Franz Liszt

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minalistischen Seminars“, dem eine ganze Generation deutscher Strafrechtslehrer entstammte, und durch die gemeinsam mit Adolphe Prins und Gerard Anton van Hamel gegründete „Internationale Kriminalistische Vereinigung“.

300 Euro 173. Friedrich Frh. von Logau (1604–1655), deutscher Dichter. E. Albumblatt mit U. („Friderichus à Logaw Nob[ilis] Sil[esius]“). Altdorf, 19. Oktober 1627. 1 S. 8°. „Amare volo, potiri nolo. | Laudatâ Virtute & politiori literaturâ Fulgentissimo Domino Possessori, sic adfectum benivolum innuere & honorificum sui recordationem procurare voluit“. – In der Blattmitte farbige Wappengouache, unter der Unterschrift Logaus sein Wahlspruch nach Ovid: „Non est mortale quod opto“ („Es ist nicht sterblich, was ich wünsche“). – An der Universität Altdorf setzte Logau sein 1625 an der Viadrina begonnenes Studium der Rechtswissenschaft fort. – Von größter Seltenheit; das vorliegende Blatt ist das einzige auf Auktionen und im Handel der letzten Jahrzehnte nachweisbare Autograph des großen schlesischen Dichters, der in der Fruchtbringenden Gesellschaft unter dem Beinamen „der Verkleinernde“ bekannt war. Am linken Rand alt montiert und nur gering fleckig, im Ganzen wohlerhalten. 6500 Euro

174. Ludwig I. (1786–1868), König von Bayern. E. Brief O. O. u. D. ½ Seite 8°. – An einen namentlich nicht genannten Adressaten: „Am ersten April trete ich meine Reise nach Rom an, wo ich unsern Dichter finden werde. Im Juny gedenke ich hier zurück zu sein“. – Mit kl. Montagespuren verso. 300 Euro

175. Anna Mahler (1904–1988), Bildhauerin. E. Brief mit U. O. O., 8. Dezember 1985. 1¾ Seiten 4°. – An „Dir. Salzmann“, d. i. der Kunsthistoriker Siegfried Salzmann (1928–1993): „Die kurze Zeit in Bremen war wunderbar – bedrückt nur durch das Wissen, dass es am Tag in Duisburg nicht so schön sein wird. Der Torso war in einem Stück Rasen 10km entfernt aufgestellt, voll häßlicher Spuren eines achtlosen Transportes. Die anderen zwei Figuren im Keller. Ein wirklicher Faustschlag. Die 3 Figuren werden also von Bayer abgeholt und aufgehoben bis eine gute Lösung gefunden ist. Nämlich ein gutes Heim [...]“. – Mit Eingangsstempel des Adressaten.

200 Euro 176. Gustav Mahler (1860-1911), österr. Komponist. Gedrucktes Schriftstück m. e. U., „Gustav Mahler“, Wien, Oktober 1908, 1 Seite gr.-4°. Mit Umschlag. Knickfalten. Unterschrift minimal verwischt.„An das vorbereitende Komitee der Konzerthaus-Gesellschaft zuhanden des Vorsitzenden Herrn Theodor Hämmerle, Wien. | Ich erkläre mich hiermit bereit, dem zu bildenden Aktions-Komitee zur Förderung des Konzerthaus-Baues beizutreten […]“ Der Bau des Wiener Konzerthauses wurde am 9. Dezember

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1911 begonnen; 1913 wurde es mit der ersten Konzertsaison eröffnet. Der Fabrikant, Mäzen und Ruderer Theodor Hämmerle (1859-1930) beteiligte sich and der Gründung des Wiener Konzertvereins und seines Konzerthauses und war Vorsitzender der Konzerthausgesellschaft, die er ebenfalls mitbegründet 2500 Euro hatte.

177. Thomas Mann (1875–1955), Schriftsteller. E. Brief mit U. Zürich, „Hotel Baur au Lac“, 19. Mai 1950. 2½ SS. auf Doppelblatt. Gr.-8°. – Unveröffentlichter Brief an den Publizisten Melvin Lasky (1920–2004) mit Dank „für Ihren wichtigen und interessanten Brief über den geplanten ‚Congress for Cultural Freedom’. Auf Ihre Frage nach meinem Verhalten zu den Problemen, die dieser Congress behandeln soll, gibt es nur eine fix- und fertige Antwort: Es ist der Vortrag ‚Meine Zeit’, den ich in der Universität von Chicago, in New York und in Stockholm, abgekürzt auch in der Pariser Sorbonne gehalten habe und am 5. Juni hier halten werde. Er stellt, nach vielen Missverständnissen, meine Haltung in der gegenwärtigen Weltlage vollkommen klar, indem er nämlich mit einer entschiedenen, moralisch begründeten Absage an den totalen Staat und die dogmatische Diktatur ein warmes Plaidoyer für den Frieden verbindet [...]“. – Der US-amerikanische Publizist Melvin Lasky war während des Zweiten Weltkriegs in Deutschland und in Frankreich stationiert und blieb nach dessen Ende als Kulturoffizier der US-amerikanischen Streitkräfte in Berlin, wo er später auch als Korrespondent für amerikanische Zeitschriften wie „The National Interest“ tätig war. Bei dem von Thomas Mann angesprochenen „Kongreß für kulturelle Freiheit“, der im Monat darauf im Titania-Palast in West-Berlin gegründet werden sollte, „forderte er [d. i. Lasky] ‚freie Wahlen und die Verwirklichung der Menschenrechte in Osteuropa’. Von Kulturschaffenden und Intellektuellen wie den Philosophen Hannah Arendt sowie Karl Jaspers und den Schriftstellern Albert Camus, Golo Mann und George Orwell erhielt er dafür Unterstützung“ (Wikipedia, Abfrage v. 27. November 2008). – Vgl.: Die Briefe Thomas Manns. Regesten und Register. Hrsg. v. Hans Bürgin und Hans-Otto Mayer. Bearb. und hrsg. unter Mitarbeit von Yvonne Schmidlin. Bd. III. Briefe 1944–1950. Frankfurt a. M., S. Fischer, 1982, S. 737f., Nr. 50/223. – Leichte Knitterspuren, sonst 2500 Euro wohlerhalten.

178. Maximilian I. Joseph (1756–1825), König von Bayern (als Kurfürst Maximilian IV. Joseph). Schriftstück mit e. U. („Max. Jos. Churfürst“). Bayreuth, 31. März 1801. 1 Seite kl.-4°. – An einen namentlich nicht genannten Adressaten: „Ihr empfangt hiebei abschriftlich diejenige Verfügung zu eurer Kenntniß und Bemessung, welche Wir in Betreff der Einhebung der Abschoß- und Abfahrts-Gulden unterm Heutigen an die kurfürstl. General- und [...] Landesdirektionen, wie auch übrige[n] Behörde[n] erlassen haben“. – Auf Papier mit gest. Titulatur; ohne die erwähnte Verfügung; etwas angestaubt und mit kl. Randläsuren. 200 Euro

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179. Maximilian II. Joseph (1811–1864), König von Bayern. E. U. auf einem Brief des Juristen und Staatsmanns Ludwig Frh. von der Pfordten. Vorderriß, 5. November 1852. 2 Seiten Folio. – Kanzleibrief mit e. U. des damaligen Staatsministers für Handel und öffentliche Arbeiten von der Pfordten betr. der Neubesoldung des Assessors Heinrich Badhauer. Der König zeichnet unter dem gleichfalls aus Kanzlistenhand stammenden Vermerk „Dieses nach Antrag genehmigt“. – Ludwig Frh. von der Pfordten (1811– 1880) war als einer der Führer der sächsischen Liberalen im März 1848 zum sächsischen Minister für Auswärtiges und Kultus, im Jahr darauf zum Minister des Äußeren sowie des Handels und der öffentlichen Arbeiten (dies als Nachfolger von Otto Gf. von Bray-Steinburg) bestellt worden. „Im Dezember 1849 [übernahm er] auch das Amt des Ministerpräsidenten und versuchte als einer der Hauptvertreter der Triasidee, durch den Zusammenschluß der deutschen Mittelstaaten neben Preußen und Österreich eine dritte Macht innerhalb des Deutschen Bundes zu schaffen. Als sich diese Politik nicht realisieren ließ, trat [er] zurück, war seit 1859 bayerischer Gesandter beim Deutschen Bund in Frankfurt/Main und nach dem Regierungsantritt König Ludwigs II. von Bayern seit 1864 erneut Ministerpräsident“ (DBE). – Auf Briefpapier mit gest. 200 Euro Briefkopf des Staatsministeriums.

180. Jonathan Meese (geb. 1970), Maler und Aktions- bzw. Performancekünstler. E. Widmung mit U. („Jonathan Meese“) sowie mehrere e. Beschriftungen und kl. Einzeichnungen in: Young Americans. Aktion Squaw. Ausstellung 20. April–22. Juni 2002 bei Contemporary Fine Arts. Berlin, 2002. 28 nn. Bll. Mit einer vierblattgroßen, beidseitig bedruckten Tafel. Bedr. Originalbroschur. Gr.-4°. – Bl. 1 mit e. Widmung „für Hans and Just“. – 1970 in Tokio geboren, lebt und arbeitet Meese z. Zt. in Berlin. Als Maler und Aktions- bzw. Performancekünstler gilt er als einer der spektakulärsten deutschen Künstler der internationalen Kunstszene und wird international mit Prädikaten wie „Wiedergänger von Joseph Beuys“, „Schamane“ und „Massakreur konformistischer Gegenwartskunst“ ausgezeichnet. 250 Euro

181. Conrad Ferdinand Meyer (1825-1898), Dichter u. Schriftsteller. E. Brief m. U., Kilchberg, 6. November 1898, eine Seite 8°. Doppelblatt. Dreiseitiger Goldschnitt. Meyer bedankt sich bei einem „verehrtem Fräulein“ für die übersandten Geburtstagswünsche: „[…] haben Sie freundlichen Dank für Ihr abermaliges Gedenken meines Geburtstags, den ich, Gott sei Dank, in Gesundheit, im häuslichen Kreis verleben durfte. Sie haben uns wieder beschenkt und wir danken […]“ – Meyer hatte am 11. Oktober seinen 73. Geburtstag gefeiert; 1500 Euro er starb am 28.November d. J.

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182. Frédéric Mistral (1830–1914), Dichter und Literaturnobelpreisträger. E. Briefkarte mit U. („F. Mistral“). Maillane, 12. März 1911. 1½ SS. Qu.-kl.8°. Mit e. adr. Kuvert. – An Paul Destrez (?) in Paris. – Mit kl. Einr. am oberen 200 Euro Rand und etwas angestaubt bzw. fleckig.

183. Walter Rt. von Molo (1880–1958), Schriftsteller. Ms. Brief und ms. Postkarte mit e. Grußzeile (jeweils mit U. „Molo“). Murnau in Oberbayern, 1954 und 1955. Zusammen 2 SS. auf 2 Bll. Qu.-(gr.-)8°. Die Karte mit ms. Adresse und Absenderstempel. – An den Verleger Adolf Spemann (1886–1964) mit „Dank für Ihre Aufmerksamkeit [zu Weihnachten]. Von Herzen wünsche ich Ihnen und Ihrem Unternehmen alles Gute für 55, vor allem, daß in Deutschland sich wieder etwas mehr Besinnlichkeit regte und diese Nachäffung alles Ausländischen aufhörte, damit unsere Werte sich wieder entfalten können, denn sie sind ja noch da [...]“ (Postkarte v. 22. Dezember 1954). – Der Brief vom 6. Juli 1955 mit Dank für Wünsche zu seinem Geburtstag: „[...] Ja, ich bin, Gott sei Dank, innerlich jung geblieben, nur manchesmal spüre ich eben doch, was ich mitgemacht habe. Grade bin ich bei der Niederschrift meiner Lebenserinnerungen, die mir viel Spaß machen. ‚Spaß’ ist nicht das richtige Wort, aber ich weiß im Augenblick keines, das gebraucht werden könnte, ohne zu viel Erklärungen zu benötigen [...]“. – Jeweils im linken Rand gelocht (minimale Buchstabenberührung in der Karte) und an den Rändern 200 Euro leicht gebräunt.

184. Ignaz Moscheles (1794–1870), Komponist und Dirigent. E. Brief mit U. („I. Moscheles“). „Cumberland Place“ [d. i. London], 2. August 1866. 1 S. auf Doppelblatt. 8°. – An einen namentlich nicht genannten Adressaten: „Hoffentlich erfülle ich Ihren Wunsch, wenn ich Ihnen anzeige daß ich Ihre Zeilen vom 31. July empfangen habe [...]“. – Ignaz Moscheles war am Prager Konservatorium Schüler von Dionys Weber, in Wien von Johann Georg Albrechtsberger und Antonio Salieri „und gehörte bald zu den beliebtesten Pianisten und Lehrern Wiens“ (DBE). 1825 übersiedelte er nach London, wo er zu den führenden Persönlichkeiten des Musiklebens zählte und als Professor an der Royal Academy of Music und als Mitdirektor und Dirigent der Royal Philharmonic Society tätig war. 1843 verpflichtete ihn sein ehemaliger Schüler und Freund Felix Mendelssohn Bartholdy als Klavierlehrer an das Leipziger Konservatorium. Mit seinem Schaffen zählt Moscheles zu den „bedeutendsten Pianisten seiner Zeit“ (ebd.). 700 Euro

185. Edvard Munch (1863–1944), Maler und Graphiker. E. Briefkarte mit U. O. O. u. D. 1 Seite Carte d’Visite-Format. – Einladung an „Herrn Komponist O. Fried zu[r] Offnung [!] (Vernissage) der ‚Efter[...]udstilling’ [...] Lokal ‚Frie udstilling’ [...] Mit Damen“. – Oskar Fried (1871–1941) studierte Komposition bei Engelbert Humperdinck und wurde 1904 durch sein

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„Trunkenes Lied“ mit einem Schlag bekannt. Später war er Leiter der Neuen Konzerte in Berlin und mehrerer Chor- und Orchestervereinigungen; besonders erfolgreich war er als Interpret zeitgenössischer Komponisten wie Gustav Mahler, Richard Strauss und Arnold Schönberg; 1934 emigrierte Fried nach 1600 Euro Tiflis und nahm die russische Staatsbürgerschaft an.

186. Napoleon I. (1769–1821), Kaiser der Franzosen. Dokument mit e. Paraphe („N“). Compiegne, 10. September 1811. 1½ SS. Folio. – Napoleons Paraphe im linken Rand der Recto-Seite eines an ihn gerichteten Schreibens von Henri Clarke d’Hunebourg, Duc de Feltre, vom 8. September über die Stationierung der Brigadegendarmerie im Departement Lippe: „[...] Cette Brigade étant attachée à la Compagnie de la Lippe, le nombre des Brigades à cheval de cette Compagnie serait porté à 12 et la place de Wesel deviendrai alors le chef lieu d’une Lieutenance en remplacement de Roer [...]“. – Auf Briefpapier mit gedr. Briefkopf „Rapport A Sa Majesté l’Empereur et Roi“; papierbedingt etwas gebräunt und mit einigen Anmerkungen von Schreiber1600 Euro hand; alt in Trägerpapier montiert.

187. Caspar Neher (1897-1962), dt. Bühnenbildner. E. Brief m. U., „Caspar Neher“, Berlin-Zehlendorf, 20. März [19]55, eine Seite gr.-8°. Mit Lochung. Faltspuren. An den Regisseur und Chefdramaturg des Zürcher Schauspielhauses, Kurt Hirschfeld (1902-1964), wegen der Verschiebung seines Engagements: „[…] scheint es […] jetzt schwierig zu sein einen Bühnenbildner einzubauen. Ich kann es verstehen, wenn keine dringenden Aufgaben vorliegen, jedoch wie es, glaube ich doch gut einmal nach Zürich zu kommen, schon des Gesprächs wegen, das wir führen sollten. Vielleicht lässt sich mein Engagment [sic] auf nächste Spielzeit verlegen, womit ich einverstanden wäre […]“Hirschfeld arbeitete von 1933/34 und von 1938 bis 1960 am Schauspielhaus Zürich (unter der Intendanz von Oskar Wälterlin). Er war dort Chefdramaturg und Regisseur, später Vizedirektor. Nach Wälterlins Tod 300 Euro übernahm er 1961 die Direktion des Schauspielhauses.

188. Kenzaburo Oe (geb. 1935), jap. Schriftsteller und Literaturnobelpreisträger 1994. Reproduzierte Porträtfotografie m. e. U. auf der Bildseite, o. O. u. D., 1 Seite 100 Euro kl.-8° (10 x 15 cm). Brustbild von vorn.

189. Emil Orlik (1870–1932), Maler, Graphiker und Kunstgewerbler. E. Mitteilung mit U. O. O., wohl November 1927. 1 S. Qu.-kl.-8°. – „Für Herrn Hermann Kienzl bitte ich freien Eintritt zum Vortrag am 6/XI 27 | Prof. Emil Orlik“. – Hermann Kienzl (1865–1928), der Bruder Wilhelm Kienzls, studierte in Graz, Innsbruck und Berlin Philosophie und Germanistik und arbeitete seit 1889 als Kunstkritiker und Redakteur zunächst in Wien, dann in Berlin. Anschließend in den Redaktionen des „Grazer Tagblatts“ und des „Wiener

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deutschen Volksblatts“ tätig, hatte er von 1897 bis 1904 die Chefredaktion des „Grazer Tagblatts“ inne. Seit 1905 lebte Kienzl als freier Schriftsteller, Theaterkritiker und Dramatiker in Berlin. – Papierbedingt etwas gebräunt und 120 Euro mit kleinen Randläsuren.

190. Karl Panse (1798–1871), Schriftsteller. E. Brief mit U. („Panse“). Weimar, 27. März 1844. ¾ S. auf Doppelblatt. Gr.8°. Mit e. Adresse (Faltbrief). – An einen Hrn. Dr. Günther in Jena: „Haben Sie [...] noch keine Nachricht aus Wien über die Ankunft meiner Sendung an Halm? Zufällig las ich, daß Herr Dr. Schuselka in Wien einer Untersuchung anheimgefallen ist. Das unschuldige Päckchen wird doch nicht in Beschlag genommen worden seyn? [...]“ – Papierbedingt etwas gebräunt und mit kleinen Randläsuren; das Respektblatt mit kleinem Ausschnitt durch Siegelbruch (keine Textberührung). 240 Euro

191. Karoline Pierson (1811–1899), Schriftstellerin. E. Brief mit U. („Karoline Leonhardt-Lyser“). Brünn, 22. Oktober 1842. 1½ SS. 4°. – An einen Herrn von Dangelmeyer: „Nehmen Sie meinen innigsten Dank für Ihren gütigen Brief, er macht mir Muth nach Teschen zu kommen [...] Mit den Eintrittspreisen bitte ich es ganz so zu arrangiren wie bei Saphir, die Billets bringe ich mit [folgt eine Reihe von Programmvorschlägen zu „Improvisationen eines Sonettes nach zugerufenen Endreimen“] [...]“. – Papierbedingt etwas gebräunt; gering fleckig und mit stärkeren Faltspuren. 300 Euro

192. August Graf von Platen (1796-1835), Schriftsteller. „Philemon“. E. Gedicht. O. O. u. D., [1831]. 21 Zeilen auf 2 Seiten 8°. Teil eines Briefes an „Monsieur le Professeur Gustave [Schwab] | Stuttgardt | Germania“ (so die e. Adr. auf der Verso-Seite). – „Als einst Athen Antigonus beklagte, | Da saß der alte, neun und neunzigjährige | Poet Philemon, mächtiger Dichter Überrest, | In dürftiger Wohnung saß er da gedankenvoll, Er, der Athen‘s glorreichsten Tagen beigewohnt, | Der auch gehört einst Demosthen‘s Philippika | Und oft den Preis errungen durch anmutige | Weisheitserfüllte, die er schrieb, Comödien. | Da schien es ihm, als schritten neun jungfräuliche | Gestalten, leis an ihm vorbei, zur Thür hinaus. | Der Greis jedoch sprach dieses: Sagt, o sagt, warum | Verlasset ihr mich, Holde, Musenähnliche? | Und jene Mädchen, scheidend schon, antworteten: | Wir wollen nicht den Untergang Athen‘s beschau‘n. | Da rief Philemon seinen Knaben, und fo[r]derte | Den Griffel, dieser wird sofort ihm dargereicht. | Den letzten Vers dann einer unvollendeten | Comödie schreibt der Alte, legt das Täfelchen | Hinweg und ruhig sinkt er auf die Lagerstatt, | Und schläft den Schlaf von dem der Mensch niemals erwacht | Bald ward Athen zur Beute Macedoniern“. – Mit zahlr. e. Ergänzungen und Korrekturen. - Unter dem Titel „Philemon’s Tod“ erstmals in dem von Adalbert von Chamisso und Gustav Schwab herausgegebenen Deutschen Musenalmanach für das Jahr 1834 erschienen. - Mit kleinen Abweichungen vom Druck.

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– Die Verso-Seite mit Siegelrest; mit kl. Ausr. am rechten (leeren) Blattrand; alt auf Trägerpapier montiert. 2200 Euro

193. Alfred Preudhomme de Borre (1833–1905), Entomologe. E. Brief mit U. („A. Preudhomme de Borre“). O. O. u. D. 1 S. 8°. – An einen namentlich nicht genannten Adressaten über seine Untersuchung des besagten „Aphodius“, die ihn diesen der Art „Conspectus Creutzer“ zuordnen läßt. Die folgende Beschreibung des Käfers wird in die Materialien über die Insektenwelt der Provinz Liège eingehen. Den Käfer – ebenso wie seine Meinung dazu – sende er ihm nun zurück. – Papierbedingt stärker gebräunt und mit kleinen Randläsuren; ohne den erwähnten Käfer. 180 Euro

194. Giacomo Puccini (1858–1924), Komponist. E. Brief mit U. („Giacomo Puccini“). [Mailand], 10. Januar 1908. 1 S. 8°. Mit e. Adresse (Faltbrief). – An einen Herrn Spanier, der ihm eine Ermäßigung bei einer Reise nach Kairo in Aussicht gestellt hatte: „Ricordo che Ella mi disse che quando avessi intenzione di recarmi al Cairo, mi avrebbe favorito in qualche riduzione di viaggio. Avrei dunque l’intenzione nel promisso Febbraio ed farei una scappata con mia moglie. Memore della Sua gentilezza Le ho scritto. Tanti saluti e ringraziamenti […]”. – Diese Reise, die Puccini wenig später mit seiner Frau Elvira antreten sollte, sollte für längere Zeit die letzte gemeinsam unternommene sein; nach seiner Rückkehr nahm Puccini die Arbeit an „La fanciulla del West“ auf. – Auf Briefpapier mit gedr. Adresse; mit kl. Einr. in den Faltungen (auf der Verso-Seite alt hinterlegt) und mit alten Montagespuren auf der Adreßseite. 800 Euro

195. Christian Daniel Rauch (1777–1857), Bildhauer. E. Brief m. U. „Rauch“, Berlin, 23. Dezember 1849, 1 Seite gr.-4°. Leichte Randläsuren. An einen Herrn, dem er zur Verlobung gratuliert. „Euer Wohlgeboren | konnten mir keine wohlthuend angenehmere Nachricht ertheilen, als die Ihrer Wahl der Verlobung mit Ihrer so nahen als lieben Verwandten des Fräulein Trautschold, wodurch das so lang und glücklich bestehende Familien-Verhältniß […] ins neue Geschlecht segensreich fortgeerbt werden wird, wozu ich meine herzlichst theilnehmenden Glückwünsche Ihnen und der Braut darbringe, zugleich auch dieses Familien Glückes mich erfreue, daß der Himmel Ihrem zweiten Vater dem würdigen herrlichen Pastor Trautschold diese Tage erleben ließ […]“ 800 Euro

196. Max Reger (1873–1916), Komponist und Pianist. E. Brief mit U. Tegernsee, [Anfang August 1911]. 3¾ Seiten auf Doppelblatt. Gr.-8°. Mit einigen Zeilen e. Nachschrift seiner Gattin Elsa: „Heute früh hier ankommend, fand ich Ihre Bilder, mir von Leipzig aus nachgesandt, hier vor. Viel schönsten besten Dank! Und soeben lese ich in der Abendausgabe [...], daß Ihr Kurhaus seit heute früh brennt und der Brand sehr großen Schaden angerichtet habe! Wie ist denn diese gräßliche Geschichte passiert? Ist’s Brand-

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192. August Graf von Platen

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stiftung? Mir erschien das Haus doch so solid gebaut, so viel Stein u. Eisen, daß einem ein Brand fast unmöglich erschien! Und Sie selbst werden jetzt zu thun haben, daß Sie abends todmüde ins Bett sinken! Wir hatten heute auch einen schönen Schrecken: hier angekommen, klagte unsere Älteste (6¼ Jahre) über rege Leibschmerzen. Der sofort geholte Arzt machte zuerst bedenkliche ‚Gesichter’, sprach von Blindarm; aber Gott sei Dank, die Sache scheint sich in Wohlgefallen aufzulösen; die Kleine liegt sehr vergnügt in ihrem Bettchen! Hat Fritz Busch wegen Arolsen 21. Januar immer noch keine Nachricht? – Ich bitte sehr darum, daß ich da baldmöglichst Nachricht erhalte – auch wegen Programm u. Mitwirkenden! Wir könnten doch in Arolsen leicht dasselbe Programm mit denselben Mitwirkenden machen wie letzthin bei der Matinée in Pyrmont [...]“. – Die Datierung gemäß einer wohl a. d. Hand d. Adr. stammen950 Euro den Notiz am linken oberen Rand der Recto-Seite von Bl. 1.

197. Johann Christian Reinhart (1761–1847), Maler; Freund Schillers und Carl Augusts. E. Brief m. U. Rom, 20. Juni 1838. 1 Seite kl.-4°. Mit Siegelspur und Adresse. An Peter von Cornelius, „Director der Königl bayrischen Academie der Künste in | München“, dem er den Besuch des Malers Peter Ferdinand Deurer (1806– 1847) ankündigt. „[…] Herr Deurer der die Güte hat diese Zeilen mitzunehmen, kann Ihnen von mir[,] Koch und ihren andren römischen Freunden auf alle Ihre Fragen Bescheid geben […] Daß ich H. Deurer um diese schöne Reise beneide, versteht sich. Vielleicht wird es mir auch noch einmal möglich nach 50 Jahren den Fuß ins Vaterland zu sezen und die Herrlichkeiten Münchens zu sehn […]“ – Deurer lebte seit 1826 in Rom, wo er mehrfach Vorstand der deutschen Künstlerbibliothek war. 1600 Euro

198. Hans Richter (1843–1916), Dirigent. E. Brief mit U. O. O., 10. Februar 1900. 4 SS. auf Doppelblatt. 8°. – An einen namentlich nicht genannten Adressaten – wohl der Journalist und Musikschriftsteller Richard Northcott (1871–1931) – mit der Bitte um eine Einschaltung „in Ihrem Weltblatte, in der ‚Times’“: „[...] In wenigen Tagen verläßt mein langjähriger Freund Theodor Frantzen auf dringenden ärztlichen Rath London für immer. Durch 21 Jahre war er mein Chordirector (nebstbei auch ein erfolgreicher Clavierlehrer) und studierte alte Chorwerke, die in meinen Concerten aufgeführt wurden, mit größtem Eifer ein [...] Ich hätte ihm gerne im Frühjahr einen schönen Abschied durch Aufführung eines Chorwerkes bereitet, aber das ist nun nicht möglich, weil der Arzt auf seine Abreise drängt. Dem vortrefflichen Künstler und getreuen Mitarbeiter möchte ich aber doch wenigstens öffentlich meinen Dank ausdrücken, nicht nur aus eigenem Bedürfniss [!], sondern auch im Namen der Mitglieder des Chores, die so oft Zeugen seines unermüdlichen Fleißes und Talentes waren, Frantzen wirklich von Herzen zugethan waren [...]“. – Auf Briefpapier mit gepr. Vignette; leicht angestaubt.

600 Euro

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199. Rainer Maria Rilke (1875-1926), Dichter. E. Eintragung im Gästebuch der Villa Discopoli auf Capri. Capri, 1894-1908. 66 tls. beidseitig beschriebene und 19 w. Bll. Ldr. d. Zt. mit Eckbeschlägen und Schließe (lädiert). 8°. Vorliegendes Gästebuch mit über 230 mehr oder weniger ausführlichen Eintragungen stellt ein schönes Dokument von Rilkes Aufenthalt in der Villa Discopoli auf Capri dar, wohin er als Gast von Frau Alice Faehndrich, geb. Freiin von Nordeck zur Rabenau - der Schwester von Luise Gräfin Schwerin -, eingeladen worden war. Der Dichter lebte 1906/07 „vom 4. Dezember bis zum 15. May [...] das Leben des Rosenhäusl‘s aufmerksam und dankbar“, wie er am Tag vor seiner Abreise festhält. Auch seine Gattin Clara war zweimal zu Gast in der mondänen Villa: Am 14. Jänner dankt sie – die sich auf dem Wege nach Ägypten befand – „für zwei schöne Tage in der Discopoli als ein unerwartetes Geschenk auf der Durchreise empfangen – zwischen Berlin und Egypten“, und nach ihrer Rückkehr verbringt sie gemeinsam die letzten Wochen mit ihrem Gatten: „am 20. April aus Egypten zurückgekehrt wurde ich aufgenommen und verwöhnt bis zum 15. Mai in der lieben Discopoli“. Rilkes knappe, desungeachtet aber dankbare Eintragung verrät nicht, daß hier die „Improvisationen aus dem Capreser Winter“ entstanden, die bereits über die „Neuen Gedichte“ hinausweisen. Während des Aufenthaltes dürfte Rilke - folgt man den zeitgleichen Eintragungen des Gästebuchs – u. a. mit Wolfgang von Tirpitz, dem Sohn Alfreds von Tirpitz, Ferdinand von Martitz oder Franz von Niebelschütz zusammengetroffen sein. Die folgenreichste Begegnung hingegen war die mit der jungen Gräfin Manon zu Solms-Laubach, eine Nichte des Erbgrafen Friedrich (1833-1900). Nach ihrem Aufenthalt entspann sich ein Briefwechsel, der seitens Rilkes bis 1913 19 Briefe und eine kalligraphisch ausgeführte Abschrift seines „Panther“ umfaßte. – Mit der Schwester seiner Gastgeberin Alice – die im Gästebuch als Alla aufscheint –, mit Luise Gfin. von Schwerin, geb. Nordeck zu Rabenau, waren Rilke und seine Gattin bereits seit 1905 bekannt, da sie während eines Kuraufenthalts in Dresden einander im Weißen Hirschen zum ersten Mal begegneten. Zu Beginn seines langen Aufenthaltes war Rilke noch ganz für sich, doch fand die Abgeschiedenheit mit der Ankunft von Alice, Julie von Nordeck – die als Nonna aufscheint – und Manon zu Solms-Laubach ihr Ende. „Das Erkunden Anacapris, der Aufstieg auf den Monte Solaro, oder der Besuch der Grotte von Migliera und der kleinen Kirche Sarita Maria a Cetrella erschlossen eine Landschaft wie die Griechenlands [...] An den Abenden waren die Damen ein aufmerksames Publikum, wenn sie bei ihren Handarbeiten saßen oder für ihn einen Apfel schälten, bereit, seine Tagesarbeit zu hören [...]“ (Donald A. Prater, Ein klingendes Glas. Das Leben R. M. Rilkes, Hamburg 1989). – Neben den Eintragungen des Ehepaars Rilke findet sich in dem Gästebuch u. a. eine etwas barbarisch über den Text montierte eigenh. Portraitzeichnung in Bleistift von Pauline von Kalckreuth sowie das doppelseitige Gedicht „Le tombeau du poete“ („d‘apres Henry Heine“) von Camille du Locle, der wenig später auf

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Capri versterben sollte. Weitere Eintragungen stammen von Vera Amerongen, Julia und Eugéne Bonnard, Réne und Gilbert Clavel, Emmy und Ernst Gumppenberg, Alice Frfr. und Walther Frh. von Falkenhausen, Hanns und Margarethe Floerke, Leonie und Marie Fontaine, Eberhard Hardeck zur Rabenau (Gf. v. Schwerin), Heinrich und Elise Lützow, Richard Mackensen, Ferdinand von Martitz, Julie Baronin Nordeck zu Rabenau (geb. von Wallenberg), Friedrich Frh. von Oppeln-Bronikowski (schöne, eineinhalbseitige Widmung mit einem 14zeiligen Gedicht), Emmy von Radetzky, Heinrich XXX. Prinz zu Reuss, A. von Röder, Auguste Schepp, Leopold von Schlözer (mit einer halbseitigen, sauber ausgeführten und mit Farbstift kolorierten Bleistiftzeichnung), Luise Schwerin (Gattin von Karl Gf. v. Schwerin), Friedrich Gf. von Schwerin, Manon Gfin. zu Solms-Laubach, Mathilde Baronin und Arthur Baron von Stackelberg, Wolfgang von Tirpitz, Jakob Baron und Gabrielle von Uexküll (zweimal), Hermann Vierordt, Anna von Wallenberg, Wanda von Wallenberg, Elisabeth Wegeli, Adele Baronin Wolff, Gf. und Gfin. von Zieten Schwerin und Ernst Zitelmann (mit einem schönen Zitat aus seinen im selben Jahr erschienenen „Radierungen und Momentaufnahmen“). – Rücken fehlt, die Deckel etwas angeplatzt und berieben, Bindung gelockert; innen hingegen von guter Erhaltung; einzelne Eintragungen mit hs. Notizen zum jeweiligen 18000 Euro Verfasser in Bleistift.

200. Joseph Roth (1894-1939), Schriftsteller u. Journalist. E. Brief mit U., Berlin, 25. Januar 1925, eine Seite gr.-8°. Doppelblatt. Auf Briefpapier der „Frankfurter Zeitung“. Doppelte Lochung. An Herrn Spael von der Feuilletonredaktion der „Kölnischen Volkszeitung“: „[…] ich schmeichle Ihnen nicht, wenn ich Ihnen sage, daß Ihre Beilage eine ganz hervorragende ist, einzigartig in Deutschland und von einer Mannigfaltigkeit, die trotzdem Niveau behält. Ich werde Ihnen in der nächsten Zeit etwas schicken. Indessen lege ich Ihnen hier die Novelle von Dr. Richter bei. Schicken Sie mir darüber Auskunft und wenn es Ihnen keine Mühe macht, auch weiterhin die Beilage. Wer ist der italienische Verfasser eigentlich, der über das anno santo schrieb? Gleichzeitig würde ich Ihnen vorschlagen, musikalische Referate aus Berlin einzuführen. Es trifft sich gut, daß Else Kolliner, die Sie gewiß kennen, sich mit dem Börsencourier zerschlagen hat und wahrscheinlich noch nichts andres hat. Sie schreibt hervorragend. Wenn Sie sie brauchen sollten: sie wohnt W30. Stübbenstraße 8. Drittens und letztens: ich würde 5-6 Artikel im Monat schreiben. Doch noch eine Frage: wo erreiche ich Dr. Pater Muckermann? […]“ – 1920 ging Roth nach Berlin, wo er u.a. für die „Neue Berliner Zeitung“, den „Berliner Börsen-Courier“ (1921-23) und den „Vorwärts“ (1922-24) schrieb. 1923 wurde er Mitarbeiter in der Feuilletonredaktion der „Frankfurter Zeitung“, kehrte aber noch im selben Jahr nach Wien zurück und nahm eine Stellung als Korrespondent des „Prager Tagblatts“ an. Von 1925-29 war er Auslandskorrespondent der „Frankfurter Zeitung“, in deren Auftrag er nach Frankreich („Im mittäglichen Frankreich“, 1925), in die Sowjetunion (1926),

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199. Rainer Maria Rilke

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nach Albanien (1927), Polen (1928) und Italien („Das vierte Italien“, 1928) reiste. – Der Jesuit und Publizist, Friedrich Muckermann (1883-1946) gab von 1920-31 die Kulturzeitschrift „Der Gral“ heraus und war Mitarbeiter der „Stimmen der Zeit“. Er war Mitglied der Dante-, der Fichte- und der GörresGesellschaft und engagierte sich in der Paneuropa-Union. Als Kultur- und Literaturkritiker für eine national-konservative, gleichermaßen antikommunistische wie antinationalsozialistische Haltung bekannt, emigrierte er 1934 in die Niederlande, wo er bis 1940 die Wochenschrift „Der deutsche Weg“ 5250 Euro herausgab.

201. Donatien-Alphonse-François, Marquis de Sade (1740–1814), Schriftsteller. E. Brief mit U. („Sade“). O. O. [wohl die Nervenheilanstalt von Charenton], 24. September 1811. 8 SS. auf 4 (= 2 Doppel)Blatt. Kl.-4°. – Inhaltsreicher Brief an den Notar und Verwalter seines verschuldeten Besitzes, Gaufridy, in dem sich der seit 1803 in Charenton inhaftierte Schriftsteller über die Beschlagnahmung seines Gutes, Schloß Lacoste, beklagt und gegen dessen neuen Verwalter Brosseli wettert. Ausführlich zitiert de Sade aus rechtswissenschaftlicher Literatur um seine Position zu untermauern und stellt Fragen an das Schicksal: „[...] De quelle nature sont les biens dont il a la ferme? [...] en quel degré d’estime est-il parmi les habitans? Quelle sort d’animaux lui appartiennent? [...]“. Zuletzt drückt er Gaufridy sein Mitgefühl über den Tod von dessen Vater aus und wünscht für sich, sein eigenes Ende gleichsam vorhersehend, neben seinem Onkel beigesetzt zu werden. – Sehr wohlerhalten. 8000 Euro

202. Camille Saint-Saens (1835-1921), Komponist. E. Musikmanuskript mit Namenszug am Unterrand, o. O., 1901. 1 Seite Querformat. 12zeilig (ca. 22,5x26,5 cm). Ober- und Unterrand beschnitten (mit Textberührung). Gebräunt. Recto Montagespuren. „Les Barbares 2me acte“. – Auftakt und sieben Takte für Klavier aus seiner im gleichen Jahr entstandenen Oper. – Beiliegt: reproduzierte Porträtfotografie in 4°. 1200 Euro

203. Antonio Salieri (1750–1825), Komponist. E. Brief mit U. [Wien], „da casa“, 6. Februar 1802. 1 S. auf Doppelblatt. 8°. – An die namentlich nicht genannte Sängerin und Gattin des Mediziners Joseph Frank (1771–1842), Kristin Gerhardy, mit der Mitteilung, daß er das Manifest gelesen habe: „[...] la fanfaronata promessa viene alla luce, quantunque sul fino titolo di gioco, mai non sarà stato più a proposito all’orazione detto: I monti han parturito ed è nata una ridicolissima sorce. Ecco il mio privato parere, che scrivo soltanto per secondar il desiderio della degnissima signora de Frank [...]“. – Joseph Frank, der Sohn des großen Mediziners und Begründers der öffentlichen Hygiene, Johann Peter Frank, war selbst Primararzt am Wiener Allgemeinen Krankenhaus und war mit Mozart befreundet gewesen, bei dem er auch einige Musikstunden genommen haben dürfte. Nach einer

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201. Donatien-Alphonse-François, Marquis de Sade

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Studienreise 1803, die ihn nach Frankreich, England und Schottland führte, folgte Frank 1804 einem Ruf als Professor für Pathologie an die MedizinischChirurgische Schule nach Wilna und wurde 1805 Professor der Klinischen 8000 Euro Medizin sowie Direktor des Krankenhauses.

204. Hugo Salus (1866-1929), Dichter. E. vollständiges Gedichtmanuskript (26 Zeilen) mit U. sowie e. Begleitbrief mit U., Semmering, 21. September 1909, zus. 2 Seiten 4° u. kl.-8°. – Mit e. Kuvert. An Martin Flaum in Berlin mit dem Gedicht „Beethovensche Sonate“. Das Begleitschreiben: „Die jetzt öfter sich einstellenden Wünsche der Abiturienten nach Beiträgen für die Abschiedszeitungen freuen mich aus ganzem Herzen: sie sind ehrenvoll für die Bittenden, ehrenvoll und erfreulich für uns, die Dichter; denn wir wünschen nichts sehnlicher, als für unsre deutsche Jugend zu dichten. Bewahren Sie sich – das bitte ich auch Ihren lieben Kollegen zu sagen – Ihre Begeisterung für die deutsche Dichtung und Kunst, das wird Ihnen zum Segen gereichen!“ – Das Gedicht etw. gebräunt und mit kleinen Fehlstellen in der Faltung. 450 Euro

205. Christian Gotthilf Salzmann (1744–1811), Pädagoge. E. Brief mit U. („CGSalzmann“). Schnepfenthal, 26. März 1811. ½ S. 8°. – An den Buchhändler Vogel in Leipzig: „Hierbeÿ erfolgt das 1te Bändchen der Unterhaltungen, von neuem durchgesehen und verbessert [...]“. – Salzmanns „Unterhaltungen für Kinder und Kinderfreunde“ waren erstmals von 1778– 1783 erschienen; diese hier angesprochene Neuausgabe erschien 1811/12. – Die Verso-Seite mit kl. Vermerk des Adressaten; ohne das erwähnte Bänd750 Euro chen.

206. Friedrich Carl von Savigny (1779-1861), Rechtsgelehrter und preuß. Minister, Professor in Marburg, Landshut und Berlin, Begründer der historischen Rechtsschule. E. Brief m. U. „Savigny“, Berlin 12. März 1850, ¾ Seite gr.-8°. Wohl an einen Buchhändler, der ihm eine Rechnung übersandt hatte. „Ich muß glauben, daß die beil. mir erst vor einigen Tagen eingehändigte Rechnung ganz oder großentheils auf Mißverständniß beruht, indem die darin enthaltenen Artikel vielleicht an irgend einen anderen Adressaten gekommen seyn mögen, mit welchem ich verwechselt worden bin [...]“. Zählt dann die vorhandenen und die nicht erhaltenen Positionen auf und erbittet Aufklärung über den Sachverhalt. 1000 Euro

207. Wilhelm von Schadow (1788-1862), Maler; Schriftsteller. E. Schriftstück m. U., Düsseldorf, 19. Dezember 1831, 1 Seite 4°. Gebräunt; leichte Randläsuren. Einriss am Mittelfalz. „Dem Herrn Gerlings stellte ich es hierdurch anheim seine geometrische Zeichnung in seinem Wohnorte zu machen, und dieselbe zur Erlangung des Attestes für die Stelle des Gymna-

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sial Zeichenlehrer hierher einzusenden, indem ich von seiner Rechtlichkeit und Wahrheitsliebe hinlänglich überzeugt bin […]“ – 1819 erhielt Schadow eine Professur und die Leitung eines Meisterateliers an der Kunstakademie in Berlin. 1826 wurde er als Nachfolger von Peter von Cornelius Direktor der Akademie in Düsseldorf. Er begründete durch seine Lehrtätigkeit und die Reorganisation der Kunstakademie (Reglement von 1831) die Düsseldorfer Malerschule. Er war 1829 Mitbegründer des Kunstvereins für die Rheinlande und Westfalen. 1830/31 und 1839/40 besuchte er erneut Rom. 1845 wurde 450 Euro Schadow geadelt.

208. Egon Schiele (1890–1918), Maler. E. Schriftstück mit U. O. O., 2. August 1917. ½ S. Qu.-kl.4°. – „Habe heute vom Herrn Dr. Reichel 7 farbige Zeichnungen von mir und 2 schwarze von Paris von Gütersloh für die Ausstellung in Stockholm übernommen und wird das österreichische Museum dieselben noch extra bestätigen [...]“. – Der Kunstsammler Oskar Reichel (1869–1943) öffnete Schiele den Zugang zur Wiener Kunstszene und gab bei ihm auch zahlreiche Arbeiten in Auftrag. In dem Jahr, aus dem vorliegendes Schreiben datiert, beteiligte sich Schiele an einer Ausstellung österreichischer Kunst, die in Amsterdam, Stockholm und Kopenhagen gezeigt wurde. – Im linken Rand gelocht (keine Textberührung), mit Faltspuren. 4500 Euro

209. Friedrich von Schiller (1759–1805), Dichter. E. Brief mit U. („Schiller“). O. O. u. D. [Weimar, 15. oder 19. November 1788]. 1 S. Qu.-8°. – An den namentlich nicht genannten Gottlieb Hufeland (1760– 1817), Professor der Rechte zu Jena und zweiter Redakteur der jenaischen „Allgemeinen Literatur-Zeitung“, dem Schiller seine (zweite) Rezension zu „Goldoni über sich selbst und die Geschichte seines Theaters“ (Leipzig 1788) zusendet. Die erste und nur den ersten Teil des Werkes betreffende Rezension war im „Teutschen Merkur“ erschienen, die zweite und das ganze Werk betreffende Rezension sollte in der „Allgemeinen Literatur-Zeitung“ im Januar 1789 erscheinen. – „Hier mein Bester, einstweilen die Recension des Goldoni. Die andern folgen nächstens. Auch folgt die N[iederländische] Geschichte, die ich als Autor demütigst zu Euer Liebden Füßen lege. Für das überschickte Werkchen danke recht schön. Es ist seines Verfaßers würdig. Mündlich ein mehrers darüber. Adio! Künftig schicken Sie mir die A[llgemeine] L[iteratur] Z[eitung] wieder durch Bertuch hieher. Schiller“. – Das erwähnte „Werkchen“ ist Hufelands Stellungnahme zu dem berüchtigten Religionsedikt des preußischen Justizministers Johann Christoph von Wöllner: „Ueber das Recht protestantischer Fürsten unabänderliche Lehrvorschriften festzusetzen und über solchen zu halten: veranlasst durch das preussische Religionsedict vom 9. Julius 1788“ (Jena 1788). – Mit Siegelrest an den linken Ecken, etwas angestaubt und mit kleinem Ausriß in der rechten oberen Ecke; die Verso-Seite mit Notizen eines Vorbesitzers über den Erwerb des Blattes bei einer Auktion

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von Hartung in Leipzig, „d. 15ten October 1855 [...] meistbietend erstanden“; Schillers Namenszug von alter Hand unter der authentischen Unterschrift wiederholt (und später etwas beschabt). – Abgedruckt in: Schiller Nationalausgabe, Bd. XXV, Nr. 113. 19500 Euro

210. Heinrich Schliemann (1822-1890), deutscher Archäologe, der Entdecker Trojas. E. Brief m. U., St. Moritz, 16. August 1885, 1 Seite kl.-4°. Doppelblatt. Fleckig. Mit einem gedruckten Porträt Schliemanns auf einen Unterlagekarton fest montiert. Der zugehörige Briefumschlag liegt lose bei. An „J. Häfliger“ in Luzern, mit Dank für übersandte Blumen: „[…] In Beantwortung Ihres Schreibens vom 13ten des Mts danke ich Ihnen verbindlichst für die mir damit gesendeten Blumen […]“ – 1884/85 grub Schliemann mit Dörpfeld die Burg und den Palast von Tyrins aus. 1700 Euro

211. Friedrich Christoph Schlosser (1776-1861), Historiker und Bibliothekar, berühmt durch seine sehr verbreitete „Weltgeschichte“, Direktor der Heidelberger Universitätsbibliothek. E. Manuskriptfragmente (29 Blätter), Heidelberg, 20. Juli 1857. Gr.-8°. Darunter zwei Vorreden, die eine zur „Geschichte des achtzehnten Jahrhunderts“.

1000 Euro 212. Romy Schneider (1938-1982), Schauspielerin. Porträtfotografie mit e. Widmung und U. auf der Bildseite, Berlin, Dezember 1966. 18 x 24 cm.Vintage-Fotografie von Sven Simon (d. i. Axel Springer jr.; rückseitig sein Atelier-Stempel aus München), welche Romy Schneider als Wöchnerin mit ihrem neugeborenen Sohn David zeigt. Die Unterschrift und Datierung von Romys Ehemann Harry Meyen (1924-1979) ebenfalls von Schneiders Hand. – Die Widmung am Unterrand in blauem Filzschreiber lautet: „U[n]serm Detlev, von Herzen schöne Weihnachten / ein gutes neues Jahr – Deine david | romy | & Harry.“ – Als er Romy Schneider im April 1965 kennen lernte, befand sich Meyen auf dem Höhepunkt seines Erfolges. Beide heirateten am 15. Juli 1966 in Saint-Jean Cap Ferrat. Im Herbst siedelte das Paar nach Berlin-Grunewald um. Am 3. Dezember 1966 wurde ihr Sohn David Christopher geboren (er starb durch einen Unfall bei dem Versuch, über einen Eisenzaun zu klettern am 5. Juli 1981). – Hinter dem Pseudonym Sven Simon verbarg sich Axel Springer jr., der älteste Sohn des legendären Verlegers, der internationale Anerkennung als Photograph gefunden hat. Nach seinem frühen Tod 1980 im Alter von 38 Jahren wurde ein nach ihm benannter Photographie1600 Euro Preis gestiftet. – Ränder geringfügig und ungerade beschnitten.

213. Julius Schnorr von Carolsfeld (1794–1872), Maler. E. Brief m. U., München, 21. Mai 1829, 1 ½ Seiten gr.-4°. Leicht fleckig, kleine Ausrisse am linken Rand ohne Textberührung. Früher Brief an einen Freund

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209. Friedrich von Schiller

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und Malerkollegen, der sich um die bayerische Staatsbürgerschaft bemühte, um ein Amt an der Münchner Akademie übernehmen zu können. „[…] Da Du nicht wolltest, daß ich Cornelius […] etwas sagte, so hatte ich keine Mittel in Händen, mich über die wahre Lage der Sachen zu erkundigen: so viel habe ich aber unter der Hand erfahren, daß beim Ministerium Deine Papiere liegen und die Academie noch keinen Bescheid erhalten hat trotz der Nachfragen von Seiten Cornelius. So ärgerlich solche Verzögerungen sind, so darfst Du deßhalb doch auf keine besondre Hindernissse und Ursachen schließen: es ist eben der verfluchte Schlendrian. Mir und andern, die ebenfalls wie Du aufgefordert waren, um das Indigenat einzukommen, […] ist es auf ein Haar so ergangen […] Diese Sachen zu beschleunigen und zu betreiben halte ich nach 960 Euro meinen Erfahrungen für unmöglich […]“

214. Arnold Schönberg (1874–1951), Komponist. E. musikalisches Albumblatt mit U. O. O., 22. Mai 1934. 1 S. Visitkartenformat. – „AUTOGRARH [!] für Herrn Adolf Leichtle“ und vier Takte aus einem 2500 Euro nicht näher bezeichneten Werk.

215. Franz Erwein Graf von Schönborn-Wiesentheid (1776–1840), Kunstmäzen. E. Schriftstück mit U. („Fr Ew Graf von Schoenborn | Reichsrath des Königreichs Baiern“). Rom, 12. Mai 1823. 1 S. 4°. – „Ich bezeuge hiemit Herrn Leeb, daß ich einen schlafenden Amor, 3 französische Fuß lang mit der Platte, in schönem karrarischen Marmor bey demselben um die Summe von Fünf Hundert römischen Skudi’s unter den Bedingnissen bestellt habe, daß wenn das Modell derselben [!] gefertigt und die Billigung des Herrn Ritters von Thorwaldsen wird erhalten haben, die Summe von Zwey hundert Fünfzig römischen Skudi’s wird bezahlt werden, die andere Hälfte [...] aber wird entrichtet werden, wenn die Statue in Marmor wird vollendet seyn [...]“. – Etwas knittrig.

280 Euro 216. August Schrader (1815–1878), Schriftsteller. 3 e. Briefe mit U. („A. Schrader“). Leipzig und Meinberg bei Detmold, 1852 und 1856. Zusammen (1+1+1=) 3 SS. auf 4 Bll. Kl.-4° und gr.-8°. – An den Buchhändler und Verleger Kollmann in Leipzig: „Schon seit langer Zeit drückt mich die Sorge um meine brustkranke Frau fast zu Boden, und gerade jetzt ist ihre Krankheit in ein Stadium getreten, das mit dem Eintritte der rauhen Jahreszeit Alles fürchten läßt, wenn jetzt nicht energische Mittel ergriffen werden. Wie schwierig es ist, unter diesen Umständen Geistes- und namentlich Phantasie-Arbeiten zu fördern, läßt sich denken. Ich habe nichtsdestoweniger tüchtig gearbeitet und doch nur soviel zu Stande gebracht, als zur Erhaltung meiner Familie nöthig war. Daß eine Erschlaffung aller Kräfte eintreten mußte, war eine natürliche Folge. Für die beiden großen Werke, die ich für Ihren Verlag unter der Feder habe, kann es nicht gleichgültig sein, wie die

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Arbeit ausfällt; bei Ihnen stehen bedeutende Summen auf dem Spiele, und bei mir die schriftstellerische Ehre, die mein Erwerbskapital ist. Es liegt demnach in unserm beiderseitigen Interesse, wenn die hindernden Ursachen hinweggeräumt werden [...]“ (a. d. Br. v. 17. Juni 1852). – Der Br. v. 8. August 1852 zur Übersendung eines Manuskriptteils, der v. 14. November 1856 zur Übersendung einer Honorarnote „über gelesene Correcturen“. – Teils gebräunt, gering 250 Euro fleckig und mit kleineren Randläsuren.

217. Schriftstellerinnen. Albumblatt m. 9 e. U. von Else Lasker-Schüler (mit e. Federzeichnung „Prinz Jussuf und sein Somali“), Gabriele Reuter, Clara Viebig, Dorothee Goebeler, Clara Steinitz, Agnes Schöbel, Felicitas Rose, Margarete Heilmann und Hedwig Courths-Mahler. O. O., 1928, 19,5 x 23,5 cm.Eine Sammlung von Autographen prominenter Schriftsteller auf einem Blatt, meist mit Sinnsprüchen. In der oberen linken Ecke befindet sich eine Porträtzeichnung Christiane Vulpius von M. Wutzer. 1800 Euro

218. Norbert Schultze (1911-2002), dt. Komponist u. Dirigent. E. musikalisches Albumblatt m. U., o. O., 14. April 1986, 1 Seite quer-kl.-8°. Ein Takt aus „Lili Marleen“. 120 Euro

219. Clara Schumann (1819–-1896), Pianistin und Komponistin. E. musikalisches Albumblatt mit U. Breslau, 1879. 1 S. 8°. – Fünft Takte in zweizeiligem System aus den „Davidsbündlertänzen“ op. 6 (1837). – Mit alt montiertem Portrait (Zeitungsausschnitt) und auf Trägerpapier montiert; mit. kl. Aus- bzw. Einriß am linken oberen Blattrand. 1200 Euro

220. Robert Schumann (1810–1856), Komponist. E. Brief mit U. („Robert“). Teplitz, 19. August 1842. 1 S. auf Doppelblatt. 8°. Mit e. Adresse (Faltbrief). – An seinen Bruder Carl (1801–1849): „Wir haben einen Ausflug gemacht, denken heute von hier nach Carlsbad, um von da über Schneeberg zurückzureisen, wo wir dann Dich und die Deinigen zu sehen hoffen. Bis spätestens Donnerstag sind wir in Schneeberg. Wir würden uns freuen, Euch alle wohl und zu Hause zu treffen. Es ist ein langer Wunsch von mir, Dich einmal aufzusuchen [...]“. – Bl. 2 mit kl. Ausr. durch Öffnen der Verschlußmarke (keine Textberührung). – Nicht in: Gustav Jansen (Hrsg.): Robert Schumanns Briefe. Neue Folge. 2. verm. und verb. Aufl. Leipzig, Breitkopf & Härtel, 1904. 5000 Euro

221. Georg Schweinfurth (1836–1925), Afrikaforscher; Begründer der Geographischen Gesellschaft in Kairo. E. Brief m. U., Berlin, 11. Oktober 1903, 1 Seite 8°. Doppelblatt. An einen Herrn, dessen Einladung er gerne annimmt „Wo Lieb’ und Einfalt, ich zureden nicht erdreisten, Da dunkt mich, sagen sie ein wenigsten am meisten“. 180 Euro

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222. Heinrich Smidt (1798-1867), Archivar u. Schriftsteller. E. Manuskript m. U., Berlin, 15. Februar 1856, 17 ½ Seiten kl.-4°. Braune Tinte. Das von „1b-16“ nummerierte Manuskript seegeschichtlichen Inhalts ist mit zahlreichen e. Korrekturen u. Ausstreichungen versehen. Über Adalbert Prinz von Preußen (1811-1873) schreibt er: „[…] Seine Königliche Hoheit, der Prinz Adalbert von Preußen, der von Seiner Majestät, dem König, mit dem Oberbefehl aller preußischen Seewehre bekleidet ist und den Rang eines ViceAdmirals einnimmt, sprach den Wunsch aus, die Taufe eines Schiffes selbst zu vollziehen. Der Prinz-Admiral bestimmte hierzu den fünf und zwanzigsten August und man traf sofort alle Anstalten, um das Werk für den genannten Tag mit allem Glanze zu Ende zu bringen […]“ Smidt fuhr von 1815-22 zur See und war seit 1834 Redakteur der „Preußischen Staatszeitung“. 1848 wurde er Mitglied der Marineabteilung des Kriegsministeriums in Berlin und 1857 Geheimer Archivar des Kriegsministeriums. Er schrieb zahlreiche Seefahrtsund Schiffsromane (u.a. „Seegemälde“, 1828; „Jan Blaufink“, 1864; „Michael de Ruyter“, 1846), Novellen (u.a. „Devrient-Novellen“, 1857) und Dramen.

500 Euro 223. Léopold Sédar Senghor (1906–2001), Schriftsteller und Politiker. Ms. Brief mit e. Paraphe. Dakar, 18. August 1960. 2 SS. auf 2 Bll. 4°. – An Klaus Kortmann, dem er mit diesem Brief ein Exemplar von „Tam-Tam Schwarz“ mit Widmung übersendet und ihm die Botschaft und Bedeutung schwarzafrikanischer Dichtung erklärt. Diese bringe der Welt die „Négritude“ näher, die als Gesamtheit aller kulturellen Werte der schwarzen Welt und des Wesens der schwarzen Seele verstanden werden könne. Keiner je habe diesen speziellen Charakter der Negritude besser erfaßt als der deutsche Ethnologe Leo Frobenius: „Je vous envoie, avec une dédicace, ‚Tam-Tam Schwarz’ […] Les poètes nègres écrivent, pour adresser, au monde le message de la Négritude. La Négritude peut être définie ‚l’ensemble des valeurs culturelles de monde noir’. Ce qui caractérise l’âme noire, c’est son aptitude […] à saisir le sens des choses […] Le grand éthnologue allemand, Léo Frobénius, a saisi, mieux que tout autre, ce caractère spécifique de la Négritude, qui est son sens mystique [...]“. – Auf Briefpapier mit gedr. Briefkopf, Rundstempel und kleiner montierter Vignette; 250 Euro ohne die erwähnte Beilage.

224. Rudolf Steiner (1861-1925), Philosoph, Begründer der Anthroposophie. E. Brief m. U., Oberlaa, 27. Juli 1881, 6 Seiten gr.-8°. Etwas knittrig. Sehr früher und ausführlicher Brief an seinen Jugendfreund Rudolf Ronsperger (1862-1900). Hier noch an der Wiener Technischen Hochschule studierend, entwickelt Steiner den Plan zu seinem Buch „Die Philosophie der Freiheit“, zum formalen Aufbau und der sprachlichen Form. Im weiteren Verlauf des Briefes äußert er sich über aktuelle Lektüre: Ludwig Büchner, Georg Gottfried Gervinus und Eugen Dühring: „[…] Sie fragen nach den Prolegomena. Es tut

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mir leid, daß Sie so lange nichts zu sehen bekommen, doch die Sache ist eben gerade kein Kinderspiel. Sie entschulden wol meine Aufrichtigkeit, doch ich muß gestehen, daß mir Ihre Worte, ob ich mein System nicht gar fallen gelassen habe, tatsächlich sonderbar vorkomen [!]. Die Philosophie ist bei mir ein inneres Bedürfnis, ohne die mir das Leben ein leeres Nichts ist. Dies Bedürfnis zu befriedigen hat eben mein von Ihnen so genanntes System. Dies Bedürfnis könnte doch wol nur mit dem Tode verschwinden […] Der August wird mir hoffentlich die nötige Ruhe gewähren, einen großen Teil meiner lieben Freiheitsphilosophie zu Papier zu bringen […] Ich werde mich jeder weiteren Excursion, allen Vergnügungen geistraubender Art entziehen und mich bloß dieser Arbeit widmen. Über die Form bin ich ja auch nicht mehr im geringsten im Zweifel; es wird ein schlichter Prosastil; nicht Brief- und nicht Dialogform; ohne viel Paragraphenteilung, ohne die üblichen gelehrten Citate und schulmäßigen Schnörkeleien. Sehen Sie sich Schillers Aufsatz ‚Über naive und sentimentale Dichtung’ an und denken Sie sich solche Aufsätze aneinandergereiht, so haben Sie die Form der Freiheitsphilosophie, die auch schon durch ihre Form ankündigen soll, daß sie nicht zimmermannisch aussehen will […] Die Systematik darf natürlich dennoch nicht fehlen, nur muß sie eben nicht im Sinne der ‚Formalaesthetik’ den Leser fortwährend belästigen. Ich würde mich freuen, wenn es dahin käme, durch die Form den Inhalt so nahe zu bringen, daß man philosophische Gedanken wie einen unterhaltenden und lehrreichen Roman liest […]“. Bittet den Adressaten, „doch ja nicht – auch nicht scherzweise – anzunehmen, daß ich meine Philosophie aus der Luft gegriffen habe und deshalb auch wieder jeden Augenblick von mir werfen könne. Man kann dies mit einem Werke tun, nicht aber mit einer Welt- und Lebensanschauung […]“. Die weiteren zwei Drittel des Briefes sind der Kritik an den Philosophen Ludwig Büchner und Eugen Dühring sowie dem Literaturhistoriker G. G. Gervinus gewidmet. „[…] Daß Sie Dr. Büchner lesen, erfreut mich gerade nicht sehr. Sie scheinen mich auch bezüglich dieses reactionären und fortschrittsfeindlichen Menschen total miszuverstehen. Ich habe doch nie behauptet, daß, was in dem Buche ‚Kraft und Stoff’ steht, etwa unwahr wäre, doch es ist auch wahr, daß zweimal zwei vier ist, ohne daß jemand gerade die Albernheit besitzen wird, darüber ein dickes Buch zu schreiben. Solch selbstverständliche, triviale, abgeschmackte und auf dem Tagesmarkt überall feile Wahrheiten werden aber dem Leser hier credenzt […] Darf ich Ihnen […] einen wolgemeinten, freundschaftlichen Rat geben, so rate ich: werfen Sie dieses reactionäre, lichtfeindliche Buch keck in die Ecke […] Mehr und sogar ungemein erfreulich ist mir Ihre eingehende Beschäftigung mit dem mittlerweile auch mir […] näher bekannt gewordenen Gervinus. Die vorzügliche Karakteristik der Hauptaufgaben unserer Zeit gereicht mir zur wirklichen Befriedigung […] Ich habe Dührings dickes Buch ‚Cursus der Philosophie’ eben am Tische; auch zum größeren Teile schon durchgelesen. Ich habe mein Urteil über Dühríng vollständig abgeschlossen. Seine Philosophie ist der ärgste Ausbund aller philosophischen Rückläufigkeiten, seine Anschauungen sind durchaus barbarisch

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und cultusfeindlich, zuweilen sogar roh. Seine Schriften über die Juden und über Lessing sind die strengsten Consequenzen seiner beschränkten egoistischen Philosophie […] Seine materielle Lage ist zum Erbarmen. Er hat sich in der Jugend ein gewisses Quantum des roheren Wissens angeeignet, welches er nun in verschiedener Weise dem Publicum auftischt. Er muß aus Leibeskräften Bücher schreiben, denn dies ist sein einziger Erwerb; er kann zu seinem Wissen nichts mehr dazulernen, denn er hat wol nicht die Mittel, während dieser Zeit sich und seine Familie zu erhalten. Dazu kommen die tatsächlichen Verfolgungn, die Schmähungen, die er erlitten hat und noch erleidet […] die Zeit, die ich auf ihn verwendet habe, ist wol rein verloren […]“. Steiner beschließt den Brief mit einigen Betrachtungen zum Thema „Talent und Genie“, die er mit einem vierzeiligen Goethe-Zitat belegt. – Die „Philosophie der Freiheit“ erschien 1894 in Berlin, nachdem er bereits 1892 „Wahrheit und Wissenschaft. Vorspiel einer ‚Philosophie der Freiheit’“ veröffentlicht hatte. Mit dem Begriff „zimmermannisch“ spielt Steiner auf den Philosophen Robert von Zimmermann (1824-1898) und seine „Allgemeine Ästhetik als Formwissenschaft“ an. Ludwig Büchner (1824-1899), der jüngere Bruder Georg Büchners, erzielte als „Materialist“ und Darwin-Anhänger mit seinem Buch „Kraft und Stoff“ sowie mit anderen populärwissenschaftlichen Schriften große Publiku*mserfolge. Der Nationalökonom und Philosoph Eugen Dühring (1833-1921) war 1877 wegen seiner heftigen Attacken gegen die Berliner Universität und deren Professoren entlassen worden und lebte seitdem als Privatgelehrter. Seine Lehren waren von Friedrich Engels scharf kritisiert worden („Anti-Dühring“). – Gedruckt in: Rudolf Steiner, Briefe, Bd I, Nr. 3, jedoch in modernisierter Schreibweise und mit Lesefehlern. – So früh und inhaltsreich von größter Seltenheit.

14000 Euro 225. Ferdinand Stolle (1806–1872), Schriftsteller und Journalist. E. Brief mit U. („Ferd. Stolle“). Grimma, 13. Juni 1850. 1 S. Gr.-4°. – An einen namentlich nicht genannten Adressaten: „Bevor Sie Ihre Sammlung schließen, beeile ich mich noch ein Scherflein für das Andenken unsres Herloßsohn beizusteuern. Nicht die Größe der Gabe macht es, sondern daß man sich betheiligt. Wie schön ist es von Ihnen, daß Sie sich dem Andenken des verstorbenen Freundes annehmen. Ich drücke Ihnen dafür herzlichst die Hand. Wollen Sie nicht einmal in unsre grünen Berge kommen? [...]“ – Mit größeren Einrissen an den Rändern und etwas gebräunt. 150 Euro

226. Theodor Storm (1817-1888), Dichter. E. Manuskript m. U., „ThSt.“, H[usum], 18. Januar 1870, eine Seite 8° (wohl das Vorsatzblatt eines Buches). Kleine Randschäden, leicht unfrisch. Über die Entstehung seiner Märchen-Szenen „Schneewittchen“, für eines seiner Kinder niedergeschrieben: „Schneewittchen ist geschrieben, als ich als junger Advokat im Hause des verst[orbenen] Agenten Schmidt wohnte. Es war im Winter. Mutter war damals meine Braut u. zum Besuch hier bei den Großeltern. Die

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vorhergehenden Verse“ [leider nicht vorhanden] „stammen aus meiner Studentenzeit, nachdem ich von Berlin wieder in Kiel war.“ 1500 Euro

227. Igor Strawinsky (1882-1971), russ. Komponist. E. Brief m. U., „I. Str.“, eine Seite, Paris, 11. Juni [19]37, eine Seite 4°. Mit Umschlag. Zwei kleine Falzeinrisse. Französisch mit deutschen „Einsprengseln“, an seine „Chère ami“ Dagmar Godowsky in New York, zunächst mit Dank für einen „envoie pharmaceutiquu: „[…] Votre frère avec lequel j’ai eu eine telephonische conversation reste ici 2, 3 jours et moi qui pars aujourd’hui au lac de Genève pour 3 jours (afin de décider pour l’été). En toute hâte. Mille meilleures choses à vous, chère amie, küsse die Hand Istr […]“ In der linken oberen Ecke die Nachschrift: „Gesundheit Gut sei bedankt ganz gut“. – Die Stummfilmdarstellerin Dagmar Godowsky (1898-1975) war die Tochter des Pianisten Leopold Godowsky (1870-1938). 1300 Euro

228. Auguste Louis Graf von Talleyrand (1770–1832), Diplomat und Komponist. E. Brief mit U. Paris, 22. September 1808. 1½ SS. Kl.-4°. – An einen namentlich nicht genannten Adressaten, den er mit „seine Exzellenz“ anspricht und dem er mitteilt, daß der Großfürst von Baden ihn beim Verlassen seines Einsatzes in Karlsruhe gefragt habe, ob er als Zeichen der Anerkennung das Ordensband der Treue akzeptiere. Die Erlaubnis, dieses Ordensband zu tragen, erbitte er nun von ihm. – Auguste von Talleyrand war französischer Minister in der Schweiz. – Etwas unfrisch und mit kleinen Montagespuren. – Aus der Autographensammlung von Eduard Fischer von Röslerstamm mit dessen e. beschriebenem Archivzettel. 600 Euro

229. Ludwig Tieck (1773-1853), Dichter, Kritiker und Übersetzer, führender Vertreter der dt. Romantik. E. Billett m. U. „L. Tieck.“, o. O. u. D., 1 Seite schmal-quer-kl.-8°. Etwas beschnitten. Tieck bittet einen Freund um Beantwortung seiner Anfrage.

450 Euro 230. Johann Heinrich Wilhelm Tischbein (1751–1829), Maler. E. Aquarell. 2 Schafsköpfe (en face bzw. im Profil), unsigniert. O. O. u. D. Ca. 200:170 mm. – Sehr sauber ausgeführte Darstellung zweier Schafksköpfe, darunter von alter und wohl weder von Tischbein noch von Johann Heinrich Voss – dem das Blatt wohl zum Geschenk gemacht wurde – stammender Notiz: „Tischbein wundert u. freut sich, daß Homer u. Voß die Tiefe der Wolle bemerkt haben. Man sieht zwischen der Wolle hinein bis auf den Hals“. – Alt, aber nicht zeitgenössisch in Sammelmappe montiert, auf der Gegenseite ein Stahlstichportrait von Voß „nach Tischbein von Carl Mayer Nbg.“. – Das Blatt dürfte wohl eine Studie zu Tischbeins 1822 entstandener Illustration zu Goethes „Reineke Fuchs“, dem „Rat der Tiere“; sein; im Jahr darauf erschien das

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neunte und letzte Heft von „Homer nach Antiken gezeichnet“, das große klassizistische Werk des „Goethe-Tischbein“, für das dieser bereits 1791 in Neapel mit Vorarbeiten begonnen hatte. – Durchgehend mit Randläsuren und stärker gebräunt bzw. angestaubt, die zwei Portraits jedoch mit kräftiger, satter Farbgebung; über das Stahlstichportrait (gleichfalls mit kl. Randläsuren und etwas angestaubt) bemerkt der Sammler am vorderen Umschlagblatt, daß es aus der 3800 Euro Familie Vossens stamme.

231. Alexei Nikolajewitsch Graf Tolstoi (1883–1945), Schriftsteller. E. Brief mit U. („Al. Tolstoj“). O. O., Datum unleserlich. 1 S. auf Doppelblatt. 8°. – An einen „cher Docteur“ mit der Mitteilung, daß er und seine Frau sich nun in Paris aufhielten und sie voller Ungeduld seien, ihn zu treffen. Sollte er ihn morgen nicht antreffen, so bitte er ihn, sie im Hotel Mirabeau besuchen zu kommen. – Die Recto-Seite von Bl. 2 mit einem mehrzeiligen e. Antwortentwurf des Adressaten. 300 Euro

232. Hugo von Tschudi (1851–1911), Kunsthistoriker. E. Brief mit U. („vTschudi“). Berlin, 13. Februar [?] 1897. 1 S. auf Doppelblatt. Kl.-4°. – An einen namentlich nicht genannten Adressaten: „Ihrer freundlichen Aufforderung entsprechend werde ich mir die Ehre geben Ihnen Montag Vormittag gegen ½ II Uhr meinen Besuch abzustatten [...]“. – Auf Briefpapier mit gedr. Briefkopf der General-Verwaltung der kgl. Museen National-Galerie. 250 Euro – Papierbedingt etwas gebräunt.

233. Ludwig Uhland (1787–1862), Schriftsteller. E. Brief mit U. („L. Uhland“). Tübingen, 16. Januar 1858. ½ S. 4°. – An seinen Verleger Johann Georg Frh. Cotta von Cottendorf (1796–1863) mit seinem „lebhaftesten Dank für das überaus gütige, werthvolle Geschenk, das Sie mir mit der Prachtausgabe des Seibertzschen Faust gemacht haben. Indem ich die Vollendung dieses künstlerisch und typographisch reich ausgeführten Werkes beglückwünsche, bin ich mit vorzüglicher Hochschätzung [...]“. – Alt montiert am Vorsatzblatt eben dieses Bandes, der Prachtausgabe von: J. W. von Goethe: Faust. Eine Tragödie. Erster und zweiter Teil in 1 Bd. Stuttgart und Tübingen, Cotta 1854–58. Mit 25 Stahlstich-Tafeln und zahlreichen Textholzschnitten von Engelbert Seibertz. (6), 165, (1); (4), 214, (2) SS. Brauner Maroquinband der Zeit mit üppiger Vergoldung und Blindprägung. – Goed. IV, 3, 616, 5 alpha. – Rümann 2398. – Thieme/Becker XXX, 454. – Rücken restauriert, Kanten und Ecken stellenweise leicht berieben; innen tlw. etwas stockfleckig und gegen Schluß hin stärker wasserrandig. 900 Euro

234. Regina Ullmann (1884–1961), Schriftstellerin. Albumblatt mit e. U. O. O. u. D. 1 S. 8°. – Aus der Erzählung „Das Mädchen“ aus ihrem Erzählungsband „Die Landstraße“ (1921): „Aber es gibt Abschiede, die keinen Widerspruch zulassen | Regina Ullmann“. – Von Rilke literarisch

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230. Johann Heinrich Wilhelm Tischbein

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gefördert, war die Schweizer Schriftstellerin u. a. mit Ina Seidel, Hans Carossa, Thomas Mann, Robert Musil, Max Pulver, Albert Steffen und Carl Jacob Burckhardt bekannt und erlangte besonders in den zwanziger und dreißiger Jahren mit Prosabänden wie der erwähnten „Landstraße“ und „Vom Brot der Stillen“ „hohes Ansehen als heimat- und traditionsverbundene Schriftstellerin von höchstem ästhetischen Anspruch“ (DBE). – Wie von zeitgen. Hand auf der Verso-Seite vermerkt, konnte die Dichterin „wegen kranker Hand nur den Namen noch schreiben. Alle anderen Worte schrieb ihre Tochter“. – Die RectoSeite mit dem ms. Vermerk „Autogrammkarte“ und einer größeren Tilgung in 320 Euro schwarzem Farbstift.

235. Giuseppe Ungaretti (1888-1970). E. Widmung u. U. auf dem Schmutztitel von: Traduzioni III: Fedra di Jean Racine. Mailand, Mondadori, 1950. 8°. 2 nn. Bl., 193 S., 1 Bl. Orig.-Broschur mit Rücken- und Deckeltitel (leicht gebräunt). Erste Ausgabe von Ungarettis Phèdre-Übersetzung, erschienen in der Reihe „Lo Specchio“. Die Widmung lautet: „Per Paolo Galidei (?) il suo amico Ungaretti”. 720 Euro

236. Karl Valentin (1882–1948), Schriftsteller und Kabarettist. Portraitpostkarte mit e. U. O. O. u. D. 1 S. 8°. – S/W-Portrait en face. – Mit kleiner Knickspur im oberen rechten Teil des Fotos, insgesamt etwas unfrisch. – Die Verso-Seite mit einer kleinen biographischen Notiz in Kugelschreiber.

800 Euro 237. Giuseppe Verdi (1813-1901), ital. Komponist. E. Brief m. U., „G. Verdi“, S. Agata, 21. November 1893, 1 Seite 8°. Doppelblatt. Mit Originalbriefumschlag. Italienisch. An seinen Verwalter Dr. Angelo Carrara. „[…] Ich habe bei Ihnen noch einige Schulden. Bitte nehmen Sie diese kleine Banknote an, um Ihren Kindern zu Weihnachten Süßigkeiten zu kaufen. Morgen früh werden wir nach Genua aufbrechen, aber wir werden uns vor Weihnachten wiedersehen […]“ Gebrauchsspuren. – Im Alter von über 70 Jahren schrieb Verdi seine vielleicht kunstvollsten Opern. Nach „Otello“ (1887) folgte Verdis letzte Oper „Falstaff“ (1893), deren Libretto von seinem Freund Boito nach Shakespeares Vorlage geschrieben worden war, und die als 3500 Euro bedeutendste komische Oper überhaupt gilt.

238. Johann Nepomuk Vogl (1802–1866), Schriftsteller. E. Brief mit U. Wien, August 1853. 1 S. 8°. – An eine Redaktion: „Zur gefälligen Anzeige übersendet beifolgende poetische Kleinigkeit hochachtungsvoll | Ihr | Ergebenster | Joh. N. Vogl“. – J. N. Vogl gehörte der Literatengruppe im Wiener „Silbernen Kaffeehaus“ an, wurde Mittelpunkt einer Tafelrunde von Künstlern und gab zahlreiche Almanache und Taschenbücher heraus; viele seiner in der Tradition der Wiener Spätromantik stehenden Balladen wurden von Carl Loewe vertont, einige Lieder auch von Franz Schu-

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bert. – Mit Sammlerstempel „J. K. Riess, Handschriftensammlung“; ohne die erwähnte Beilage. 400 Euro

239. Carl Vogt (1817–1895), Naturforscher und Politiker. E. Brief mit U. und e. Postkarte mit U. (jeweils „CVogt“). Meiringen (Schweiz) und Genf, 1870 und 1873. Zusammen (1¾+1=) 2¾ SS. auf 2 Bll. Gr.-8° und qu.-kl.-8°. – An den Juristen, Naturwissenschaftler und Reiseschriftsteller Hermanus Hartogh Heys van Zouteveen (1841–1893). Der Brief v. 18. Juli 1870 über den eben beginnenden Deutsch-Französischen Krieg und über Petroglyphe mit elefantenähnlichen Kreaturen in Palenque (Mexiko), über die Heys van Zouteveen einen Artikel geschrieben hatte: „[…] Votre article sur les dessins éléphantoïdes à Palenqué m’interesse beaucoup et je m’empresserai de l’envoyer à M. le Professeur Ecker à Fribourg en Breisgau (Bade) dès que cette stupide querre entre la Prusse et la France le permettra […]. Quant à votre article même, une seule chose me frappe. Les trois dessins qui représentent le mieux un proboscidien ne montrent aucune trace de défenses. Il n’est quère présumable que des Africains auraient oublié ces armes formidables […]“. – Die Karte v. [2. September 1873] über dessen Teilnahme an Sitzungen der Naturforschenden Gesellschaft in Wiesbaden: „[...] Sie haben weiter Nichts zu thun, als nach Wiesbaden zu gehen, sich dort bei dem Bureau einzuschreiben und den Beitrag zu zahlen, um dann an Allem Theil zu nehmen [...]“. – Carl Vogts vielfältiges Lebenswerk umfaßt Forschungsreisen (Ozean und Mittelmeer 1848, Nordfahrt 1863), Lehrbücher („Lehrbuch der Geologie und Petrefactenkunde“, 1846; „Lehrbuch der praktischen vergleichenden Anatomie“, 2 Bde., 1885–94, mit Emile Yung), Übersetzungen („Robert Chambers Natürliche Schöpfungsgeschichte“, 1849; „Anthelme Brillat-Savarins Physiologie des Geschmacks“, 1865), zoologische Werke („Bilder aus dem Thierleben“, 1852; „Die Säugethiere in Wort und Bild“, 1883) und viele Fachpublikationen. Seine Autobiographie „Aus meinem Leben. Erinnerungen und Rückblicke“ (1896) blieb unvollendet. „Neben Jacob Moleschott und Ludwig Büchner gilt Vogt als weltanschaulicher Hauptvertreter des physiologischen Materialismus“ (DBE). – Der Brief im ganzen sehr unfrisch, die Karte etwas gebräunt und fleckig.

750 Euro 240. Richard Wagner (1813-1883), Komponist. E. Brief m. U., o. O. u. D., 1 Seite 8°. Doppelblatt. Leicht fleckig; kl. Einriss in der Bugfalte. „Geehrtester Herr Eyser! Ich würde dringend wegen einer sehr nöthigen Bestellung heute noch – etwa zwischen 4-5 Uhr – bei mir zu spre1600 Euro chen […]“

241. Robert Walser (1878–1956), Schriftsteller. E. Postkarte mit U. „Biel, Hotel Blaues Kreuz“, 3. Januar 1919. 1 S. 8°. Mit e. Adresse und Absender mit Namenszug („Rob. Walser“). – An Ernest Bovet (1870–1941) in der Redaktion von „Wissen und Leben“, Zürich: „Ein seit lan-

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ger Zeit streng befolgter Grundsatz bei mir ist, daß ich meine Prosastücke stets nur einmal zum Abdruck bringen lasse. Dann und wann aber kann man sich in einer Voraussetzung irren. Vergangenen Sommer gab ich dem ‚Wiener Mittag’ das ‚Kinderspiel’. Die Zeitung ließ nie etwas hören, und da nahm ich an, aus der Sache werde wohl kaum etwas werden. Dann gab ich das ‚Kinderspiel’ Ihnen. Jetzt hat obige Zeitung das Stück in ihrer Weihnachtsnummer gebracht. Meine Pflicht ist, Ihnen dies mitzuteilen. Ich hoffe, da es sich um ein Auslandblatt handelt, daß nun Sie mein Prosastück gleichwohl bringen werden. Für Ihre Leser bleibt es auch so eine kleine Neuigkeit [...]“. – Ernest Bovet war Gründer und von 1907 bis 23 Direktor der Zeitschrift „Wissen und Leben“ sowie von 1901 bis 22 Professor für französische und italienische Literatur an der Universität Zürich. – Mit kleinem, von fremder Hand stammendem Vermerk in der Adresse. – Papierbedingt etwas gebräunt, sonst wohlerhalten.

6000 Euro 242. Robert Walser (1878–1956). „Ophelia. Eine Novelle“. E. Manuskript mit Namenszug im Titel. O. O. u. D. [Um 1924]. 12½ SS. auf 13 num. Bll. Gr.-4°. – Vollständiges Manuskript der erstmals im Jahre 1924 in der Zürcher Zeitschrift „Wissen und Leben“ veröffentlichten Novelle, für deren Abdruck Walser 300 Franken von Max Rychner (1897–1965) forderte, der die Zeitschrift in der Nachfolge Ernest Bovets weiterführte und Walser die verlangte Summe verweigerte (vgl. Alfred Lévy, Robert Walser oder von der Kunst der Dissimulation, in: Irmgard Fuchs, Tiefenpsychologie und Revolte: Zur Humanisierung des Alltagslebens, 2005). – Im „Gesamtwerk“ wurde die Novelle in Bd. VII „Festzug. Prosa aus der Bieler und Berner Zeit“ abgedruckt (Genf und Hamburg, Helmut Kossodo Verlag, 1966, SS. 248–264). „Dame und Knabe hatten in dem Städtchen am See, das nie ein großer Handelsplatz gewesen ist, Aufenthalt genommen, was ich Dir hiemit zu meiner Freude still und stimmungsvoll berichte. Ich will so viel Stimmung wie möglich in diese Landstadtnachricht legen, über die ich Wölkchen hinfliegen lasse [...]“. – Mit einer kleinen, von fremder Hand stammenden Anmerkung und Anstreichung in Blaustift sowie einigen kleineren Anstreichungen in Tinte; der Name des Verfassers auf Bl. 13 verso von fremder Hand in rotem Farbstift notiert. Papierbedingt etwas gebräunt und mit kleineren Randläsuren, im ganzen jedoch sehr wohlerhalten. – Manuskripte von Robert Walser in diesem Umfang sind im Handel von äußerster Seltenheit. 78000 Euro

243. Bruno Walter (1876-1962), Dirigent. E. Brief m. U., Zürich, 14. März 1937, 6 Seiten gr.-4°. An den Theaterdirektor Erwin Kerber (1891-1943), Geschäftsführer der Salzburger Festspiele, 1933 Direktionsmitglied und 1936 Direktor der Staatsoper in Wien, wegen Rollenbesetzungen zu verschiedenen Inszenierungen: „Prohaska: Vorsichtshalber könnte man bei Nissen wegen Borromeo anfragen. Aber tun Sie doch bitte alles um Prohaska zu bekommen: Er steht turmhoch über N. und dieser

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242. Robert Walser

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schweren, verantwortlichen Premiere bin ich der möglichst stärksten Kräfte dringend bedürftig. (bitte warten Sie auch jedenfalls das Resultat seiner Arbeit am ‚Schmuck der Madonna’ u. ihren Erfolg ab). – Kipnis: Sie wissen den keineswegs unerforschlich tief geheimnisvollen Grund, weshalb er als Papst nicht 400 Euro zu empfehlen ist […]“

244. Carl Maria von Weber (1786–1826), Komponist. Carte de Visite mit e. Namenszug („Charles Maria von Weber“) und Adresse. „91. Portland Street“, [wohl Frühjahr 1826]. 1 S. Visitkartenformat. – Weber war im März des Jahres nach London gekommen, um eine Aufführung des „Oberon“ vorzubereiten, und hatte Quartier bei Sir George Smart unter der oben angegebenen Adresse genommen, wo er schließlich am Morgen des 5. Juni versterben sollte. – Mit umlaufendem Goldschnitt. – Etwas angestaubt; 1250 Euro die Verso-Seite mit alten Montagespuren.

245. Elisabeth Werner (1838–1918), Schriftstellerin. E. Brief mit U. („E. Werner“). Meran, 5. Oktober 1901. 1 S. auf Doppelblatt. 8°. – An einen namentlich nicht genannten Adressaten: „Ich hatte die frühere Zusage für den Volksbildungs-Verein in der That ganz vergessen, werde aber nun das Versäumte nachholen. Ich bin soeben erst wieder in Meran angelangt und muß die Bücher erst kommen lassen, sie werden aber jedenfalls im Laufe der nächsten Woche abgesandt [...]“. – Papierbedingt etwas gebräunt.

220 Euro 246. Elisabeth Werner (1838–1918). E. Brief mit U. („E. Werner“). Meran, 8. Dezember 1896. 1 S. auf Doppelblatt. 8°. – An einen namentlich nicht genannten Adressaten: „Ihre Zuschrift vom 29. November trifft mich auf der Reise und im Begriffe, weiter nach Süden zu gehen. Ich kann daher für den Augenblick Ihren Wunsch nicht erfüllen, werde aber nach meiner Rückkehr gern einige meiner Romane zur Verfügung des Volksbildungs Vereins stellen [...]“. – Papierbedingt etwas gebräunt und stellenweise (die leere Verso-Seite von Bl. 2 stärker) etwas fleckig. 220 Euro

247. Josef Victor Widmann (1842–1911), Schriftsteller und Journalist. „Der Gefährte“. E. Gedicht (20 Zeilen) mit U. („J. V. Widmann“). 1½ SS. Kl.4°. – „Eh’ Du geboren wardst, ward eingeschlossen | in Dir ein kleiner, feiner Knochenmann; | die Gottheit gab ihn Dir zum Fahrtgenossen, | von dem Dich nichts im Leben scheiden kann. || Er wuchs mit Dir, von Deines Leibes Hülle | als wie von weichem Kleide sanft bedeckt, | in Deines jugendlichen Fleisches Fülle | dem harten Kern der Pfirsich gleich versteckt [...]“. – J. V. Widmann war seit 1868 Vizedirektor, dann auch Direktor einer Mädchenschule in Bern. „1880 auf Verlangen pietistischer Kreise entlassen, wurde er Feuilletonredakteur der Zeitung ‚Der Bund’ und förderte Autoren wie Robert Walser und Carl Spitteler“ (DBE). „Seine literarischen Werke, zu denen Theaterstücke, Erzählungen, Versepen und Reiseliteratur gehören, sind heute weitgehend verges-

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sen. Zu Lebzeiten war Widmann einer der einflußreichsten Literaturkritiker und -förderer der Schweiz. Er war mit Gottfried Keller und Johannes Brahms befreundet, korrespondierte mit Carl Spitteler und entdeckte Robert Walser, dem er zu ersten Veröffentlichungen verhalf“ (Wikipedia, Abfrage v. 9. XI. 2009). – Papierbedingt etwas gebräunt und mit kleinen Einrissen im Mittel450 Euro falz.

248. Wilhelm I. (1797–1888), deutscher Kaiser. E. Albumblatt mit Paraphe. O. O. u. D. 1 Seite qu.-kl.-8°. Beiblatt für ein Geschenk (?) an seine Frau „Für Augusta von FW.“ 200 Euro

249. Wilhelm II. (1848–1921), König von Württemberg. E. Genehmigungsvermerk mit U. („genehmigt, Wilhelm“). Stuttgart, 17. Oktober 1891. 1½ SS. auf Doppelblatt. Folio. Mit ganzseitigen Bearbeitungsvermerken auf Bl. 2 verso. – Auf einem Ansuchen des Hofkammer-Präsidenten an den König über den Ausgleich des Etatdefizits in der Höhe von 70.000 Mark zu Lasten des kgl. Privatkontos bei der Hofbank. – Mit gest. Briefkopf und schwarzem Trauerrand (aus Anlaß des Ablebens von König Karl von Württemberg, der am 3. Oktober verstorben war). 250 Euro

250. Erwin von Witzleben (1881–1944), deutscher Offizier und Widerstandskämpfer des 20. Juli 1944. E. Brief (Fragment). Berlin, 25. April 1943. 2 SS. Gr.-4°. – An einen Hans (und Gattin?) mit Dank für „Eure beiden lieben Briefe vom 22./23. 4. und das liebe Osterpäckchen. Für Alles vielen, vielen Dank. Ich habe allabendlich versucht, Euch zu erreichen, aber immer ohne Erfolg. Teilnehmer gestört. Nun wissen wir wenigstens ungefähr, wie es bei Euch aussieht. Ich kann immer nur warnen. Abblenden, abblenden. Dann geht es sicher gut. Wie weit sind denn die Tilsiter Einschläge an Euch herangekommen? Ich kann mir gar nicht denken, daß sie von Euch etwas wollen. Ohne Bahn und ohne größeres Dorf. Es ist nur gut, daß die Kinder dabei ruhig sind. In welchem Keller kriecht ihr denn unter? Und wo kommen die Evakuierten her? Sehr angenehm sind ja diese luftigen Besuche nie, aber, wie Du schreibst, muß man halt doch das nötige Gottvertrauen haben, um es auszuhalten [...] Gestern war Voß (Oberstlt.) [d. i. HansAlexander von Voss, 1907–1944] bei mir, um mich als Paten für seinen Sohn Hubertus einzuladen [...] Meine Patenkinder mehren sich wie die Karnickel. Was machen die Deinigen [...]“. – Hubertus von Voss wurde später Chefarzt der Kinderklinik des Diakoniewerkes Kaiserswerth und 1990 Ordinarius für Soziale Pädiatrie und Jugendmedizin der Ludwig-Maximilians-Universität München. 400 Euro

251. Ermanno Wolf-Ferrari (1876–1948), Komponist. 4 e. Briefe mit U. Venedig und Lusin bei Sospirolo, 1906–1912. Zusammen 6½ Seiten auf 8 (=4 Doppel)Blatt. 8°. – Wohl an den Musikverlag C. F. Kahnt Nachf. in Leipzig. I: „Empfangen Sie herzlichsten Dank für die liebenswürdige

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Absendung des reizenden Buches, in welchem Sie mir, durch Ihren geschätzten Verlag, so viel Ehre erwiesen! [...]“ (Br. v. 7. September 1906). – II: „[...] Ich komponiere gegenwärtig kein Oratorium, habe aber 2 im Kopfe [...]“ (Br. v. 11. November 1912). – III: „Betreffs der sonstigen Pläne kann ich mich vorerst nicht aussprechen, weil ich gewisse Rücksichten sei es Herrn Rahter, sei es Herrn Weinberger gegenüber berücksichtigen will. Ich bin durchaus nicht mit jenen Verlegern verheiratet: ich liebe die Freiheit sehr: aber ich fühle, daß ich nicht so ohne weiteres etwas tun könnte, was mir nicht ganz correkt erschiene [...] Besonders Herrn Weinberger gegenüber stehe ich jetzt in einer etwas delicaten Lage, da zwischen uns Fragen ungelöst schweben, die einer freundschaftlichen Lösung harren [...]“ (Br. v. 29. November 1912). – IV: „Meine neue Oper ‚Der Liebhaber als Arzt’ gehört dem Verleger [...] Josef 800 Euro Weinberger in Wien [...]“ (Br. v. 1. Dezember 1912).

252. Joseph Wolff (1795–1862), jüdisch-christlicher Missionar und Orientreisender. E. Brief mit U. High Hoyland, 22. November 1842. 4 SS. auf Doppelblatt. 4°. Mit einer Beilage (s. u.). – An den irischen Ornithologen und Ethnologen Francis Orpen Morris (1810–1893) über theologische Fragen, mit langen Exzerpten: „I assure you that I am really grieved that I suffered your short but kind and interesting letter so long unanswered, but having been obliged several times to leave this place and preach in behalf of the Societies for the Propagation of the Gospel […] at Stonesby and other places that it escaped entirely my recollection until this Evening I was reminded of it by Lady Georgiana. – The best answer to the objection against the eternal duration of the Earth derived from 2 Peter III, 10, 12 […] etc. is given by S. Cyril of Jerusalem in his 15th Cathechetical [!] Lecture – these are his words: […] That he is right in his exposition we may see from the whole Context of 2 Peter III for he draws a Parallel between the Destruction of the Old World by Water – and that which shall be destroyed by Fire but now the Old World (mundus) was not destroyed but as even the Spiritualizer Witsius explains it ,Homines in mundo degentes’. That this is the meaning of S. Peter is evident from 2 Peter III, 13 […]“. – Etwas angestaubt und fleckig; beiliegend eine von späterer Hand stammende biographische Notiz zu Joseph Wolff. 480 Euro

253. Ossip Zadkine (1890-1967), russ.-frz. Bildhauer. E. Brief m. U., Paris, 27. Januar 1963, eine Seite 8°. Gedruckte Adresse. Gelocht. An den Kunsthändler Heiner Ruths, der sich bei ihm nach einer Ausstellung seiner Werke erkundigt hatte: „[…] J’ai bien lu la literature que vous m’avez envoyé au sujet. J’une donation [d]’un ouvre, a fin depon vais metre debout un Musee à croissener illimiteé. Je viens de faire deja […] de deux sculptures 250 Euro à des Museés et je ne peux pa le faire trop […]“

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254. Alexander von Zemlinsky (1871–1942), Komponist und Dirigent. E. Brief mit U. O. O. u. D. 1 S. auf Doppelblatt. 8°. – An den Violinisten [August] Düsberg (1867–1922): „Gewiss möchte es mich sehr freuen eine meiner Compositionen in Ihrem gesch[ätzten] Quartette aufgeführt zu hören. Ein neues Kammermusikstück besitze ich jedoch nicht; ich habe in letzter Zeit nur Orchestersachen geschrieben. Es würde mich aber sehr freuen wenn Sie mein Streichquartett op. 4 [...] zur Aufführung bringen wollten. Ich stelle Ihnen dann gerne meine Stimmen zur Verfügung [...]“. – August Düsberg studierte u. a. in Berlin, bei August Wilhelmy in Würzburg und an den Konservatorien von Wien und in Brüssel (dort bei Eugene Ysaÿe) und gründete 1889 ein Streichquartett „in der Absicht, die Kammermusik zu popularisieren, doch trotz allerniedrigster Eintrittspreise stellte sich die unterste Volksschicht nicht ein, sondern nur die besten und intelligentesten Kreise stützten und unterhielten dieses Unternehmen [...]“ (Kosel, Deutsch-österreichisches Künstler- und Schriftsteller-Lexikon, zit. n. DBA I 256, 404). – Auf Briefpapier mit gedr. 1200 Euro Briefkopf.

255. Stefan Zweig (1881-1942), Schriftsteller. E. U. auf Ausschnitt, o. O. u. D., 1 Seite quer-Visitformat. Namenszug in violetter Tinte. Die ersten vier Buchstaben des Vornamens nachgezogen. Leicht berieben. 120 Euro

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